Das Filmbett
mal
durchdrücken, dir ‘ne Chance geben. Aber wenn det dann nicht gleich hinhaut,
biste verloren. Wech vom Fenster. Der is nämlich selber sehr gefährdet und kann
dir ‘n zweetesmal nicht helfen. Dann fällt er nämlich selber uff die Neese,
exponiert wie er is. Dann beginnen die vielen Kleenen stärker und stärker gegen
ihn zu asten, zu mauern und sticke zu meutern. Und du guckst in’n Eimer. Denk
an Goebbels. Er hat et ooch nicht geschafft mit seiner Lida Baarowa. Oder an
Hearst mit seine viele Dollars — eene Marion Davies brachte er nicht hoch. Und
Skouras von der 20th-Century Fox hatte Angst vor den Banken und seiner
griechischen Mischpoche. Nimm dir den Zweeten — nie den ersten. Dem Zweeten tut
man gern immer wieder eenen Gefallen, weil er selbst mal gefällig sein kann.
Mit dem Zweeten machst du Karriere, die setzen sich ein, riskieren auch wat,
wenn die an dein Einjemachtes wolln. Beim Obersten bist du höchstens maitresse
en tître — und er bumst dich, ohne dir ‘ne Karriere zu bieten. Tja, die
Ohnmacht der Allmächtigen. Denk dran, was der Göttervater im Ring für ein
Arschloch ist.
Mit dem obersten Boss kannste erst
was haben, wenn du selbst ein Star bist. Und dann brauchst du ihn nicht mehr.
Denk dran, Meechen, wenn du deinen Honigtopf zur Bedienung freigibst!« — Soweit
ein Weiser des Schaugeschäftes, der diesen seinen Leitsatz kaustisch-köstlich
als MM-(Marilyn)Monroe-Doktrin bezeichnete.
Und obwohl Swantje alles bedacht
hatte und vorsichtig zu Werke ging, hatte sie den Eindruck, daß die Anstalt wie
ein Piratenschiff reagierte, auf dem nach langer Prisenfahrt plötzlich eine
Frau an Deck gezerrt wird. Dabei hatte sie doch — wie stets — das Sollen und
das Müssen gegeneinander abgewogen, wie beim Damespiel überlegt, welche und
wieviel Steine man am klügsten überspringen und aus dem Spiel werfen könne. In
Gedanken hüpfte sie wie ein Kind auf einem Bein über ein buntes
Pflasterornament und versuchte mit den wenigsten Sprüngen ein bestimmtes Ziel
zu erreichen. Und im Traum würfelte sie die Namen aus, als ginge es um den
nächsten potentiellen Gegner bei einem Uefa-Pokal-Spiel oder um die Zahlen auf
einem Lottoschein.
Sie befand sich in einem — wenn auch
verzeihlichen — Irrtum, wenn sie bei ihren nunmehr häufigeren Besuchen im
neureichen Direktionsgebäude der Sendeanstalt den kafkaesken Krieg, der um sie
herum tobte, auf ihre Person bezog. Diese Nahkämpfe von Büro zu Büro, von
Ressort zu Ressort, von Abteilung zu Abteilung, von Etage zu Etage, dieses
»Sesselsägen« und »Hacklwerfen« — um uns der Worte österreichischer
Kameralistik zu bedienen — , dieses wohlüberlegte Bombenlegen, Intrigenspinnen,
Skandalverbreiten — , dieses Rufmorden, Hinter-der-Hand-flüstern, dieses
Gerangel von Strebern um Kompetenzen und Privilegien, durch die Redakteure
versetzt, Abteilungsleiter abgelöst, freie Mitarbeiter beschäftigungslos
wurden, dieser hausinterne Grabenkrieg um Posten und Stellungen wurde nicht
durch ihre Person hervorgerufen, wie sie vielleicht glauben mochte: Es war nur
der betriebsame Alltag einer aufgeblähten, leerlaufenden Büromaschinerie, die
sich mit all ihrer streitbaren Mißgunst selbst zu bestätigen suchte und ihre
Unfähigkeit, eine Sache zu intendieren, kaschieren wollte. Dieser absurde
Riesenapparat von halbintellektuellem Sperrmüll, angefressen vom Rost und den
Bakterien des Parkinsonschen Syndroms, war eher einem der sinnlosen Mobiles
Tinguelys zu vergleichen, als einer erfolgreich funktionierenden Administration
— aber nicht entfernt so amüsant.
Um Swantje ging es letztlich nur
bei zwei Herren der oberen Hierarchie, die zudem Freunde waren, von der Pariser
Etappe und von Woronesch her, und die sich nach dem Krieg gegenseitig in die
Direktionssessel verholfen hatten. Im Grunde konnte das Duell nur zustande
kommen, weil beide Kavaliere zwar zu genießen, aber nicht zu schweigen
verstanden. Ohne die gegenseitige Indiskretion wäre eine »Ausgewogenheit« auch
in diesem heiklen Programmpunkt durchaus möglich gewesen. Swantje hingegen
wußte seit ihrer Defloration, daß Verschwiegenheit Voraussetzung ihres Fort- und
Weiterkommens war. Aber die plumpen Herrenabend-Prahlereien über leichte
Bettsiege zerstörten eine Kriegskameradschaft und machten die beiden Kampfhähne
zu Intimfeinden. Beide wurden sich zu spät darüber klar, wieviel der eine
inzwischen vom anderen wußte und wieviel Korruptionskehricht man gemeinsam
unter den Teppich
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