Das Filmbett
freundlich über die Köpfe und begibt sich gleichmütig ins Studio und an das Mikrophon. Ihr Strickzeug ist auch schon ausgepackt. - Sie war ein Star -ein Star besonderer Art - wir sagten es bereits eingangs.
Der Sarkophag
1
»Na, Pauly, haben Sie ihren Kram zusammen?«
Atze Pauly war ein Außenrequisiteur der Ufa in Neubabelsberg, ein altes Original noch aus den Kintopps frühen Zeiten, und es handelte sich um die Möbel eines westpreußischen Gutshofes in der Zeit kurz vor dem Ersten Weltkrieg für Filmaufnahmen im vorletzten Jahre des Zweiten.
»Allet bestens, Doktor, primaprimissima ... Frühet Kaiserreich, späte Neugotik mit 'nem Schuß solida Bürjerlichkeit... jenau passend, is ja schließlich keen hochadelijet Ritterjut... Aber -«
»Aber was?«
»Aba eens macht ma ernsthaft Ka-Ka-Ka-Kamalitäten.« Mit Fremdworten tat sich Pauly gelegentlich schwer. »Der Prunksarch in dem der Tote im Salong uffgebahrt un nachher uff'm Jottesacker bejraben wird ... Nischt zu kriejen - nirjens. Särche sin Mangelware, jehn wech wie ... na von Semmeln darf ma heutzutaje ja jar nich mehr reden ...« »Sprechen Sie Klartext, Pauly, was ist los?« »Na klar doch, Doktor, wo lebn wa denn! Alle Beerdigungsläden sin direkt ausjebucht, die Sarchtischler kommen eenfach nich nach. Keen Wunder - alle zwee Tache: ›Anflug größerer Verbände uff die Reichshauptstadt ‹ - die Royal-Eir-Forze is ebent fleißig. Der Tommy schmeißt schließlich nich mit Pralinen ... ›Die Schädn sin gering‹, schreibn die , aber von die Toten keen Wort.« Unter die verstand Pauly distanzierend und abwertend seine Intimfeinde, die Nazis. Er war ein alter Sozi, und sein Vater hatte Bebel noch persönlich gekannt.
»Mensch, Pauly, ich brauch' den Prunksarg. Die Totenwacht des verlorenen Sohnes geht optisch in den Eimer ohne das zentrale dekorative Möbel ländlichen Trauerzeremoniells. Dazu brauch' ich 'ne Wucht von Sarg ... Und was soll aus der feierlichen Beisetzung am Devisenhügel werden, wo die ganze Nachbarschaft von Marienwerder zusammenkommt. Mit irgendeinem Tinnef ist mir da nicht gedient.«
Der Devisenhügel war eine künstlich aufgeschüttete Erhebung auf dem Freigelände des Ufakomplexes. Die Erdbewegung, in der Linienführung von namhaften Filmarchitekten überaus geschickt angelegt, deckte die umliegenden Industrieanlagen von Babelsberg und Nowawes ab und ermöglichte einen freien Horizont. Mit Palmen bestückt, gestattete er bei blauem Himmel Außenaufnahmen von tropischer Landschaft, mit arrangierten Felsstücken diente er sogar zu Nahaufnahmen alpiner Tragödien. Er ersparte kostspielige Reisen ins teure oder zur Zeit unzugängliche Ausland.
Daher der Name Devisenhügel.
»Mann, Pauly, verschaffen Sie mir den Prunksarg. Gehen Sie aufs flache Land, Perleberg, Prenzlau, Neubrandenburg, nach Jottwede, was weiß ich, aber kommen Sie mir nicht ohne Sarg.«
»Is ja jut, Doktor, meene Recherchen loofen ja schon«, meinte Pauly beruhigend. Er sprach das französische Fremdwort buchstäblich aus.
2
Drei Tage später. Im Atelier. Lichtumbau zu einer komplizierten Kamerafahrt. Schienen für den Dolly werden verlegt. Draußen ist es schon dunkel geworden. Im Radio des Aufnahmeleiters läuft bereits das Kukkuk-Zeichen. Vorwarnung. Die ersten Einflüge in das Reichsgebiet werden erwartet.
»Doktor, ick hab eenen ... jenau den richtjen ... prächtig, aber nich protzig. Wie für uns jeschreinert. Und viel Buntmetall drum rum und so ... Tolle Profile an die Kanten ... So wat wird heute jar nich mehr jemacht!«
Pauly schob einen Kamerakoffer an den Regiestuhl, setzte sich und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Natürlich meene Tochter, die Wilhelmine, hat ihn ausbaldowert. Is'n tüchtjet, anständijet Meechen ... schon drei Jahre mit 'nem Assessor liniert.« Mit Fremdworten, wie gesagt, siehe oben.
»Na, dann ist also Schluß mit den Ka-Ka-Kamalitäten, das heißt Kalamitäten.« Er wußte plötzlich selbst nicht mehr wie es hieß und rief seinen Regieassistenten, der innerhalb dreißig Sekunden ebenfalls unsicher wurde. Was zu einer längeren, aber durchaus unergiebigen Stabbesprechung führte.
»Aber da gibt's noch Malaysiern, schränkte Pauly die anfängliche Begeisterung des Regisseures ein.
»Bühne, Kamera, seid ihr bald fertig?« fragte dieser ungeduldig. »Beeilt euch gefälligst, sonst müssen wir noch in den Bunker. Diese Einstellung hätt' ich noch gerne im Kasten, es ist die letzte für heute.« Er wandte sich
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