Das Fjordland: Elfenritter 3 - Roman
Seitdem er das erste Mal gekommen war, hatte es kein anderer Händler mehr gewagt, die Dünenburg aufzusuchen.
»Das ist sehr gutes Essen hier. Der Winter steht vor der Tür, Soldat. Was soll ich sagen? Meine eigenen Leute müssen hungern, wenn sie dir ihre Vorräte verkaufen. Und ihnen ist klar geworden, dass man Gold nicht essen kann. Das macht es nicht leichter, etwas für euch zusammenzukratzen. Eine Wagenladung kostet dich hundertfünfzig.«
Juan schluckte. Dafür könnte man einen recht ansehnlichen Hof samt reichlich Vieh und einem Dutzend Knechten und ihren Familien kaufen. Er würde kaum so viel besitzen, wenn er sich eines Tages zur Ruhe setzte. »Ich habe nur noch dreihundert«, gestand er.
»Ladet zwei Karren ab«, befahl der Fjordländer ungerührt.
Juan sah sein Gegenüber an. Wenn er nur die Augen dieses Mistkerls sehen könnte! Erwartete der etwa, dass er bettelte? Niemals! Er hob die Hand. Das war das Zeichen für
die Wachen im Lager, die Truhe mit dem letzten Gold herauszutragen.
»Weißt du was, Alter? Ich mach dir ein Geschenk. Bis Sonnenuntergang wird die Königin Aldarvik erreichen. Wenn sie morgen hierherkommt, ergib dich. Sie bringt die übelsten Halsabschneider mit sich, die man sich vorstellen kann.«
»Ich fürchte, von Soldaten erwartet man, dass sie kämpfen«, entgegnete Juan gelassen.
»Erwartet man auch von dir, dumm zu sein?«
»Wenn das ehrenhaft ist.«
Der Fjordländer deutete hinaus ins Watt, zum Wrack der Windfänger. »Wenn ihr kämpft, dann werdet ihr morgen Abend alle wie der Kerl dort sein. Möwenfutter!«
DIE MATHEMATIK DES KRIEGES
»Der Kutter mit dem grünen Segel ist ausgelaufen, Bruder Ordensmarschall. «
Erilgar atmete erleichtert auf. Er hatte sich also nicht verrechnet. Ein Teil des Krieges war reine Mathematik. Wie viele Soldaten brauchte man, um eine Bastion mit zehn Kanonen zu stürmen? Wie viele Schiffe waren notwendig, um diese Soldaten zu transportieren? Und wie viele Schiffe brauchte man, um Lebensmittel und Ausrüstung der Soldaten zu transportieren? Mit wie vielen Verlusten durch stürmische See war im Herbst zu rechnen?
Selbst das Verhalten von Menschen war zu einem gewissen
Grad berechenbar. Sie kannten Gishild nach den Jahren des Kampfes in Drusna gut genug. Dass ihre ehemaligen Lehrer nun bereitwillig Auskunft über sie gaben und man die Spitzelnetzwerke der Neuen Ritterschaft und des Ordens vom Aschenbaum zusammengefasst hatte, machte es noch leichter. Je mehr Informationen vorlagen, desto kleiner wurde die Summe der Unwägbarkeiten in der großen Rechnung des Krieges.
Einen Tag hatte er gerechnet, bis die Nachricht vom Schiffbruch in Aldarvik eintraf und man den Beschluss fasste, die Königin zu rufen. Vier bis fünf Tage für einen schnellen Reiter, um nach Firnstayn zu kommen. Vorausgesetzt, die Pässe waren noch frei. Fünf bis sechs Tage, um eine schnelle Truppe von Firnstayn nach Aldarvik zu bringen. Wieder vorausgesetzt, dass die Pässe noch frei waren. Also waren es zehn bis zwölf Tage, bis Gishild erscheinen würde. Ein Heer konnte sie nicht schnell genug bewegen. Aber das brauchte sie auch nicht, um eine Schar Schiffbrüchiger zu überwältigen.
Auf Liliannes Anraten hatte er dafür gesorgt, dass die Schiffsbesatzung der Windfänger aus wesentlich mehr Soldaten bestand, als zu erwarten war. Sie könnten also stärkeren Widerstand leisten, als Gishild annehmen durfte. Das war eine Vorsichtsmaßnahme gewesen, um einige der unsicheren Faktoren in der Rechnung auf niedrigem Niveau zu halten.
Seine Planungen hatte er so eingerichtet, dass die Invasionsflotte bei normalen Wetterbedingungen für den Herbst in der Dvina-See am elften Tag nach dem Schiffbruch der Windfänger bei der Robbeninsel eintraf. Gedeckt durch die Insel, war sie von Aldarvik aus nicht zu sehen. Einige kleine Kutter, voll besetzt mit Soldaten, waren auf Patrouillenfahrt, um zu verhindern, dass ein Fischer oder Schmuggler die Flotte entdecken und Nachricht nach Aldarvik bringen würde.
Der Ordensmarschall verließ äußerst zufrieden sein Zelt und trat hinaus in den strömenden Regen. Noch drei Stunden bis zur Dämmerung. Die weite Bucht auf der Ostseite der Robbeninsel lag voller Schiffe: einundfünfzig Kriegsschiffe aller Klassen und über hundert Transporter. Im ersten Morgengrauen würde die Flotte vor Aldarvik erscheinen und mit der Beschießung des Hafens beginnen. Zeitgleich würden nördlich und südlich der Stadt Truppen an Land gehen. Der Kutter mit den
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