Das Fjordland: Elfenritter 3 - Roman
weißer Spitzenkragen lag auf ihrem Kürass. Sie hielt nicht viel davon, doch musste sie Erilgar und Ignazius zugestehen, dass beide wesentlich erfahrener in Schlachten auf dem trügerischen Feld der Diplomatie waren. »Seid ihr bereit?«
Die Heerführer vom Aschenbaum nickten nur knapp. Erilgar war sehr blass. Ignazius war zu alt, um noch etwas zu fürchten. Aber der Ordensmarschall musste damit rechnen, dass seine Karriere beendet war, wenn er mit ihr in das Zelt ging.
»Lass es uns tun«, sagte Erilgar mit rauer Stimme. »Wir schulden es unseren Soldaten.«
Lilianne hielt sich sehr gerade, als sie in das Zelt trat. Sofort verstummten alle Gespräche. Die sieben Heptarchen und einige Capitanos standen um den Kartentisch versammelt. Die Komturin hatte das ungute Gefühl, dass man sie erwartet hatte.
»Es trifft sich gut, dass ihr so überraschend erscheint. Eben sprachen wir über dich, Schwester.« Gilles lächelte sie an. Seit dem Tag, an dem sich der Weg nach Albenmark geöffnet hatte, war der Heptarch sichtlich aufgelebt. Ja, er wirkte sogar jünger.
Lilianne ergriff das Wort. »Liebe Brüder, ich bin hier, um euch darum zu bitten, den Feldzug abzubrechen, denn unsere Truppen befinden sich in großer Gefahr. Ich habe Sorge, dass der Nachschub völlig zusammenbrechen könnte. Der große Fjord ist gefroren. Unsere Schiffe können ihn nicht mehr befahren. Und die neue Straße ist so tief verschneit, dass die Wagenzüge und Maultierkarawanen kaum noch vorankommen. Schon jetzt mangelt es an eingekochtem Obst, an Gemüse und getrockneten Früchten. Bald werden Krankheiten innerhalb der Truppen um sich greifen.«
»Wir werden uns aus dem Land ernähren«, wandte Gilles ein. »So haben es die Kirchenheere auch schon früher getan. Hier gibt es niemanden, den wir zu Tjured bekehren könnten. Wir müssen keinerlei Rücksichten nehmen.«
»Mit Verlaub, Bruder Gilles, aber ich habe bereits vor einigen Tagen vorgetragen, dass diese erprobte Strategie in Albenmark ins Leere stößt. Das Land ist nur dünn besiedelt. Wir wissen nicht, wo Dörfer und Städte liegen. Und selbst wenn die Voraussetzungen besser wären, ist das Heer einfach zu groß, um es auf diese Weise zu versorgen. Ganz abgesehen davon werden wir im Land der Anderen natürlich niemals Pulver finden oder ein paar Stiefel, das auch nur einem einzigen unserer Männer passen würde. Was will man denn
in einem Land voller Tiermenschen erwarten, in dem keine einzige gottgesegnete Seele zu finden ist.« Lilianne sah einige der Heptarchen nicken. Doch sie machte sich keine Illusionen. Sie wusste, dass Gilles und der Großmeister Tarquinon die Wortführer waren.
»Ich gestehe dir zu, dass wir vor großen Herausforderungen stehen, Schwester. Ein fremdes Land erfordert einen frischen Geist, der offen ist, neue Wege zu finden, statt verzweifelt am Altbewährten festzuhalten.« Gilles machte eine Pause, und sein Blick verriet Lilianne, dass nun der entscheidende Schlag bevorstand.
»Bruder«, warf Erilgar überraschend ein. »Schwester Lilianne steht nicht allein mit ihren Ansichten. Alles, was sie vorgetragen hat, entspricht den Tatsachen. Und die außergewöhnlichen Erfolge, die sie in den letzten Monden errungen hat, sprechen doch dafür, dass sie dieses Heer kennt und zu führen vermag wie kein anderer.«
»Es ist sehr ritterlich von dir, eine Lanze für Lilianne zu brechen«, sagte Großmeister Tarquinon in eisigem Tonfall. »Und wir haben durchaus verstanden, dass du an unseren Fähigkeiten zweifelst, diese Armee zu führen. Ich bin erschüttert und über die Maßen enttäuscht, solche Worte aus deinem Munde zu hören, Bruder. Ich werde …«
Gilles hob beschwichtigend die Hände. Die Ruhe, die er behielt, verriet Lilianne, dass er auf einen solchen Streit vorbereitet war und seine Entscheidung längst getroffen hatte. »Bitte, Brüder! Lasst uns nicht streiten. Dazu gibt es keinen Anlass. Niemand stellt die Verdienste Liliannes in Frage. Und auch deine Taten und die unseres Bruders Ignazius sind durchaus nicht unbemerkt geblieben.« Er lächelte väterlich. »Man hält uns Heptarchen oft vor, dass wir den Kopf in den Wolken tragen und nicht mehr wüssten, was um unsere Füße geschieht. Ich versichere euch, das Gegenteil ist der Fall. Wie
bereits erwähnt, hatten wir eben noch über Schwester Lilianne gesprochen. Wir alle waren der Meinung, dass sie in den letzten Wochen den Enthusiasmus vermissen ließ, mit dem sie den Feldzug im Fjordland vorantrieb und
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