Das Fjordland: Elfenritter 3 - Roman
ihre Launen. So hielten sich alle an ihr Gebot, nicht in die Welt der Menschenkinder zu treten. Alle bis auf einen …«
CHRONIK DER LETZTEN TAGE, S. 43 ff.,
VERFASSER: UNBEKANNT
(ENTSTAMMT VERMUTLICH DEM ENGSTEN KREIS
DER VERTRAUTEN KÖNIGIN EMERELLES)
FRIEDLOS
Fingayn tauchte in das eisige Wasser. Er wob keinen Zauber, um sich zu schützen, trug keines der Amulette, wie sie einst von den Normirga erschaffen worden waren. Er wollte, dass die Kälte tief in seine Glieder drang, bis seine Muskeln taub wurden und sein Verstand träg und müde. Er war weit nördlich des Albenhaupts in die Berge gegangen, dorthin, wo niemand leben mochte, nicht einmal Trolle. Es war ein Bergland, das selbst der Frühling mied. Er war froh, niemandem zu begegnen.
Er war allein mit der Natur. Und er wusch sich, jeden Tag einige Male. Er hatte das Gefühl, dass der Gestank und der Schmutz aus der Welt der Menschenkinder tief in seinen Leib eingedrungen waren. Selbst seine Seele war befleckt. Er war ein Jäger, kein Mörder! Er hätte Emerelles Befehl niemals folgen sollen. Diese Jagd haftete ihm immer noch an. Sie war ein Makel, der nie mehr ganz abgewaschen werden konnte.
Er zog sich aus dem Wasser und kauerte sich auf einen Fels. Der eisige Wind ließ das Wasser in seinem Haar knisternd zu Frostkristallen erstarren.
Ganz erstarren. Alles hinter sich lassen. Ein Jahrhundert fort sein und träumen. Das wünschte er sich.
Wie schwer musste es für Silwyna gewesen sein, die so lange auf sich allein gestellt gereist war. Was hatte sie empfunden in den Jahren ihrer verzweifelten Suche? Er vermochte sich kaum vorzustellen, wie sehr sie gelitten haben musste.
Fingayn atmete tief ein. Ließ die kalte Luft durch seine Lungen in den Körper fließen. Er konzentrierte sich ganz auf seinen Leib, versuchte, den einen Punkt zu finden, an dem sich das Übel verbarg. Es waren wohl seine Gedanken … Er
hatte kein Fleisch mehr gegessen, seit er zurückgekommen war, und viele Nächte in einer Schwitzhütte verbracht. Er hatte Kräuter aller Art in die Glut geworfen. Aber er fand keinen Frieden. Er wusste, dass er auf seiner Jagd nicht gründlich genug gewesen war. Er hatte fortgewollt aus der Welt der Menschen, hatte sie nicht mehr ertragen. Der Verstümmelte in dem steinernen Sarg in der Gruft beim Rabenturm ging ihm nicht aus dem Sinn. Hatte dort wirklich Honoré gelegen? Hatte er sich nicht allzu leicht damit zufriedengegeben, um einen Mord nicht begehen zu müssen? Und das ausgerechnet bei jenem auf seiner Liste, der den Tod am meisten verdient gehabt hatte. Vielleicht waren all dies ja nur Hirngespinste?
Er wusste, hier in der Wildnis würde er keine Antwort finden. Und er ahnte, dass kein Bad ihn reinigen konnte. Er musste noch einmal zurück zur Feste Rabenturm. Er musste die Spur erneut aufnehmen und Gewissheit über den Toten in dem Steinsarkophag erlangen.
SOLDATENLOHN
Lilianne blickte zu Erilgar und Ignazius. Die beiden waren keine Rebellen. Sie waren derselben Meinung wie sie, aber sie würden kein Wort sagen. Immerhin kamen sie mit ihr. Das war schon mehr, als sie erwartet hatte. Erilgar war verbittert darüber, dass das Kommando über den Feldzug mehr und mehr seinen Händen entglitten war. Seit der Schlacht gegen die Adler glaubten die Heptarchen, sie seien Feldherren.
Selbst ihr, Lilianne, hörten sie kaum noch zu. Sie standen um den Kartentisch in ihrem Prunkzelt. Dort hörten sie sich die Berichte der Späher an und verschoben kleine Holzfiguren auf einer Karte Albenmarks immer weiter hinein ins Weiß unerkundeter Gebiete.
Nach Wochen zielloser Vorstöße in alle Himmelsrichtungen waren sie nun übereingekommen, sich nach Süden zu wenden. Dort sollte es eine große Burg geben. Angeblich war dies der Sitz der Königin. Doch niemand wusste Genaueres. Der einzige Hinweis darauf, dass dies stimmen mochte, war die Tatsache, dass der Widerstand der Anderen wuchs, wann immer sie sich in diese Richtung wandten.
Lilianne wollte dem Unsinn ein Ende bereiten. Niemand machte mehr vernünftige Pläne. Und sie vernachlässigten die grundsätzlichen Dinge. Es gab erste Fälle von blutiger Ruhr und Anzeichen für Skorbut. Der Nachschub kam nur noch schleppend.
Sie sah zu den beiden Rittern vom Aschenbaum. Sie alle drei hatten volle Rüstung angelegt. Erilgar hatte dazu geraten. Der Flugrost war von den Panzern poliert. Sie glänzten wie Silber im Licht der Frühlingssonne. Lilianne hatte sich sogar frisieren lassen. Ein makelloser,
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