Das Fjordland: Elfenritter 3 - Roman
einmal genommen hatte. Zu schwach war der Heerbann der Fjordländer und Albenkinder. Ein Angriff auf die Ritterorden war nicht mehr möglich. Es begann die Zeit des Wartens. Und alle wussten, dass die Tjuredkirche ihre Kräfte sammelte, um nun den Krieg ins Fjordland zu tragen, denn ihr kaltherziger Gott konnte nicht ertragen, dass mutige Männer und Frauen in Freiheit lebten, zu den Göttern ihrer Ahnen beteten und darauf hofften, ein tapferes und ehrenhaftes Leben zu führen, um am Ende ihrer Tage in die Goldenen Hallen einzuziehen.«
CHRONIK DER VERLORENEN KÖNIGREICHE,
NIEDERGESCHRIEBEN VON ULRIK RAGNARSON
FÜR JENE, DIE DAS LAND DER FJORDE NICHT
MEHR MIT EIGENEN AUGEN SAHEN
BAND 2, S. 57 ff.
HANDSCHRIFTLICHES ORGINAL, VERWAHRT
IM BÜCHERSAAL VON SKRALSVIEK
DIE RICHTIGE MENGE BRANNTWEIN
Gishild lehnte an der Reling und ließ die Kajütentür nicht aus dem Blick. Obwohl sie damals ein Kind gewesen war, erinnerte sie sich noch gut an die Nacht, in der ihr kleiner Bruder
geboren worden war. Es war eine kalte Winternacht gewesen. Grünes Feenlicht war über den Himmel getanzt.
Die Königin blickte hinauf zum Firmament. Alles war anders. Sie saß in keiner eisigen Fensternische, sondern fuhr auf einem stolzen Elfenschiff. Der Himmel spannte sich über ihr und glänzte im Licht unzähliger Sterne. Keine Wolke verdunkelte das Firmament. Eine warme Brise streichelte ihr Haar und griff in die großen Segel des Schiffs. Alles war anders. Nur die Angst war dieselbe, die sie als kleines Kind empfunden hatte. Und sie wartete auf dieselbe Elfe wie in jener fernen Nacht. Ollowain hatte sie gerufen, und sie war nur widerwillig gekommen. Wie damals … Auch in Vahan Calyd, vor drei Jahren, war sie nicht freundlicher gewesen.
Es schien ein Unglück in Albenmark gegeben zu haben. Aber noch hatte keiner der Fürsten mit ihr darüber reden wollen. Und ehrlich gesagt, hatte sie es auch nicht wissen wollen.
Sie musste wieder zu sich finden. Sie vernachlässigte ihre Pflichten als Königin! Man kann sein Herz an ein Königreich binden oder an einen Mann, hatte ihr Emerelle gesagt, als die Elfen sie nach Albenmark geholt hatten. Versuchst du beides, wird daraus nur Unglück erwachsen. Die Elfenkönigin hatte dies auf Luc gemünzt.
In den letzten Tagen hatte sie kaum an ihn gedacht. Gishild blickte wieder zur Tür. In dieser Stunde entschied sich, ob Erek seinen Schildarm behalten würde. Immer wieder hatte sie heute für ihn gebetet. Stumm, aber voller Leidenschaft. Es durfte nicht sein, dass er mit seinem Arm dafür bezahlte, dass er sie vor dem sicheren Tod bewahrt hatte.
Sie tastete über die verschorfte Wunde an ihrer Wange. Es würde wohl eine Narbe zurückbleiben. Aber was bedeutete das schon! Sie sah sich nur selten in einem Spiegel an. Bedeutsam dagegen war, wie viele Männer sie in den Tod
gerissen hatte. Wie hatte sie so blindlings in eine Falle tappen können!
Die Männer hatten für den Hochmut ihrer Königin mit dem Leben bezahlen müssen. Das durfte nicht mehr geschehen! Sie musste mit mehr Bedacht vorgehen. Wieder blickte sie zur Tür. Sie hätte auf Erek hören sollen. Er hatte in den Festungsgräben von Firnstayn gestanden und bei den Arbeiten geholfen, nicht sie. Von den zweihundert Fjordländern, die sie ins Lager Eisenwacht geführt hatte, waren nicht einmal fünfzig lebend entkommen. Und von denen war nicht einer unverletzt.
Die Kajütentür öffnete sich. Eine Elfe in einem Kleid von der Farbe des Mondlichts trat heraus. Sie war hochgewachsen und sehr schlank. Ihr schwarzes Haar war zu einem Knoten hochgesteckt. Die schmalen, spitzen Ohren gaben ihrem Gesicht etwas Wildes, Tierhaftes. Kälte schien von ihr auszugehen, so wie beim ersten Mal, als Gishild ihr begegnet war. Dort, wo Morwenna auftauchte, war der Tod nicht fern, auch wenn sie eine Heilerin war.
»Und?« Gishild hatte tausend Fragen und vermochte doch nur dieses eine Wort über die Lippen zu bringen. Sie hatte sich im Thronsaal den hundert mächtigsten Männern des Fjordlands widersetzt, aber der Elfe gegenüber war sie befangen. Morwenna sah sie lange an. Sie hatte dunkle, fast schwarze Augen. Schatten lagen um ihre Lider, doch ließ sie das nicht älter aussehen. Sie war ein Geschöpf der Dämmerung und der Nacht. Selbst in ihren Wochen in Vahan Calyd war Gishild der Heilerin kaum einmal bei Tageslicht begegnet.
»Er wird seinen Arm behalten«, sagte Morwenna. »Aber ich glaube nicht, dass du gute Gesellschaft für ihn bist.«
»Ich
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