Das Fjordland: Elfenritter 3 - Roman
hoffe, dass ich dein Herz gewinnen kann.«
Er sagte das so entwaffnend offenherzig, dass sie ihn mit offenem Mund anstarrte.
»Darf ich hoffen?«
Gishild konnte seinen Blick nicht länger ertragen. Sie bückte sich nach dem Krug und schenkte Branntwein in die beiden Becher. Plötzlich gingen ihr wieder die Worte Morwennas durch den Kopf. »Wir sollten den Krug leeren. Meine Blumen brauchen Wasser. Dann erholen sie sich vielleicht.«
»Ja. Ein guter Vorschlag. Auf das Trinken verstehe ich mich besser als darauf, bei Frauen schöne Worte zu machen.«
Auch das sagte er ganz offenherzig. Ohne zynischen Unterton. Sie reichte ihm einen Becher. Es war Bärenbrand aus Honnigsvald. Der teuerste und stärkste Branntwein im Fjordland. Wie flüssiges Feuer ging er die Kehle hinab. Gishild leerte ihren Becher in einem einzigen langen Zug. Dann tat sie einen tiefen Seufzer und füllte sich nach.
»Dir stehen ja Tränen in den Augen.«
»Ich bin mit dem Trinken aus der Übung«, entgegnete sie mürrisch. Sie lehnte sich an das Bett. Sie fühlte sich unendlich müde. Und sie versuchte nicht gegen ihre Tränen anzukämpfen. Sie schluchzte nicht. Und atmete nicht schwer. Als
Kind hatte sie ganz anders geweint. Es waren nur einfach Tränen, sagte sie sich. Sie war nicht traurig oder schwach!
Erek klemmte sich seinen Becher zwischen die Beine. Er stöhnte vor Schmerz und fluchte leise, als er sich aufsetzte. Mühsam drehte er sich und legte ihr seine Hand aufs Haar. Ganz sanft.
Er sagte nichts, und Gishild war ihm dankbar dafür.
ERWACHEN
Gishild weckte das Licht auf ihrem Gesicht. Das Elfenschiff musste auf einem nördlichen Kurs sein, wenn die Morgensonne auf dem mit gläsernen Blütenranken geschmückten Fenster ihrer Kabine stand. Sie reckte sich schläfrig und wollte ihren Traum festhalten. Er war so echt gewesen. Sie hatten einander geliebt. In dem Kahn auf dem See, zu dem sie manchmal geritten waren.
Die Königin spürte, wie sich das Elfenschiff sanft in der Dünung bewegte. Sie mochte Schiffe. Ihre Gedanken schweiften zu der Reise auf der Windfänger. Der Primarch Leon hatte die Lanze der 47. Löwen einst auf die Windfänger verbannt, um sie für ihren ersten Sieg im Buhurt zu bestrafen.
Gishild lächelte, als sie daran dachte, mit welchem Eifer Luc in jenem Sommer das Küssen gelernt hatte. Wohlige Schauer überliefen sie bei dem Gedanken. Seine Küsse fehlten ihr. Trotz ihrer Liebe zu Luc hatte sie damals fast jeden Tag daran gedacht, wie sie davonlaufen könnte. Das Leben
war verrückt! Jetzt würde sie ihr Königreich verschenken, um diesen Sommer noch einmal erleben zu dürfen.
Emerelle hatte ihr erklärt, dass der Primarch und die Magister der Ordensburg Meister der Täuschung gewesen seien. Sie hatte Gishild gewarnt, keinem der Gefühle zu trauen, die sie für ihre Zeit in Valloncour empfand. Sie solle sich den Ritterorden wie einen betrügerischen Verführer vorstellen, der es auf ihr Erbe und nicht auf ihre Liebe abgesehen habe, hatte die Elfenkönigin gesagt.
Aber Lucs Liebe war echt! Sie war nicht dumm, sie traute keiner der Lehren des Tjuredglaubens. Und sie würde sich nicht gegen die alten Götter des Fjordlands stellen, auch wenn diese ihr auf ihre Gebete nie antworteten. Aber wie hätte Lucs Liebe vorgetäuscht sein sollen? Das lag nicht in der Macht des Ordens. Sie seufzte. Wo er jetzt wohl war?
Ein leises Stöhnen beendete all ihre Gedanken. Sie setzte sich abrupt auf und öffnete die Augen. Und was sie sah, erschien ihr wie ein Albtraum. Sie lag neben Erek. Nackt! Und auch er war nackt, bis auf den straffen Verband, der seinen linken Arm an die Brust fesselte.
Das Leinen des Verbandes war rot von Blut. Er wirkte noch blasser als am Abend. Sein Leib war mit Schweiß bedeckt. Gishild berührte mit spitzen Fingern Ereks Brust. Sie fühlte sich kühl an. Er brauchte Hilfe!
Sie kroch aus dem Bett und stolperte fast über den Krug. Sie konnte sich nur dunkel an die Nacht erinnern. Irgendwann hatte sie Wasser geholt. Und einen zweiten Krug Bärenbrand. Die Blumen hatten sich erholt. Die hängenden Köpfe hatten sich aufgerichtet.
Gishild griff nach ihrem Hemd, das auf dem Boden lag, und schob die anderen Kleider mit dem Fuß unter das Bett. Hastig streifte sie das Hemd über. Es reichte ihr bis weit auf die Oberschenkel hinab.
Mit fahrigen Fingern schloss sie die Verschnürung und öffnete die Kabinentür. Die helle Morgensonne stach ihr wie Dolche in die Augen. Ein übler Geschmack füllte
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