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Das Fjordland: Elfenritter 3 - Roman

Das Fjordland: Elfenritter 3 - Roman

Titel: Das Fjordland: Elfenritter 3 - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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den Ruinen stand, wurde ihm
das ganze Ausmaß der Zerstörung deutlich. Welche Macht hatten die Menschenkinder an sich gerissen! Und wozu wären sie wohl noch fähig? Städte störten nach Fingayns Verständnis die Harmonie der Natur. Er wusste, dass die anderen Völker der Elfen dies anders empfanden als die Maurawan. Sie liebten es, den Stein zu formen und immer tollkühnere Gemäuer dem Himmel entgegenstreben zu lassen. Dieser Schöpferwahn war eitel! Warum beließ man die Welt nicht so, wie die Alben sie ihren Kindern geschenkt hatten? Es war überheblich zu glauben, man könne etwas besser machen als die Alten. Und was nutzte es, Orte zu erschaffen, an denen so viele Albenkinder leben konnten, dass man sich dicht an dicht drängte, wenn man auf die Straßen ging, die sich am Grund der Turmschluchten dahinzogen? Dort war ein Gedränge wie in einer Büffelherde, die durch einen engen Pass zog.
    Wieder schweifte sein Blick über die Ruinen. Der Wind, der vom nahenden Regen kündete, trug Staubwirbel zum Hafen. Nur vereinzelt sah man Leben in der Trümmerlandschaft.
    Ein einziges Mal hatte er das Fest der Lichter besucht. Er stellte sich die Feiernden am Hafen und auf den festlich beleuchteten Schiffen vor. Die Zauber, die Lichter in allen Farben auf das samtene Schwarz des Himmels malten. Vögel aus buntem Feuer. Blüten, so farbenfroh wie die seltsam fleischigen Blumen, die die bleichen Korallenbänke an warmen Küsten in Farbenmeere verwandelten. Er dachte an lachende Koboldkinder, die, den Kopf im Nacken, den Himmel anstaunten. An ein junges Kentaurenmädchen, das ihm damals einen Blumenkranz geschenkt hatte.
    »Wir werden nie wissen, wie viele in jener Nacht gestorben sind. Bis zu dieser Stunde wurden 23 734 meiner Kinder beigesetzt. Doch immer noch liegen viele unter den Trümmern
begraben. Und wer auf den Kais nahe der Prunkbarkasse stand, stolz, Augenzeuge der Krönung zu werden, von dem blieb nichts.«
    Der Bogenschütze drehte sich um. Hinter ihm war Emerelle auf die Terrasse getreten. Wie ein Lufthauch war sie plötzlich da. Nicht das leiseste Geräusch hatte ihr Kommen angekündigt.
    Sie trug ein weißes Kleid mit weit ausgeschnittenen Armen. Eng anliegend, zeichnete es ihren Körper nach. Ein steifer Stehkragen verbarg ihren Hals. Das Haar hatte sie mit perlmuttfarbenen Kämmen hochgesteckt. Eine Kette aus schwarzrotem Granat, gefasst in verschlungenes Silber, wirkte wie gefrorenes Blut auf dem weißen Kleid.
    Emerelles Antlitz wirkte schmaler als sonst. Älter. Und härter.
    Die Königin deutete wortlos zu dem langen Tisch am westlichen Ende der Terrasse. Ein buntes Sonnensegel wogte im Morgenwind. Auf dem Tisch war ein dunkelblaues Seidentuch ausgebreitet, dessen Ecken mit silbernen Kerzenständern und einer Jadeskulptur beschwert waren. Längliche Formen zeichneten sich durch den dünnen Stoff ab. Fingayn ahnte, was dort verborgen lag.
    »Bald wird der Kampf um das Fjordland beginnen«, sagte die Königin. Ihre Stimme klang tonlos, sie sprach ohne jedes Gefühl. »Was denkst du darüber?«
    Fingayn blickte hinab auf den zerstörten Hafen. Bisher hatte er es für unmöglich gehalten, dass ein Heer der Menschenkinder seinen Weg nach Albenmark finden könnte, es sei denn, es wurde gerufen, so wie einst Alfadas mit seinen Recken.
    »Ich habe einmal gesehen, wie ein Rudel Wölfe einen alten Bären jagte«, sagte der Maurawan schließlich. »Etwas hatte ihn aus seinem Winterschlaf aufgeschreckt. Vielleicht ein böser
Traum. Sechzehn Wölfe stellten ihm nach. Abgemagerte Kreaturen, gezeichnet von den Entbehrungen des Winters, dem Hungertod nahe. Auch der Bär war geschwächt von seinem langen Schlaf. Ihn griffen immer mindestens drei Wölfe zugleich an. Und jeder Angriff brachte ihm neue Wunden. Kleine Verletzungen nur, aber bald zog eine Spur von Blut durch den verharschten Schnee. Manchmal folgten ihm die Wölfe über Stunden. Leise hechelnd, waren sie nie fern. So ging es drei Tage lang. Fünf Wölfe wurden getötet. Jeder Tote gab den Überlebenden zusätzliche Kraft, denn sie fraßen die Kadaver ihrer Brüder. Zuletzt hat sich der Bär in eine enge Schlucht zurückgezogen. Mit dem Rücken gegen eine Steilwand kämpfte er noch lange. Kein Wolf blieb ohne Wunde. Der Bär starb kurz vor dem Morgengrauen am Ende der dritten Nacht.«
    Die Königin sah ihn lange an. Ihr Blick war nicht zu deuten. Zürnte sie ihm?
    »Jedes Rudel hat einen Leitwolf«, sagte sie schließlich und zog das blaue Seidentuch

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