Das Fjordland: Elfenritter 3 - Roman
Apsara empfand Mitleid mit dem Jungen. Sie hatte seine Träume geteilt, die tiefe Traurigkeit. Die Sehnsucht nach der Ritterin mit dem rotblonden Haar und dem warmen Lachen, die auch nach Jahren der Trennung noch immer seine Gedanken beherrschte.
Aruna lächelte wehmütig. Erst seit sie an den Menschensohn gebunden war, war ihr bewusst geworden, dass es keinen Mann gab, in dessen Träumen sie einen Platz einnahm. Es musste an dem Blut des jungen Ritters liegen, dass ihr plötzlich etwas als eine schmerzhafte Lücke in ihrem Leben erschien, woran sie zuvor nicht einmal einen Gedanken verschwendet hatte. Sie sollte froh sein, wenn der Junge endlich von ihr genommen wurde! Dann hätte dieses törichte Brüten über ein nie gelebtes Leben endlich ein Ende!
Die Königin kniete sich neben sie. Sanft legte sie ihr eine Hand auf die Stirn. »Ich danke dir für das, was du für Albenmark getan hast, Aruna.«
Die Stimme erschreckte den Menschensohn. Er klammerte sich noch fester an sie.
»Was wird mit ihm geschehen?«
Emerelle schien überrascht. »Du bist nicht seine Mutter, Aruna.«
»Und doch war ich mit ihm verbunden wie eine Mutter mit ihrem Kind.«
»Und du hast mir alles verraten, was ihn in seinem Innersten bewegte. Auch hast du geholfen, als er von mir befragt wurde. Hätte eine Mutter all das getan? Du bist jetzt frei, Aruna. Er soll dir keine Last mehr sein.«
»Ich weiß, welchen Dienst ich dir erwiesen habe, meine Königin. Deshalb bitte ich dich um eine Gunst.«
Emerelle hob leicht eine Augenbraue, und Aruna fragte sich, ob die Königin nur verwundert oder schon verärgert war.
»Sprich!«
»Was wird mit dem Menschensohn geschehen?«
Etwas im Blick der Königin änderte sich. Alle Milde war aus ihren Augen gewichen. »Das liegt allein an ihm. Finde ich nur ein wenig von dem in ihm, was ich unter einem Ritter verstehe, dann werde ich großmütig sein. Aber wenn nicht … Er hat Albenmark in einem Maße geschadet wie nie ein Menschensohn zuvor. Er hätte es verdient, so wie seine Kameraden im Hafenbecken zu sterben.«
»Du weißt, dass er das Unglück nicht aus bösem Willen über uns brachte. Nicht er hat das Tor in unsere Welt geöffnet. «
»Hast du schon vergessen, was er alles erzählt hat? Er versiegelte einen Albenstern in seiner Welt. Und damals wusste er sehr genau, was er tat.«
»Seine Lehrer haben ihn verblendet, meine Königin«, wandte Aruna ein. »Er ist reinen Herzens.«
Plötzlich lächelte Emerelle. »Du überraschst mich. Wenn er tatsächlich so ist, wie du ihn mir beschreibst, dann musst du dich um ihn nicht sorgen. Du weißt ja, er wurde mit einer
Glückshaut geboren. Wenn die giftige Saat der Tjuredkirche nicht tief in seinem Herzen Wurzeln geschlagen hat, dann wird er leben. Welchem Menschensohn wurde schon die Gnade zuteil, ein zweites Mal geboren zu werden? Und wer von seiner Art teilte je sein Blut mit einer Apsara?«
Aruna dachte an all die Bürden, die dem jungen Ritter in sein vermeintlich neues Leben mitgegeben wurden. Diesmal wurde er wahrlich nicht mit einer Glückshaut geboren. Wie lange würde es dauern, bis er sich an seine Vergangenheit erinnerte? Und würde er erfahren, welchen Verrat er an seinen Ordensbrüdern und -schwestern begangen hatte? Hoffentlich würde ihm niemals klar werden, was er während seines langen Schlafes preisgegeben hatte.
Emerelle berührte sie sanft am Bauch, und das Band aus Fleisch und Blut fiel von ihr ab. Aruna seufzte. Es lag keine Erleichterung in diesem Laut. Sie blickte mit Bedauern auf die durchtrennte Nabelschnur.
Der Ritter stöhnte auf. Er wand sich in ihren Armen und sprach Worte, die sie nicht verstand. Aruna hielt ihn fest. Tränen standen in ihren Augen.
Die Königin fuhr dem Jüngling mit den Fingerspitzen über Stirn und Augen. »Schlaf, Menschensohn.«
Der Schrecken wich aus dem Gesicht des Ritters. Seine Augenlider waren jetzt wieder geteilt, doch blieben sie im Schlaf geschlossen.
Nun berührte Emerelle den Bauch des Jünglings dort, wo die Nabelschnur entsprang, und sie fiel ab.
Aruna rang die Tränen nieder. »Werde ich ihn je wiedersehen? «
»Er würde dich nicht erkennen. Es wird besser für ihn sein, wenn er nicht weiß, wie nah er dir gewesen ist. Vergiss nicht, er ist nur ein Menschensohn. Er könnte all das nicht verstehen. «
Die Apsara hob die Nabelschnur vom Mosaikboden auf. Sie war noch warm von ihrem Blut. »Gib ihm Zeit, Herrin. Er ist nicht böse. Er ist fehlgeleitet.«
»Die Zeit jagt uns
Weitere Kostenlose Bücher