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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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hoch und sah eine graue Gestalt über die Bettdecke rasen und über die Bettkante verschwinden. Ich kreischte noch einmal, diesmal lauter.
    Jamie schoss seitwärts aus dem Bett, rollte sich über den Boden und kam mit angespannten Schultern und halb geballten Fäusten zum Stehen.
    »Was?«, wollte er wissen und sah sich mit wildem Funkeln suchend nach Räubern um. »Wer? Was?«
    »Eine Ratte!«, sagte ich und zeigte mit einem zitternden Finger auf die
Stelle, wo das graue Etwas in der Spalte zwischen dem Fuß des Bettes und der Wand verschwunden war.
    »Oh.« Seine Schultern entspannten sich. Er rieb sich blinzelnd mit den Händen über das Gesicht und durch das Haar. »Eine Ratte, aye?«
    »Eine Ratte in unserem Bett «, sagte ich, denn ich hatte nicht vor, dieses Ereignis seelenruhig zu vergessen. »Sie hat mich gebissen!« Ich warf einen genauen Blick auf meine verletzte Brust. Kaum Blut; nur ein paar winzige, leicht beißende Einstichstellen. Allerdings musste ich an Tollwut denken, und mir wurde kalt.
    »Keine Sorge, Sassenach. Ich kümmere mich darum.« Jamie richtete sich erneut auf, ergriff das Schüreisen vom Kamin und näherte sich zielsicher dem Bett. Das Fußende bestand aus Massivholz und stand nur ein paar Zentimeter von der Wand entfernt. Die Ratte musste in der Falle sitzen, falls es ihr nicht gelungen war, in den wenigen Sekunden zwischen meinem Aufschrei und Jamies Satz aus dem Bett zu entkommen.
    Ich kniete mich hin und hielt mich bereit, nötigenfalls aus dem Bett zu springen. Mit konzentriertem Gesicht hob Jamie das Schüreisen, streckte die freie Hand aus und schlug die herabhängende Bettdecke zur Seite.
    Er ließ das Schüreisen mit voller Wucht niedersausen - und riss es zur Seite, so dass es vor die Wand prallte.
    »Was?«, sagte ich.
    »Was?«, wiederholte er in ungläubigem Tonfall. Er beugte sich dichter über die Stelle, blinzelte im gedämpften Licht, dann fing er an zu lachen. Er ließ das Schüreisen fallen, hockte sich auf den Boden und griff langsam in den Zwischenraum zwischen Bettende und Wand, wobei er ein leises Zirpgeräusch machte. Es hörte sich an, als hätten sich ein paar Vögel in einiger Entfernung zum Fressen auf einem Busch eingefunden.
    » Redest du etwa mit der Ratte?« Ich begann, auf das Fußende zuzukriechen, doch er gebot mir gestikulierend Einhalt und schüttelte den Kopf, während er weiter zirpte.
    Ich wartete voll Ungeduld. Es dauerte keine Minute, bis er zugriff und das Tier - was auch immer es war - offenbar auch erwischte, denn er tat einen leisen Ausruf der Genugtuung. Er stand lächelnd auf und hielt ein graues, pelziges Etwas am Nacken gepackt, das wie ein kleines Täschchen an seinen Fingern baumelte.
    »Da hast du deine kleine Ratte, Sassenach«, sagte er und setzte den grauen Pelzball sanft auf die Bettdecke. Riesige, blassgrüne Augen starrten reglos zu mir auf.
    »Ach du meine Güte«, sagte ich. »Wo kommst du denn her?« Ich streckte ganz langsam einen Finger aus. Das Kätzchen bewegte sich nicht. Ich berührte die Kante des winzigen, seidig-grauen Kinns, und die großen, grünen Augen verengten sich zu Schlitzen, als sich das Tierchen an meinem Finger rieb. Ein überraschend tiefes Schnurren rollte durch seine kleine Gestalt.
»Das«, sagte Jamie mit immenser Genugtuung, »ist das Geschenk, das ich dir eigentlich machen wollte, Sassenach. Er wird dir das Ungeziefer aus dem Sprechzimmer vertreiben.«
    »Nun, wahrscheinlich aber nur sehr kleines Ungeziefer«, sagte ich mit einem skeptischen Blick auf mein neues Geschenk. »Ich glaube, eine größere Kakerlake könnte ihn - ist es ein er? - in ihren Unterschlupf verschleppen, von einer Maus ganz zu schweigen.«
    »Er wächst schon noch«, versicherte mir Jamie. »Sieh dir nur seine Pfoten an.«
    Das Kätzchen - ja, es war ein Er - hatte sich auf den Rücken gerollt und spielte gerade toter Käfer, die Pfoten in der Luft. Die hatten ungefähr die Größe eines Kupferpenny, relativ klein, doch im Vergleich mit dem winzigen Körper waren sie enorm. Ich berührte die winzigen Zehensohlen, makellos rosa in ihrem Dickicht aus weichem, grauen Pelz, und das Kätzchen wand sich ekstatisch.
    Es klopfte diskret an der Tür, und ich riss mir das Laken vor die Brust, als sich die Tür öffnete und Mr. Wemyss den Kopf ins Zimmer steckte. Sein Haar stand ab wie ein Haufen Weizenstroh.
    »Äh... ich hoffe, es ist nichts passiert, Sir?«, fragte er und blinzelte kurzsichtig in das Zimmer. »Meine Tochter hat mich

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