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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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geweckt und gesagt, sie glaubte, sie hätte einen Schrei gehört, und dann ein Krachen -« Sein Blick, den er hastig von mir abwandte, wanderte zu der Stelle an der weiß verputzten Wand, an der Jamies Angriff mit dem Schüreisen das nackte Holz bloß gelegt hatte.
    »Aye, es ist nichts«, beruhigte ihn Jamie. »Nur eine kleine Katze.«
    »Oh, aye?« Mr. Wemyss blinzelte zum Bett herüber, und sein schmales Gesicht brach in ein Lächeln aus, als er den grauen Pelzklecks entdeckte. »Ein kleiner Wildfang, wie? Er wird bestimmt eine große Hilfe in der Küche.«
    »Aye. Wo wir gerade von der Küche reden, Joseph - meint Ihr, Eure Kleine bringt uns vielleicht ein Schälchen Sahne für den kleinen Racker hier?«
    Mr. Wemyss nickte und verschwand mit einem letzten, onkelhaften Lächeln in Richtung der Katze.
    Jamie reckte sich, gähnte und rieb sich heftig mit beiden Händen durch das Haar, das sich heute noch unternehmungslustiger benahm als sonst. Ich betrachtete ihn mit einem gewissen Maß an purem, ästhetischen Wohlgefallen.
    »Du siehst aus wie ein Mammut«, sagte ich.
    »Oh? Und was ist ein Mammut außer groß?«
    »Eine Art prähistorischer Elefant - du weißt schon, die Tiere mit den langen Stoßzähnen?«
    Er blickte der Länge nach an seinem Körper hinunter und sah mich dann fragend an.
    »Nun, danke für das Kompliment, Sassenach«, sagte er. »Ein Mammut, wie?« Er warf die Arme hoch und räkelte sich erneut. Dabei schob er ganz
beiläufig das Becken vor, was - wahrscheinlich nicht ganz ungewollt - die rein zufällige Ähnlichkeit noch verstärkte, die der Betrachter zwischen der halb aufgerichteten, morgendlichen Anatomie eines Mannes und dem Gesichtsschmuck gewisser Dickhäuter feststellen mochte.
    Ich lachte.
    »Das ist nicht ganz das, was ich gemeint habe«, sagte ich. »Hör mit dem Gewackel auf; Lizzie kommt jede Minute. Du solltest lieber dein Hemd anziehen oder wieder ins Bett kommen.«
    Auf dem Treppenabsatz erklangen Schritte, und er machte einen Hechtsprung ins Bett, so dass die kleine Katze angsterfüllt über die Bettdecke krabbelte. Schließlich war es jedoch Mr. Wemyss, der das Sahneschälchen brachte, um seiner Tochter den möglichen Anblick von Ehrwürden in natura zu ersparen.
    Da das Wetter schön war, hatten wir am Abend zuvor die Fensterläden offen gelassen. Der Himmel hatte die Farbe frischer Austern, feucht und perlgrau. Mr. Wemyss warf einen Blick hinaus, kniff die Augen zu, nahm Jamies Dank entgegen und stapfte wackelig in sein Bett zurück, dankbar für eine letzte, halbe Stunde Schlaf vor der Dämmerung.
    Ich befreite das Kätzchen, das in meinem Haar Zuflucht gesucht hatte, und setzte es neben dem Sahneschälchen auf den Boden. Ich ging nicht davon aus, dass es so etwas im Leben schon einmal gesehen hatte, doch der Geruch reichte aus - in Sekundenschnelle steckte es mit dem ganzen Schnurrbart in der Sahne und schlürfte um sein Leben.
    »Er hat ein gesundes Schnurren am Leib«, bemerkte Jamie beifällig. »Ich kann ihn bis hier hören.«
    »Er ist süß, woher hast du ihn?« Ich schmiegte mich an Jamies gebogenen Körper und genoss seine Wärme; das Feuer war im Lauf der Nacht heruntergebrannt, und die Luft im Zimmer war kalt und roch sauer nach Asche.
    »Habʼ ihn im Wald gefunden.« Jamie gähnte herzhaft, dann entspannte er sich und legte den Kopf an meine Schulter, um die kleine Katze zu beobachten, die in ekstatische Völlerei verfallen war. »Ich dachte, ich hätte ihn verloren, als Gideon gebockt hat - wahrscheinlich ist er in eine der Satteltaschen gekrochen und mit den übrigen Sachen wieder zum Vorschein gekommen.«
    Wir verfielen in friedliches Dösen und kuschelten uns schläfrig im warmen Nest unseres Bettes aneinander, während sich der Himmel mit jeder Sekunde mehr erhellte und Vogelstimmen in der Luft erwachten. Auch das Haus erwachte - unten erklang das Jammern eines Babys, gefolgt von den Geräuschen seiner Mutter beim Aufstehen und von Stimmengemurmel. Auch wir mussten eigentlich aufstehen - es gab viel zu tun -, und doch regte sich keiner von uns, denn es widerstrebte uns, die Geborgenheit unseres stillen Zufluchtsortes aufzugeben. Jamie seufzte, sein Atem warm auf meiner Schulter.
    »Eine Woche, denke ich«, sagte er leise.
    »Bevor du gehen musst?«

    »Aye. So viel Zeit kann ich mir nehmen, um die Dinge hier zu regeln und mit den Männern aus Fraser’s Ridge zu sprechen. Dann eine Woche, um die Gegend zwischen der Vertragsgrenze und Drunkard’s Creek

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