Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
Vom Netzwerk:
Sorgen machte, war nicht der Gedanke an Leutnant Hayes und seine Männer; es war Jamie. Äußerlich war er so ruhig und selbstsicher
wie eh und je, und in seinem Mundwinkel lauerte stets dieses schwache Lächeln. Doch ich kannte ihn sehr gut; ich hatte gesehen, wie die beiden steifen Finger seiner rechten Hand - in einem englischen Gefängnis verstümmelt - zuckend gegen sein Bein geklopft hatten, als er in der vergangenen Nacht mit Hayes Witze und Geschichten ausgetauscht hatte. Noch jetzt konnte ich die schmale Falte sehen, die sich zwischen seinen Augenbrauen bildete, wenn er sich Sorgen machte, und es war nicht seine derzeitige Beschäftigung, die ihm Sorgen machte.
    Sorgte er sich einfach nur wegen der Proklamation? Dafür sah ich keinen Grund, da schließlich niemand aus unserer Siedlung an den Unruhen von Hillsborough beteiligt gewesen war.
    »...Presbyterianer«, sagte er gerade. Er sah mich ironisch lächelnd an. »Wie unser Roger.«
    Die Erinnerung, die ich vorhin im Hinterkopf gehabt hatte, nahm plötzlich konkrete Formen an.
    »Du hast es gewusst«, sagte ich. »Du hast gewusst , dass Roger kein Katholik ist. Du hast gesehen, wie er dieses Kind in Snaketown getauft hat, als wir... ihn von den Indianern befreit haben.« Zu spät sah ich, wie der Schatten sein Gesicht überzog, und biss mir auf die Zunge. Als wir Roger befreit hatten - und Jamies geliebten Neffen Ian an seiner Stelle dort gelassen hatten.
    »Aye, das habe ich«, sagte er.
    »Aber Brianna -«
    »Sie würde den Jungen doch sogar heiraten, wenn er Hottentotte wäre«, unterbrach mich Jamie. »Das kann jeder sehen. Und ich kann nicht einmal sagen, dass ich viel gegen Roger einzuwenden hätte, wenn er Hottentotte wäre «, fügte er zu meiner großen Überraschung hinzu.
    »Nicht?«
    Jamie zuckte mit den Achseln und trat über den winzigen Bach hinweg an meine Seite. Er wischte sich die feuchten Hände am Saum seines Plaids ab.
    »Der Junge hat Courage und ein gutes Herz. Du weißt, dass er das Baby als sein eigenes Kind angenommen und Brianna gegenüber kein Wort darüber verloren hat. Genau, wie es sich für einen Mann gehört - aber nicht jeder Mann würde es tun.«
    Ich blickte unwillkürlich auf Jemmy hinunter, der es sich auf meinem Arm gemütlich gemacht hatte. Ich versuchte, nicht darüber nachzudenken, doch hin und wieder suchte selbst ich seine absolut liebenswerten Gesichtszüge nach einer Spur ab, die vielleicht seine wahre Abstammung preisgab.
    Brianna hatte Roger die Ehe in die Hand versprochen, eine Nacht mit ihm verbracht - und war zwei Tage später von Stephen Bonnet vergewaltigt worden. Es war unmöglich zu sagen, wer der Vater war, und bis jetzt machte Jemmy keinerlei Anstalten, einem der beiden Männer auch nur ansatzweise zu ähneln. Momentan kaute er mit einer Grimasse der Konzentration auf seiner
Faust herum, und mit seinem weichen, rotgoldenen Plüsch sah er vor allem Jamie ähnlich.
    »Mm. Warum hast du dann so darauf bestanden, dass der Priester Roger überprüft?«
    »Nun, heiraten werden sie so oder so«, sagte er in aller Logik. »Aber ich wollte, dass der Kleine katholisch getauft wird.« Er legte seine breite Hand sanft auf Jemmys Kopf und strich ihm mit dem Daumen die winzigen, roten Augenbrauen glatt. »Also dachte ich mir, wenn ich ein bisschen Theater um Roger machte, dann sind sie vielleicht in Bezug auf an gille ruaidh hier gern einverstanden, aye?«
    Ich lachte und zog Jemmy ein Stück Decke über die Ohren.
    »Und ich dachte, Brianna hätte dich durchschaut!«
    »Das denkt sie auch«, sagte er grinsend. Er bückte sich unvermittelt und küsste mich.
    Sein Mund war weich und sehr warm. Er schmeckte nach Kaffee und Honig, und er roch stark nach Holzrauch und ungewaschenem Mann mit einem winzigen Hauch Windelaroma.
    »Oh, das ist schön«, sagte ich beifällig. »Mach das noch einmal.«
    Der Wald um uns war still, wie es nur ein Wald ist. Kein Vogel, kein Tier, nur der Gesang der Blätter über uns und das Rauschen des Wassers zu unseren Füßen. Ständige Bewegung, ständig Geräusche - und mitten darin perfekter Friede. Es waren jede Menge Menschen auf dem Berg, und die meisten von ihnen waren gar nicht weit von uns entfernt - doch genau hier, genau jetzt hätten wir allein auf dem Jupiter sein können.
    Ich öffnete seufzend die Augen und schmeckte Honig. Jamie lächelte mich an und strich mir ein herabgefallenes, gelbes Blatt aus dem Haar. Das Baby lag in meinen Armen, ein schweres, warmes Gewicht, der

Weitere Kostenlose Bücher