Das Flammende Kreuz
Sie wies mit dem Porridgelöffel auf die Bänke entlang des Tisches. »Wenn ja, dann kommt herein und setzt euch. Aber putzt euch ja die schmutzigen Füße ab!«
In Sekundenschnelle waren die Bänke und Stühle besetzt, und Mrs. Chisholm, Mrs. MacLeod und Mrs. Aberfeldy sahen sich gähnend und blinzelnd unter ihren Sprösslingen um, wünschten mir und einander murmelnd und kopfnickend einen guten Morgen, zupften hier ein Halstuch und da einen Hemdschoß gerade und benutzten ihre speichelfeuchten Daumen, um einem kleinen Jungen die abstehenden Haare an den Kopf zu kleben oder einem kleinen Mädchen einen Fleck aus dem Gesicht zu wischen.
Angesichts eines halben Dutzends hungrig aufgesperrter Mäuler war Mrs. Bug in ihrem Element. Sie hüpfte unablässig zwischen Herd und Tisch hin und her, und als ich ihr dabei zusah, kam mir der Gedanke, dass sie in einem früheren Leben eine Wachtel gewesen sein musste.
»Habt Ihr Jamie aufbrechen sehen?«, fragte ich, als sie kurz stehen blieb, um sämtliche Tassen nachzufüllen, in der anderen Hand eine große, noch ungebratene Wurst.
»Nein, nichts dergleichen.« Sie schüttelte den Kopf mit seinem ordentlichen, weißen Häubchen. »Ich habe nicht das Geringste davon mitbekommen. Ich habe gehört, wie mein alter Herr vor der Dämmerung aufgestanden ist, aber ich dachte, er ginge nur zum Abort, denn er stört mich nicht gern mit dem Lärm vom Nachttopf. Aber er ist nicht zurück gekommen, und als ich ganz wach war, waren sie alle fort. Ah! Hör sofort auf damit!«
Aus dem Augenwinkel sah sie eine Bewegung und hieb einem sechsjährigen MacLeodjungen die Wurst über den Schädel, woraufhin er abrupt seine Finger aus dem Marmeladenglas zog.
»Vielleicht sind sie ja auf die Jagd gegangen«, sagte Mrs. Aberfeldy schüchtern, während sie das kleine Mädchen auf ihrem Knie löffelweise mit Porridge fütterte. Sie war kaum neunzehn, und aus Respekt vor den älteren Frauen sagte sie nur selten etwas.
»Sie sollten besser nach Siedlungsplätzen und nach Bauholz jagen«, sagte Mrs. MacLeod und hob sich ein Baby an die Schulter, um ihm den Rücken zu klopfen. Sie schob sich eine ergrauende Haarsträhne aus dem Gesicht und lächelte mich ironisch an. »Nichts gegen Eure Gastfreundschaft, Mrs. Fraser, aber ich möchte den Winter lieber nicht unter Euren Füßen verbringen. Geordie! Lass die Zöpfe deiner Schwester in Ruhe, oder du wirst dir wünschen, du hättest es getan!«
Da ich so früh am Morgen noch nicht in Hochform war, lächelte ich vor mich hin und murmelte höflich etwas Unverständliches. Auch ich brannte nicht darauf, einen ganzen Winter lang fünf oder zehn zusätzliche Leute in meinem Haus zu beherbergen, aber ich bezweifelte, dass es sich vermeiden ließ.
Der Brief des Gouverneurs hatte wenig Spielraum für Interpretationen gelassen; alle gesunden Männer im Hinterland mussten sich als Milizionäre mustern lassen und sich Mitte Dezember in Cross Creek melden. Das ließ nicht viel Zeit zum Hausbau. Dennoch hoffte ich, dass Jamie etwas einfallen würde, wie sich die Überfüllung lindern ließ; Adso, das Kätzchen, hatte sich vorübergehend in einem Schrank in meinem Sprechzimmer einquartiert, und die Szene in der Küche nahm mit rasender Geschwindigkeit ihre tägliche Ähnlichkeit mit einem Gemälde von Hieronymus Bosch an.
Wenigstens hatte die voll gestopfte Küche ihre frühmorgendliche Kühle verloren und war jetzt angenehm warm und laut. Angesichts der Menschenmassen dauerte es jedoch einige Zeit, bevor ich bemerkte, dass nicht nur drei junge Mütter anwesend waren, sondern vier.
»Wo kommst du denn her?«, fragte ich erstaunt beim Anblick meiner Tochter, die in der Ecke der Kaminbank benommen unter einer Decke hockte.
Brianna blinzelte schläfrig und verlagerte Jemmy, der hochkonzentriert an ihrer Brust trank, ohne die Menge zu beachten.
»Die Muellers sind mitten in der Nacht aufgetaucht und haben bei uns an
die Tür gehämmert«, sagte sie gähnend. »Acht Mann hoch. Sie konnten nicht viel Englisch, aber ich glaube , sie haben gesagt, Pa hat sie rufen lassen.«
»Wirklich?« Ich griff nach einem Stück Rosinenkuchen, das ich einem der kleinen Chisholms knapp vor der Nase wegschnappte. »Sind sie noch da?«
»Hm-mm. Danke, Mama.« Sie streckte die Hand nach dem Kuchenstück aus, das ich ihr entgegen hielt. »Ja. Pa ist im Stockfinsteren gekommen und hat Roger aus dem Bett gezerrt, aber die Muellers schien er noch nicht zu brauchen. Als Roger fort war, ist
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