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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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einen Bärenhunger, aber ich blieb stehen und starrte zu ihm hinauf.
    »Nicht, dass ich es ihm wünschen würde«, sagte Roger schnell, als er mein Gesicht sah. »Wirklich nicht. Nur, wenn es so wäre...« Er brach ab und wandte schluckend den Blick ab. »Hör mal, sag Brianna nicht, dass mir dieser Gedanke gekommen ist, bitte.«
    Ich berührte leicht seinen Arm.
    »Ich glaube, dass sie es verstehen würde. Dass du dir Gewissheit wünschst.«

    Er warf einen Blick zur Küchentür, hinter der sich Briannas Stimme erhob und zu Jemmys lautstarkem Vergnügen »Clementine« sang.
    »Sie würde es vielleicht verstehen«, sagte er. »Das heißt aber nicht, dass sie es auch gern hören würde.«

22
    Das flammende Kreuz
    Die Männer waren fort. Jamie, Roger, Mr. Chisholm und seine Söhne, die Gebrüder MacLeod... sie alle waren vor Tagesanbruch verschwunden, und die einzige Spur, die sie hinterlassen hatten, waren die chaotischen Überreste eines hastigen Frühstücks und eine Ansammlung schmutziger Fußabdrücke auf der Eingangsschwelle.
    Jamie bewegte sich so leise, dass er mich nur selten weckte, wenn er unser Bett verließ, um sich im Dunkel vor der Dämmerung anzukleiden. Allerdings beugte er sich normalerweise über mich, um mir einen Abschiedskuss zu geben und mir eine rasche Liebkosung ins Ohr zu flüstern, so dass ich seine Berührung und seinen Geruch zurück in meine Träume mitnehmen konnte.
    Heute Morgen hatte er mich nicht geweckt.
    Diese Aufgabe hatte er den kundigen Händen eines Rudels halbwüchsiger Chisholms und MacLeods überlassen, die kurz nach Anbruch der Dämmerung direkt unter meinem Fenster eine lautstarke Auseinandersetzung austrugen.
    Im ersten Moment verwirrt durch die Rufe und Schreie, war ich abrupt erwacht, und meine Hände hatten automatisch nach Schwamm und Sauerstoffmaske, Injektionsnadel und Alkohol getastet, während ich die Notaufnahme eines Krankenhauses lebhaft vor mir sah. Dann holte ich Luft und roch Holzrauch, kein Äthanol. Ich schüttelte den Kopf und betrachtete blinzelnd die zerwühlte, blaugelbe Quiltdecke, die friedlichen Reihen der Kleider an ihren Haken und das klare, blasse Winterlicht, das durch die halb geöffneten Fensterläden fiel. Zuhause. Ich war zu Hause in Fraser’s Ridge.
    Unten flog krachend eine Tür auf, und der Lärm verstummte augenblicklich, gefolgt von raschelnden Fluchtgeräuschen, die von gedämpftem Kichern begleitet wurden.
    »Mmmpfm!«, sagte Mrs. Bugs Stimme voll grimmiger Genugtuung, weil es ihr gelungen war, die Unruhestifter aufzumischen. Die Tür schloss sich, und hölzernes Hämmern und metallenes Scheppern zeigten mir an, dass unter mir die Aktivitäten des Tages begannen.

    Als ich kurz darauf hinunterging, traf ich die gute Frau dabei an, wie sie gleichzeitig Brot röstete, Kaffee kochte, Porridge zubereitete und sich beim Aufräumen der Hinterlassenschaft der Männer beschwerte. Nicht über die Unordnung - was konnte man von Männern schon anderes erwarten? -, sondern vielmehr darüber, dass Jamie sie nicht geweckt hatte, um ihnen ein anständiges Frühstück zu machen.
    »Wie soll Ehrwürden denn so zurechtkommen?«, fragte sie bestimmt und schwang tadelnd die Toastgabel in meine Richtung. »So ein großer, kräftiger Mann, und jetzt ist er da draußen unterwegs und hat nichts als einen Schluck Milch und ein altes Brötchen im Bauch?«
    Ein verquollener Blick auf das Durcheinander aus Krümeln und schmutzigem Geschirr erweckte bei mir eher den Eindruck, dass Ehrwürden und seine Mannen mindestens zwei Dutzend Maismuffins und ein ganzes Brot auf dem Gewissen hatten, dazu ein gutes Pfund frische Butter, ein Glas Honig und die gesamte Milch des morgendlichen Melkens.
    »Ich glaube nicht, dass er Hunger leiden wird«, murmelte ich und pickte mit dem Zeigefinger einen Krümel auf. »Ist der Kaffee schon fertig?«
    Der Großteil der größeren Chisholm- und MacLeodkinder verbrachte die Nächte in Decken oder alte Tücher gewickelt am Herdfeuer. Sie waren schon auf den Beinen, ihre Bettdecken hinter der Kaminbank aufgetürmt. Als jetzt Essensgerüche das Haus zu durchwehen begannen, drangen murmelnde Geräusche durch die Wände und die Treppe herab, während die Frauen sich ankleideten und sich um die Babys und Kleinkinder kümmerten. Eine Schar kleiner Gesichter kehrte nach und nach von draußen zurück und lugte hungrig um die Ecke.
    »Habt ihr eure Dreckspfoten gewaschen, ihr gottlosen Geschöpfe?«, wollte Mrs. Bug bei ihrem Anblick wissen.

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