Das Flammende Kreuz
mich erneut der Medizintruhe zu. Hatte ich Lanolinsalbe dabei? Verflixt, nein. Solange Joan gestillt wurde, wollte ich kein Bärenschmalz benutzen; vielleicht Sonnenblumenöl...
»Einen Schluck Kaffee, meine Liebe?« Mr. MacLennan, der sie besorgt und mitfühlend beobachtet hatte, hielt ihr seine frische Tasse hin. »Meine Frau hat immer gesagt, dass heißer Kaffee die Schmerzen beim Stillen lindert. Mit Whisky darin wäre es noch besser -« Seine traurig hängenden Wangen strafften sich ein wenig. »Aber trotzdem...«
»Taing.« Marsali nahm die Tasse mit einem dankbaren Lächeln entgegen. »Ich bin heute Morgen völlig durchgefroren.« Sie nippte vorsichtig an der dampfenden Flüssigkeit, und ein Hauch von Röte stieg ihr in die Wangen.
»Kehrt Ihr morgen zurück nach Drunkard’s Creek, Mr. MacLennan?«, fragte sie höflich und reichte ihm die leere Tasse zurück. »Oder begleitet Ihr Mr. Hobson nach New Bern?«
Jamie blickte abrupt auf und unterbrach seine Unterhaltung mit dem Gefreiten Ogilvie.
»Hobson geht nach New Bern? Woher weißt du das?«
»Mrs. Fowles hat es gesagt«, erwiderte Marsali prompt. »Sie hat es mir erzählt, als ich bei ihr war, um mir ein trockenes Hemd für Germain zu borgen - sie hat einen Jungen in seiner Größe. Sie macht sich Sorgen um Hugh - das ist ihr Mann -, denn ihr Vater - das ist Mr. Hobson - möchte zwar, dass er mitgeht, aber er hat Angst.«
»Warum will Joe Hobson denn nach New Bern?«, fragte ich und lugte über den Rand meiner Medizintruhe hervor.
»Um dem Gouverneur eine Petition zu überreichen«, sagte Abel MacLennan. »Wird ihm eine Menge nützen.« Er lächelte Marsali ein wenig traurig zu. »Nein, Kleine. Um ehrlich zu sein, ich weiß nicht, wohin ich gehen werde. Auf jeden Fall aber nicht nach New Bern.«
»Auch nicht zurück zu Eurer Frau nach Drunkard’s Creek?« Marsali sah ihn besorgt an.
»Meine Frau ist tot, Kleine«, sagte MacLennan leise. Er legte sich sein rotes Halstuch über das Knie und strich die Falten glatt. »Seit zwei Monaten ist sie tot.«
»Oh, Mr. Abel.« Marsali beugte sich vor und ergriff seine Hand, die blauen Augen voller Mitgefühl. »Das tut mir so Leid!«
Er tätschelte ihr die Hand, ohne aufzublicken. Winzige Regentropfen schimmerten in seinen schütteren Haarsträhnen, und hinter seinem großen, roten Ohr rann Feuchtigkeit hinab, doch er machte keine Anstalten, sie fortzuwischen.
Jamie war während des Wortwechsels zwischen Abel und Marsali aufgestanden. Jetzt setzte er sich neben MacLennan auf den Baumstamm und legte dem kleineren Mann sanft eine Hand auf den Rücken.
»Das wusste ich gar nicht, a charaid «, sagte er leise.
»Nein.« MacLennan sah blicklos in die transparenten Flammen. »Ich - nun, ehrlich gesagt, hatte ich auch niemandem davon erzählt. Bis jetzt jedenfalls.«
Jamie und ich sahen uns über das Feuer hinweg an. Drunkard’s Creek konnte unmöglich mehr als zwei Dutzend Seelen beherbergen, die am Ufer verstreut in Blockhütten wohnten. Und doch hatten weder die Hobsons noch die Fowles’ Abels Verlust erwähnt - offensichtlich hatte er wirklich niemandem davon erzählt.
»Was ist denn geschehen, Mr. Abel?« Marsali hielt ihm immer noch die Hand, obwohl sie völlig leblos, mit der Handfläche nach unten, auf dem roten Halstuch lag.
Jetzt blickte MacLennan auf und blinzelte.
»Oh«, sagte er unbestimmt. »Es ist so viel geschehen, Und doch... eigentlich auch wieder nicht so viel. Abby... Abigail, meine Frau - sie ist am Fieber gestorben. Sie ist krank geworden und... gestorben.« Er klang vage überrascht.
Jamie goss einen Schluck Whisky in einen leeren Becher, ergriff eine von MacLennans widerstandslosen Händen und schloss sie um den Becher. Er hielt die Finger mit den seinen fest, bis MacLennans Hand fester zugriff.
»Trink das, Mann«, sagte er.
Alle schwiegen und sahen zu, wie MacLennan gehorsam den Whisky kostete, nippte, noch einmal nippte. Der junge Ogilvie rutschte nervös auf seinem Felsen herum und sah aus, als würde er sich am liebsten wieder zu seinem Regiment begeben, doch auch er blieb, wo er war, als fürchtete er, dass ein abrupter Aufbruch MacLennan irgendwie noch mehr verletzen würde.
MacLennans stumme Reglosigkeit zog alle Blicke auf sich, brachte jedes Gespräch zum Schweigen. Meine Hand schwebte beklommen über den Fläschchen in meiner Truhe, doch für so etwas hatte ich kein Heilmittel.
»Ich hatte genug«, sagte er plötzlich. »Wirklich.« Er blickte von seinem Becher
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