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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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würde. Andererseits«, fügte sie hinzu, und ihre Stimme nahm einen etwas schärferen, anklagenden Tonfall an, »hast du es auch getan.«
    Das saß, und ich presste meine Lippen fest zusammen.
    »Du hast gesagt, du willst nicht an Stephen Bonnet denken«, sagte ich und wandte den Blick von den turbulenten Gefühlen in ihrem Gesicht ab. »Natürlich nicht. Ich - wir - wollten nicht, dass du dazu gezwungen bist.« Mit der Gewissheit des Unausweichlichen begriff ich, dass Jamies Absichten mich mit in ihren Strudel zogen, auch wenn ich damit nicht einverstanden war.
    »Hör mal«, sagte ich energisch. Ich setzte mich aufrecht hin und sah Brianna scharf an. » Ich bin nicht diejenige, die das für eine gute Idee hält, und ich habe getan, was ich konnte, um Jamie davon abzubringen. Eigentlich«, fügte ich reumütig hinzu und wies auf Lord Johns Brief, »dachte ich auch, ich hätte ihn davon abgebracht. Anscheinend habe ich mich aber geirrt.«
    Ein entschlossener Blick verhärtete Briannas Mund, und sie setzte sich fester auf den Stuhl.
    » Ich werde ihn schon davon abbringen«, sagte sie.
    Ich sah sie an und dachte nach. Wenn jemand die nötige Sturheit und Charakterstärke besaß, um Jamie von seinem gewählten Pfad abzubringen, war es seine Tochter. Das war allerdings ein sehr großes »Wenn«.
    »Du kannst es ja versuchen«, sagte ich leicht skeptisch.
    »Ist das etwa nicht mein gutes Recht?« Ihr ursprünglicher Schrecken war verschwunden, und sie hatte ihre Gesichtszüge wieder unter Kontrolle; ihre
Miene war kalt und hart. »Bin ich es nicht, die zu sagen hat, ob ich will... was ich will?«
    »Doch«, sagte ich, und mir lief ein beklommenes Gefühl über den Rücken. Väter tendierten zu der Überzeugung, dass sie ebenfalls Rechte hatten. Dasselbe galt für Ehemänner. Doch vielleicht ließ ich das besser unausgesprochen.
    Vorübergehend überkam uns Schweigen, das nur von Jemmys Geräuschen und den Rufen der Krähen draußen unterbrochen wurde. Beinahe impulsiv sprach ich die Frage aus, die mir in den Sinn gekommen war.
    »Brianna. Was wünschst du dir? Wünschst du dir Stephen Bonnets Tod?«
    Sie sah mich an, dann wandte sie den Kopf ab und blickte aus dem Fenster, während sie Jemmy den Rücken tätschelte. Sie blinzelte nicht. Schließlich schlossen sich ihre Augen kurz, dann öffneten sie sich, um den meinen zu begegnen.
    »Das kann ich nicht«, sagte sie leise. »Ich fürchte, wenn ich diesen Gedanken jemals zulasse... könnte ich an nichts anderes mehr denken, so sehr würde ich es mir wünschen. Und der Teufel soll mich holen, wenn ich zulasse, dass... er mir mein Leben so ruiniert.«
    Jemmy rülpste klangvoll und spuckte ein wenig Milch. Brianna hatte sich ein altes Leinenhandtuch über die Schulter gelegt und wischte ihm damit zielsicher das Kinn ab. Er war jetzt ruhiger, hatte seinen Ausdruck verärgerter Orientierungslosigkeit verloren und konzentrierte sich gebannt auf irgendetwas jenseits der Schulter seiner Mutter. Ich folgte der Blickrichtung seiner klaren, blauen Augen und sah den Schatten eines Spinnennetzes hoch oben in der Ecke des Fensters. Ein Windstoß rüttelte den Fensterrahmen, und ein winziger Fleck bewegte sich ganz sacht im Zentrum des Netzes.
    »Ja«, sagte Brianna leise. »Ich wünsche mir seinen Tod. Aber noch viel mehr wünsche ich mir, dass Pa und Roger am Leben bleiben.«

38
    Traumzeit
    Roger war fort gewesen, um - wie beim gathering vereinbart - auf der Hochzeit von Joel MacLeods Neffen zu singen, und er war mit frischer Beute nach Hause gekommen. Jetzt konnte er es nicht abwarten, sie zu Papier zu bringen, bevor sie ihm entwischte.
    Er ließ seine schmutzigen Stiefel in der Küche stehen, nahm eine Tasse Tee und ein Rosinentörtchen von Mrs. Bug entgegen und begab sich ohne Verzug in das Studierzimmer. Dort saß Jamie und schrieb Briefe; er blickte auf
und nahm sein Kommen mit einem geistesabwesenden Murmeln zur Kenntnis, machte sich aber kommentarlos wieder an seine Arbeit, eine kleine Falte zwischen den dichten Augenbrauen, während seine Hand, die sich steif und ungeschickt um den Federkiel klammerte, die Buchstaben formte.
    In Jamies Studierzimmer stand ein kleines Bücherregal mit drei Brettern, das die gesamte Bibliothek von Fraser’s Ridge enthielt. Die ernsten Werke nahmen das obere Brett ein: ein Band mit lateinischen Gedichten, Caesars Gallischer Krieg , die Selbstbetrachtungen des Marc Aurel, ein paar andere Klassiker, Dr. Brickells Naturgeschichte North Carolinas

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