Das Flammende Kreuz
, eine Leihgabe des Gouverneurs, die Jamie nie zurückgegeben hatte, und ein viel benutztes Mathematikbuch, auf dessen Vorsatzblatt in holpriger Handschrift Ian Murray Junior stand.
Das mittlere Brett war der leichteren Lektüre überlassen: eine kleine Auswahl von Abenteuerromanen, etwas zerfleddert vom häufigen Gebrauch, darunter Robinson Crusoe, Tom Jones in sieben kleinen, in Leder gebundenen Bänden, Roderick Random in vier Bänden und Sir Henry Richardsons monströses Werk Pamela in zwei gigantischen Oktavbänden - deren erster mit diversen Lesezeichen verziert war, von einem zerfledderten, trockenen Ahornblatt bis hin zu einem zusammengefalteten Tüchlein. Sie markierten die Stellen, an denen die verschiedenen Leser stecken geblieben waren, bevor sie entweder vorübergehend oder endgültig aufgaben. Ein Exemplar von Don Quichote auf Spanisch, angenagt, aber sehr viel weniger abgenutzt, da Jamie der Einzige war, der es lesen konnte.
Das untere Brett enthielt ein Exemplar von Dr. Sam. Johnsons Wörterbuch , Jamies Notiz- und Geschäftsbücher, mehrere Bücher mit Briannas Zeichnungen und das schmale, in Buckram gebundene Tagebuch, in dem Roger die Texte unbekannter Lieder und Gedichte festhielt, die er bei ceilidhs oder an den Kaminfeuern aufschnappte.
Er stellte einen Stuhl an die andere Seite des Tisches, den Jamie als Schreibtisch benutzte und schnitt sich sorgfältig einen neuen Federkiel für sein Vorhaben zurecht; er wollte, dass seine Aufzeichnungen lesbar waren. Er wusste nicht genau, wozu seine Sammlung einmal nützlich sein würde, doch die instinktive Wertschätzung, die jeder Gelehrte für das geschriebene Wort hegt, war tief in ihm verwurzelt. Vielleicht diente das Buch nur seinem persönlichen Vergnügen und Gebrauch, doch er genoss das Gefühl, dass er vielleicht der Nachwelt etwas hinterließ, und er achtete darauf, deutlich zu schreiben und die Umstände zu dokumentieren, unter denen er das jeweilige Lied gehört hatte.
Das Studierzimmer war friedvoll, nur Jamie seufzte gelegentlich, wenn er inne hielt, um sich die verkrampfte Hand zu massieren. Nach einiger Zeit kam Mr. Bug an die Tür, und nach kurzer Unterredung stellte Jamie seinen Federkiel beiseite und ging mit dem Faktor nach draußen. Roger nickte vage, als sie sich von ihm verabschiedeten, denn sein Verstand war voll und ganz
in die Mühe vertieft, sich an den Text zu erinnern und ihn niederzuschreiben.
Als er eine Viertelstunde später fertig war, war sein Kopf angenehm leer, und er lehnte sich zurück und dehnte seine schmerzenden Schultern. Er wartete ein wenig, bis die Tinte gründlich getrocknet war und er das Buch wegstellen konnte, und ging währenddessen zum Regal, um eines von Briannas Zeichenbüchern vom unteren Brett zu ziehen.
Es würde ihr nichts ausmachen, wenn er einen Blick darauf warf; sie hatte ihm gesagt, dass er sich die Zeichnungen gern ansehen durfte. Von sich aus zeigte sie ihm nur dann und wann eine Zeichnung, mit der sie besonders zufrieden war oder die sie speziell für ihn angefertigt hatte.
Er blätterte die Seiten des Notizbuches durch und verspürte dabei jene Mischung aus Neugier und Respekt, die man empfindet, wenn man an ein Geheimnis rührt, während er nach kleinen Einblicken in die Arbeitsweise ihres Verstandes Ausschau hielt.
Dieses Buch enthielt viele Porträtentwürfe des Babys, eine Kreisstudie.
Beim Anblick einer kleinen Zeichnung hielt er inne, weil ihn die Erinnerung einholte. Die Zeichnung zeigte Jemmy im Schlaf, mit dem Rücken zum Betrachter, und sein kleiner, kräftiger Körper war zu einem Komma zusammengerollt. Neben ihm lag Adso, der Kater, ganz genauso zusammengerollt, sein Kinn auf Jemmys fetten, kleinen Fuß gestützt, und aus seinen Schlitzaugen sprach komatöse Seligkeit. Er konnte sich noch gut daran erinnern.
Sie zeichnete Jemmy oft - beinahe jeden Tag -, aber nur selten sein ganzes Gesicht.
»Babys haben gar keine richtigen Gesichter«, hatte sie zu ihm gesagt und einen stirnrunzelnden Blick auf ihren Nachwuchs geworfen, der emsig auf dem Lederriemen von Jamies Pulverhorn herumkaute.
»Oh, aye? Und was hat er da vorn an seinem Kopf?« Er hatte zusammen mit dem Baby und der Katze flach auf dem Boden gelegen und grinsend zu ihr aufgesehen, was es ihr noch leichter machte, ihn von oben herab zu betrachten.
»Ich meine, genau genommen. Natürlich haben sie Gesichter, aber sie sehen alle gleich aus.«
»Nur ein besonders schlauer Vater erkennt sein eigenes Kind, was?«,
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