Das Flammende Kreuz
Tabakpfeifen ungestört vor sich hinqualmen konnten. Da er Letztere für den besten Weg hielt, einer Unterbrechung vorzubeugen, schwenkte Jamie mit dem Major auf den gepflasterten Pfad ein, der auf die Ställe zuführte.
»Habt Ihr Wylies Friesen schon gesehen?«, fragte der Major, als sie in beiläufiger Unterhaltung das Haus so weit umrundeten, bis sie außer Hörweite waren.
»Aye, das habe ich. Der Hengst ist ein prächtiges Tier, nicht wahr?« Sein
Blick wanderte automatisch zu dem Paddock neben der Scheune. Der Hengst knabberte an den vertrockneten Unkräutern neben dem Trog, während die beiden Stuten einträchtig Kopf an Schweif in der Nähe des Stalles standen. Ihre breiten Rücken glänzten in der bleichen Sonne.
»Aye? Nun ja, vielleicht.« Der Major blickte blinzelnd zum Paddock hinüber und kniff in skeptischem Einverständnis ein Auge zu. »Kräftig gebaut, das muss ich sagen. Schöne Brust. Aber diese ganzen Haare - taugen nicht für ein Kavalleriepferd, obwohl, ganz weg, wenn man ihn anständig rasiert und bandagiert...«
Jamie unterdrückte das Bedürfnis zu fragen, ob der Major seine Frauen auch rasiert bevorzugte. Er hatte das Bild der gelösten Haarsträhne, die sich über diesen weißen Rücken ringelte, immer noch im Kopf. Vielleicht waren die Ställe ja besser geeignet... Er schob diesen Gedanken beiseite, um später darauf zurückzukommen.
»Es gab da etwas, das Euch beschäftigt, Major?«, fragte er ein wenig abrupter als beabsichtigt.
»Mich persönlich weniger«, erwiderte MacDonald gleichmütig. »Man hat mir gesagt, dass Ihr Euch für den Aufenthaltsort eines Gentleman namens Stephen Bonnet interessiert. Bin ich da richtig informiert, Sir?«
Der Name traf Jamie wie ein Schlag vor die Brust; er raubte ihm für eine Sekunde den Atem. Ohne, dass er bewusst darüber nachdachte, legte sich seine linke Hand um den Griff seines Dolches.
»Ich - ja. Ihr wisst, wo er sich aufhält?«
»Leider nein.« Angesichts seiner Reaktion zog MacDonald die Augenbrauen hoch. »Aber ich weiß, wo er sich aufgehalten hat. Ein durchtriebener Junge, unser Stephen, wie ich höre?«, erkundigte er sich mit scherzhaftem Unterton.
»Das kann man wohl sagen. Er ist ein Mörder, er hat mich beraubt - und meine Tochter vergewaltigt«, sagte Jamie unverblümt.
Der Major holte Luft, und sein Gesicht verdunkelte sich, als er begriff.
»Verstehe«, sagte er leise. Er hob kurz die Hand, als wolle er Jamies Arm berühren, doch dann ließ er sie an seine Seite sinken. Er ging noch ein paar Schritte, die Stirn konzentriert gerunzelt.
»Verstehe«, sagte er erneut, und jede Spur von Belustigung war aus seiner Stimme gewichen. »Ich wusste nicht... ja. Ich verstehe.« Er verfiel erneut in Schweigen und verlangsamte seine Schritte, als sie sich dem Paddock näherten.
»Ich nehme an, Ihr beabsichtigt, mir zu erzählen, was Ihr von dem Mann wisst?«, sagte Jamie höflich. MacDonald blickte zu ihm auf und schien zu begreifen, dass Jamie zu erfahren plante, was er wusste, ob im Gespräch oder durch direktere Methoden - und ganz gleich, was seine eigenen Absichten waren.
»Ich selbst bin dem Mann nie begegnet«, sagte MacDonald freundlich.
»Alles, was ich weiß, habe ich letzten Monat bei einer Abendgesellschaft in New Bern erfahren.«
Es war ein Whistabend, dessen Gastgeber Davis Howell war, ein wohlhabender Schiffseigner und Mitglied im Königlichen Rat des Gouverneurs. Die kleine, aber feine Gesellschaft hatte mit einem exzellenten Abendessen begonnen und war dann zu Konversation und Kartenspiel übergegangen, gut geölt mit Rumpunsch und Brandy.
Als der Abend spät wurde und der Rauch der Zigarillos die Luft schwer werden ließ, wurden die Gespräche achtloser, und man nahm scherzhaft Bezug auf die jüngsten Verbesserungen der Besitzverhältnisse eines gewissen Mr. Butler und spekulierte recht unverhüllt über die Quelle seiner neuen Reichtümer. Einer der Herren legte großen Neid an den Tag und ließ die Worte vernehmen: »Ach, hätte man doch einen Stephen Bonnet in der Tasche...« Dann brachte einer seiner Freunde, dessen Diskretion sich noch nicht vollends in Rum aufgelöst hatte, ihn mit dem Ellbogen zum Schweigen.
»War Mr. Butler unter den Anwesenden dieser soiree ?« , fragte Jamie scharf. Der Name war ihm nicht vertraut, doch wenn Butler mit Mitgliedern des Königlichen Rates bekannt war... nun, die Kreise der Macht in der Kolonie waren klein; irgendjemand würde bestimmt mit seiner Tante bekannt sein,
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