Das Flammende Kreuz
kleine Weibsbild weigerte sich natürlich, eine anständige Haube zu tragen, und hatte sich stattdessen irgendeine Narrheit angesteckt, einen Hauch von Spitze mit einem Gewirr aus Bändern und Hagebutten. Auch dies weckte in ihm das Bedürfnis zu lachen, und er wandte sich wieder den Trauerweiden zu und lächelte vor sich hin.
Schuld daran war nur der Anblick, den sie in ihrem neuen Kleid bot. Schon seit Monaten hatte er sie nicht mehr wie eine Dame gekleidet gesehen, mit schmaler Taille ganz in Seide gehüllt, die weißen Brüste rund und süß wie Winterbirnen im tiefen Ausschnitt ihres Kleides. Es war, als sei sie plötzlich eine andere Frau; eine, die ihm intim vertraut und doch aufregend fremd war.
Seine Finger zuckten, als er an jene eine, rebellische Locke dachte, die sich frei über ihren Hals kringelte, und an ihren schmalen Nacken und ihren warmen Rücken, den sie so ruchlos für ihn entblößt hatte - und daran, wie sich ihr runder, warmer Hintern durch ihre Röcke hindurch angefühlt hatte, als sie ihn an sein Bein presste. Seit einer Woche hatte er sie nicht mehr gehabt, da sie ständig von Menschenmassen umgeben waren, und er spürte deutlich, wie ihm das fehlte.
Seit sie ihm die Spermien gezeigt hatte, war er sich der Überfüllung, die dann und wann in seinen Hoden herrschen musste, unangenehm bewusst, ein Eindruck, der in Situationen wie dieser zwangsweise noch stärker wurde. Er wusste sehr wohl, dass keine Gefahr eines Risses oder einer Explosion bestand - und doch musste er ständig an das Gedränge denken, das dort vor sich ging.
Ohne Hoffnung auf Entrinnen in einer wimmelnden Masse gefangen zu sein, war eine seiner persönlichen Visionen von der Hölle, und er blieb dicht vor dem Vorhang aus Weidenbäumen stehen, um seine Hoden beruhigend zu drücken und so den Aufruhr hoffentlich ein wenig zu besänftigen.
Er würde warten, bis Duncan mit Brief und Siegel verheiratet war, beschloss er, und dann musste der Mann selbst zurechtkommen. Wenn er bis zum Anbruch der Nacht nichts besseres als einen Busch gefunden hatte, musste es eben ein Busch sein. Er schob einen Schwung Weidenzweige beiseite und duckte sich, um darunter hindurchzutreten.
»Duncan«, begann er und hielt dann inne. Der Wirbel anzüglicher Gedanken verschwand wie Wasser, das in einen Abfluss lief. Der rote Rock gehörte nicht Duncan Innes, sondern einem Fremden, der sich jetzt zu ihm umdrehte und genauso überrascht aussah, wie Jamie sich fühlte. Ein Mann in der Uniform der Armee Seiner Majestät.
Der Ausdruck plötzlicher Verblüffung verschwand beinahe ebenso schnell aus dem Gesicht des Mannes, wie sich Jamies Überraschung legte. Dies musste MacDonald sein, der Soldat auf halbem Sold, den Farquard Campbell ihm gegenüber erwähnt hatte. Offensichtlich hatte Farquard ihn dem Major ebenfalls beschrieben; er konnte sehen, dass der Mann wusste, wer vor ihm stand.
Auch MacDonald hatte einen Becher Punsch in der Hand; die Sklaven waren nicht müßig gewesen. Er leerte den Becher gemächlich, dann stellte er ihn auf die Steinbank und wischte sich mit dem Handrücken über die Lippen.
»Oberst Fraser, nehme ich an?«
»Major MacDonald«, erwiderte er mit einem halb höflichen, halb argwöhnischen Kopfnicken. »Stets zu Diensten, Sir.«
MacDonald verbeugte sich übertrieben förmlich.
»Oberst. Wenn ich Eure Zeit kurz in Anspruch nehmen dürfte?« Er blickte über Jamies Schulter hinweg; hinter ihnen am Ufer ertönten das Gekicher und die aufgeregten, kurzen Aufschreie einiger sehr junger Frauen, die von sehr jungen Männern verfolgt wurden. »Unter vier Augen?«
Jamie nahm mit säuerlicher Belustigung zur Kenntnis, dass der Mann seinen Miliztitel benutzte, nickte jedoch knapp und stellte seinen eigenen, noch halb vollen Becher neben dem des Majors ab.
Er neigte den Kopf fragend in Richtung des Hauses; MacDonald nickte und folgte ihm unter der Weide hervor, und lautes Rascheln und Kreischen verriet ihnen, dass Bank und Bäume jetzt dem jüngeren Element anheim gefallen waren. Er wünschte ihnen viel Glück damit und merkte sich die Stelle für seinen möglichen Eigenbedarf nach Anbruch der Dunkelheit vor.
Der Tag war kalt, aber windstill und sonnig, und eine Reihe von Gästen - zum Großteil Männer, die die zivilisierte Atmosphäre im Inneren des Hauses zu erdrückend fanden - standen diskutierend in Gruppen an den Ecken der Terrasse zusammen oder schlenderten über die Pfade des aufblühenden Gartens, wo ihre
Weitere Kostenlose Bücher