Das Flammende Kreuz
oder mit Farquard Campbell.
»Nein.« Sie hatten das Paddock erreicht; MacDonald lehnte sich mit verschränkten Armen auf den Zaun, die Augen auf den Hengst gerichtet. »Ich glaube, er lebt in Edenton.«
Dort lebte auch Philip Wylie. Der Hengst - Lucas, so hieß er - kam auf sie zu, die weichen, schwarzen Nüstern neugierig gebläht. Jamie hielt ihm automatisch die Fäuste hin, und da sich das Pferd als gutmütig erwies, rieb er ihm den schmalen Kiefer. So schön der Friese auch war, er bemerkte es kaum, denn seine Gedanken drehten sich wie ein Kreisel.
Edenton lag am Albemarle Sound und war per Schiff leicht zu erreichen. Also war es ausgesprochen wahrscheinlich, dass Bonnet sich wieder dem Seemannshandwerk zugewandt hatte - und damit auch der Piraterie und Schmuggelei.
»Ihr habt Bonnet einen durchtriebenen Jungen genannt«, sagte er und wandte sich MacDonald zu. »Warum?«
»Könnt Ihr gut Whist spielen, Oberst Fraser?« MacDonald sah ihn fragend an. »Ich kann es nur wärmstens empfehlen. Es hat einige Vorteile mit dem Schachspiel gemeinsam, denn man muss die Gedanken seines Gegenspielers erraten, und es hat den noch größeren Vorteil, dass man es zu mehreren spielen kann.«
Die harten Linien seines Gesichtes entspannten sich vorübergehend zu einem schwachen Lächeln. »Und den noch größeren Vorteil, dass man damit seinen Lebensunterhalt verdienen kann, was beim Schach selten der Fall ist.«
»Das Spiel ist mir vertraut«, sagte Jamie extrem trocken.
Major MacDonald war ein Offizier auf halbem Sold, der weder offizielle Pflichten noch ein aktives Regiment besaß. Es war alles andere als ungewöhnlich, dass solche Männer ihr mageres Einkommen dadurch aufbesserten, dass sie Informationen sammelten, die sie dann verkauften oder eintauschten. Es war zwar nicht von einer Bezahlung die Rede - noch nicht -, doch das bedeutete nicht, dass die Schuld nicht später noch abgerufen werden konnte. Jamie zeigte durch ein Kopfnicken an, dass er die Situation verstand, und MacDonald nickte seinerseits zufrieden. Wenn es an der Zeit war, würde er seine Wünsche äußern.
»Nun, Sir. Wie Ihr Euch vorstellen könnt, brannte ich darauf zu erfahren, wer dieser Bonnet sein könnte - und welche Gans ihn gelegt hatte, wenn er tatsächlich so ein goldenes Ei war.«
Doch nun waren MacDonalds Gesprächspartner wieder auf der Hut gewesen, und er konnte nichts weiter über den mysteriösen Bonnet in Erfahrung bringen - abgesehen davon, was für eine Wirkung er auf die Menschen hatte, die ihm begegneten.
»Ihr wisst doch, dass man oft genauso viel durch das erfährt, was die Leute nicht sagen, wie durch das, was sie sagen. Oder dadurch, wie sie es sagen?« Er fuhr fort, ohne Jamies Kopfnicken abzuwarten.
»Wir waren acht Spieler. Drei haben ihren Spekulationen freien Lauf gelassen, aber ich konnte sehen, dass sie auch nicht mehr über Bonnet wussten als ich selbst. Zwei weitere schienen weder etwas zu wissen noch schien es sie zu interessieren, aber die beiden letzten -« Er schüttelte den Kopf. »Sie sind sehr still geworden, Sir. Wie Menschen, die nicht vom Teufel sprechen möchten, weil sie fürchten, dass er dann kommt.«
MacDonalds Augen leuchteten spekulativ.
»Ihr kennt Bonnet persönlich?«
»Ja. Die beiden Herren, die ihn kannten?«
»Walter Priestly und Hosea Wright«, erwiderte MacDonald prompt. »Beide gute Freunde des Gouverneurs.«
»Kaufleute?«
»Unter anderem. Beide besitzen Lagerhäuser; Wright in Edenton und Plymouth, Priestly in Charleston, Savannah, Wilmington und Edenton. Priestly hat außerdem geschäftliche Interessen in Boston«, fügte MacDonald nachträglich hinzu. »Obwohl ich nicht viel darüber weiß, welcher Natur sie sind. Oh - und Wright ist Bankier.«
Jamie nickte. Er hatte beim Gehen die Hände unter den Rockschößen gefaltet; niemand konnte sehen, wie fest er seine Finger geballt hatte.
»Von Mr. Wright habe ich, glaube ich, schon gehört«, sagte er. »Philip Wylie hat erwähnt, dass ein Herr dieses Namens eine Plantage in der Nähe seiner eigenen besitzt.«
MacDonald nickte zustimmend. Seine Nasenspitze war rot geworden,
und auf seinen Wangen zeichneten sich kleine, geplatzte Blutgefäße ab, Überbleibsel jahrelanger Feldzüge.
»Aye, das dürfte Four Chimneys sein.« Er warf Jamie einen Seitenblick zu und betastete beim Nachdenken einen Backenzahn mit seiner Zunge.
»Dann habt Ihr also vor, ihn umzubringen?«
»Natürlich nicht«, erwiderte Jamie gleichmütig. »Einen
Weitere Kostenlose Bücher