Das Flammende Kreuz
deiner Mutter unterhalten. Ich habe den Rückweg durch den Gemüsegarten genommen, und da lag sie rücklings auf dem Misthaufen.«
»Das ist doch seltsam, oder?«, fragte sie. »Hat sie sich mit Absicht in den Garten gelegt, oder war es nur Zufall, dass du sie dort gefunden hast?«
Er schüttelte den Kopf.
»Ich weiß es nicht«, sagte er. »Aber ich habe vor, mich mit Betty zu unterhalten, sobald sie wieder nüchtern ist. Weißt du, wo deine Mutter ist?«
»Ja, sie ist bei Philip Wylie. Ich glaube, sie waren zum Stall unterwegs.« Die Nasenlöcher ihres Vaters blähten sich leicht, als er Wylies Namen hörte, und sie unterdrückte ein Lächeln.
»Ich finde sie schon«, sagte er. »Geh du unterdessen zu Phaedre und sprich mit ihr - und Brianna -«
Sie hatte sich schon zum Gehen gewandt; jetzt blickte sie überrascht zurück.
»Vielleicht solltest du Phaedre bitten, dass sie niemandem davon erzählt, es sei denn, jemand fragt sie, wo Betty ist. Und wenn das geschieht, soll sie es dir sagen - oder mir.« Er richtete sich abrupt auf und räusperte sich. »Dann such jetzt deinen Mann, Kleine - und Brianna? Seht zu, dass niemand merkt, was ihr tut, aye?«
Er zog eine Augenbraue hoch, und sie antwortete mit einem Kopfnicken. Dann machte er kehrt, und die Finger seiner rechten Hand klopften sanft gegen seinen Rock, als sei er tief in Gedanken versunken.
Der kühle Wind fuhr ihr unter den Rock und blies ihre Unterröcke auf, so dass sie heftig erschauerte. Sie verstand seine Andeutung ganz genau.
Wenn es weder ein Selbstmordversuch noch ein Unfall war - dann war es möglicherweise versuchter Mord. Doch an wem?
43
Bezirzt
Jamie hatte mich nach unserem kleinen Zwischenspiel zur Ermutigung ausgiebig geküsst und sich dann krachend durch das Unterholz davongemacht, um Ninian Bell Hamilton ausfindig zu machen und in Erfahrung zu bringen, was die Regulatoren in dem Feldlager im Schilde führten, das Hunter erwähnt hatte. Ich folgte ihm ins Freie, nachdem ich anstandshalber etwas gewartet hatte, blieb aber am Rand des Hains stehen, um mich zu vergewissern, dass ich schicklich aussah, bevor ich mich wieder unter die Leute begab.
Mir war schwindelig vor Wohlgefühl, und das Blut war mir in die Wangen gestiegen, doch ich hoffte, dass mich das allein nicht entlarven würde. Auch würde die Tatsache, dass ich aus dem Wäldchen kam, niemandem einen Grund zur Anklage geben; Frauen wie Männer traten oft in den Schutz der Bäume, die den Rasen umstanden, um einfach dort ihre Blase zu entleeren, anstatt die überfüllten, stinkenden Aborte aufzusuchen. Doch wenn ich errötet und schwer atmend mit Blättern im Haar und Harzflecken auf dem Rock aus dem Wald trat, würde dies für Gesprächsstoff hinter den Fächern sorgen.
Ich hatte ein paar Kletten und einen leeren Zikadenpanzer an meinem Rock hängen, einen gruseligen Auswuchs, den ich mit einem Schauder der Abneigung entfernte. An meiner Schulter klebten Hartriegelblätter; ich strich sie beiseite und tastete sorgfältig über mein Haar, aus dem ich weitere Blätter herauspickte, die wie duftende Papierschnipsel zu Boden segelten.
Erst als ich aus dem Schutz der Bäume heraustrat, kam mir die Idee, die Rückseite meines Rockes nach Flecken oder Rindenstückchen abzusuchen, und ich reckte gerade den Hals, um hinter mich zu blicken, als ich frontal mit Philip Wylie zusammenstieß.
»Mrs. Fraser!« Er packte mich an den Schultern, um zu verhindern, dass ich hintenüber fiel. »Ist Euch nicht gut, meine Liebe?«
»Doch, natürlich.« Meine Wangen brannten jetzt mit gutem Grund, und ich trat einen Schritt zurück und schüttelte mich, um mich zu sammeln. Warum prallte ich nur ständig auf Wylie? Lief die kleine Nervensäge mir etwa nach? »Ich bitte um Entschuldigung.«
»Unsinn, Unsinn«, sagte er jovial. »Es war ganz und gar meine Schuld. Sehr ungeschickt von mir. Darf ich Euch etwas holen, damit Ihr wieder zu Euch kommen könnt, meine Liebe? Ein Glas Cidre? Wein? Rumpunsch? Gewürzmilch? Apfelschnaps? Oder - nein, Brandy. Ja, erlaubt mir, Euch einen Brandy zu bringen, damit Ihr Euch von dem Schreck erholen könnt!«
»Nein, nichts, danke!« Ich musste unwillkürlich über sein absurdes Verhalten
lachen, und er grinste zurück und kam sich offenbar höchst geistreich vor.
»Nun, wenn Ihr Euch denn schon ganz erholt habt, verehrte Dame, müsst Ihr mit mir kommen. Ich bestehe darauf.«
Er hatte meine Hand in seine Ellenbeuge gesteckt und zog mich all meinen Protesten zum
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