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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Johannisbeeren.
    Jamie nahm ihr den Becher ab und runzelte die Stirn. Er steckte die Nase hinein, holte tief Luft, dann hielt er einen Finger in die Flüssigkeit und steckte ihn in den Mund.
    »Was ist denn?«, fragte Brianna, als sie sah, wie sich sein Gesicht veränderte.
    »Punsch«, sagte er, fuhr sich aber mit der Zungenspitze über die Zähne, als wollte er sie säubern. »Mit Laudanum, glaube ich.«
    »Laudanum? Bist du sicher?«
    »Nein«, sagte er unverblümt. »Aber er enthält mehr als nur getrocknete Johannisbeeren, so wahr ich Fraser heiße.« Er hielt ihr den Becher entgegen, und sie ergriff ihn und roch kräftig daran. Außer dem süßen, verbrannten Rumpunschgeruch konnte sie nicht viel ausmachen. Vielleicht war da ein Hauch von etwas Schärferem, Öligem, Aromatischem... vielleicht aber auch nicht.
    »Ich verlasse mich da auf dich«, sagte sie und wischte sich die Nasenspitze am Handrücken ab. Sie musterte die hingestreckte Dienstmagd. »Soll ich Mama suchen?«
    Jamie hockte sich neben die Sklavin und betrachtete sie genau. Er hob ihre schlaffe Hand auf und betastete sie, lauschte auf ihre Atmung, dann schüttelte er den Kopf.
    »Ich kann nicht sagen, ob sie betäubt ist oder nur betrunken - aber ich glaube nicht, dass sie im Sterben liegt.«
    »Was sollen wir mit ihr machen? Wir können sie doch nicht so liegen lassen.«
    Er blickte auf die Sklavin hinunter und runzelte die Stirn.
    »Nein, natürlich nicht.« Er bückte sich und nahm die Frau - ganz sanft - in seine Arme. Einer ihrer abgetragenen Schuhe fiel zu Boden, und Brianna hob ihn vom Weg auf.
    »Weißt du, wo sie schläft?«, fragte Jamie, während er seine bewusstlose Bürde vorsichtig um ein Gurkenspalier bugsierte.
    »Sie ist eine Haussklavin; sie muss unter dem Dach schlafen.«
    Er nickte und schüttelte den Kopf, um eine Haarsträhne loszuwerden, die ihm in den Mund geweht war.
    »Also gut, dann gehen wir um die Stallungen herum und sehen zu, ob wir die Hintertreppe hinaufkommen, ohne dass man uns sieht. Geh vor, ja, und gib mir ein Zeichen, wenn die Luft rein ist.«
    Sie versteckte den Schuh und den Becher unter ihrem Umhang, dann duckte sie sich und betrat rasch den schmalen Weg, der am Gemüsegarten
vorbei zum Küchenhaus und zum Abort führte. Sie blickte auf und ab und täuschte dabei Beiläufigkeit vor. Es standen ein paar Leute am Paddock, doch das war ein ganzes Stück entfernt - und sie hatten ihr den Rücken zugewandt und beobachteten gebannt Mr. Wylies holländische Rappen.
    Als sie sich umdrehte, um ihrem Vater ein Zeichen zu geben, fiel ihr Blick auf Mr. Wylie persönlich. Er führte gerade eine Dame in das Stallgebäude. Ein Aufglänzen goldener Seide - Moment, das war ja ihre Mutter! Claire drehte das blasse Gesicht kurz in ihre Richtung, konzentrierte sich aber ganz auf irgendetwas, das Wylie sagte, und sie bemerkte ihre Tochter nicht.
    Brianna zögerte, denn sie hätte ihre Mutter gern gerufen, doch das war unmöglich, ohne unerwünschte Aufmerksamkeit zu erregen. Nun, zumindest wusste sie, wo Claire war. Sie konnte zurückkommen und ihre Mutter zu Hilfe holen, sobald sie Betty sicher untergebracht hatten.
     
    Ein paar Mal waren sie dicht daran, entdeckt zu werden, doch schließlich gelang es ihnen, Betty in das langgezogene Speicherzimmer hinauf zu befördern, das sie mit den anderen weiblichen Hausbediensteten teilte. Jamie ließ sie keuchend auf eines der schmalen Betten fallen, dann wischte er sich die verschwitzte Stirn am Rockärmel ab, rümpfte seine lange Nase und begann, sorgsam die Dungkrümel von seinen Rockschößen abzustauben.
    »Nun denn«, sagte er ein wenig mürrisch. »Hier ist sie sicher untergebracht, aye? Wenn du einer von den anderen Sklavinnen sagst, dass es ihr nicht gut geht, wird es wohl niemand von Bedeutung herausfinden.«
    »Danke, Pa.« Sie beugte sich zu ihm hinüber und küsste ihm die Wange. »Das war wirklich lieb von dir.«
    »Oh, aye«, sagte er resigniert. »Meine Knochen werden es mir danken.« Dennoch sah er nicht unzufrieden aus. »Hast du ihren Schuh noch?« Er zog dem Dienstmädchen den verbleibenden Schuh aus und stellte ihn ordentlich neben sein Gegenstück unter das Bett, dann zog er der Frau sanft die grobe Wolldecke über die Füße, die in schmutzig weißen Florgarnstrümpfen steckten.
    Brianna überprüfte den Zustand des Dienstmädchens; so weit sie es beurteilen konnte, schien alles in Ordnung zu sein; die Frau schnarchte immer noch feucht, aber beruhigend

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