Das Flammende Kreuz
ich habe nicht vor, ihn zu behalten«, versicherte mir Jamie. Er sah das Pferd an und seufzte voll Bedauern. »Obwohl ich es liebend gern täte. Aber du hast Recht; wir können ihn in Fraser’s Ridge nicht brauchen. Nein, ich habe vor, ihn zu verkaufen.«
»Oh, gut.« Ich war erleichtert, das zu hören. Wylie würde Lucas mit Sicherheit zurück kaufen, ganz gleich, zu welchem Preis. Diesen Gedanken fand ich tröstlich. Und wir konnten das Geld gut brauchen.
Joshua war aus dem Stall gegangen, während wir uns unterhielten. Jetzt tauchte er wieder in der Tür auf, einen Sack Hafer auf den Schultern. Doch er bewegte sich nicht länger schleppend; seine Augen waren immer noch blutunterlaufen, aber er sah hellwach und leicht alarmiert aus.
»Mrs. Claire?«, sagte er. »Verzeihung, Ma’am, aber gerade ist mir Teresa vor der Scheune begegnet; sie sagt, irgendetwas stimmt mit Betty nicht. Ich dachte, vielleicht möchtet Ihr das wissen.«
50
Blut auf dem Dachboden
Das Speicherzimmer sah wie der Schauplatz eines Mordes aus, und zwar eines ziemlich brutalen Mordes. Betty wand sich neben ihrem umgestürzten Bett auf dem Boden, die Knie angezogen und die Fäuste in ihren Bauch gepresst. Der Musselinstoff ihres Hemdes war zerrissen und mit Blut durchtränkt.
Fentiman war bei ihr auf dem Boden, ein Zwerg neben ihrer Masse, doch er rang vergeblich mit ihrem krampfenden Körper und war beinahe genauso sehr mit Schleim verschmiert wie sie.
Die Sonne war jetzt ganz aufgegangen, und ihr Licht ergoss sich in leuchtenden Strahlen durch die winzigen Fenster, die wie Scheinwerfer auf Teile des Durcheinanders fielen und den Rest im Dunkel der Verwirrung beließen. Betten waren verrutscht und auf die Seite gekippt, die Bettwäsche zu Bergen aufgetürmt, abgetragene Schuhe und Kleidungsstücke lagen wie Müllfetzen zwischen den frischen Blutflecken auf dem Holzfußboden verstreut.
Ich eilte durch das Zimmer, doch bevor ich sie erreichen konnte, hustete Betty heftig gurgelnd auf, und noch mehr Blut strömte ihr aus Mund und Nase. Sie beugte sich vor, bäumte sich rückwärts, beugte sich erneut krampfhaft vor... und erschlaffte.
Ich fiel neben ihr auf die Knie, obwohl auf den ersten Blick klar war, dass ihre Gliedmaßen sich zu jener letzten Ruhe entspannt hatten, aus der es keine Hoffnung auf Wiederbelebung gab. Ich hob ihren Kopf und presste meine Finger unter ihr Kinn; ihre Augen waren in ihren Kopf zurückgerollt, und nur das Weiße war zu sehen. Keine Atmung, keine Spur eines Pulsschlags in ihrem klammen Hals.
Angesichts der Menge des Blutes, das im Zimmer verteilt war, nahm ich an, dass sie nicht mehr viel davon in ihrem Körper hatte. Ihre Lippen waren blau, und ihr Körper war aschfahl geworden. Fentiman kniete hinter ihr, ohne Perücke und mit weißem Gesicht, die mageren Arme immer noch um ihren schweren Torso geschlossen, so dass er ihren zusammengesunkenen Körper halb vom Boden weghielt.
Ich sah, dass er im Nachthemd war und sich hastig eine blaue Satinhose darunter gezogen hatte. Das Zimmer roch nach Blut, Galle und Kot, und er war mit allen drei Substanzen beschmiert. Er blickte zu mir auf, wenn er mich auch nicht zu erkennen schien und seine Augen vor Schock weit aufgerissen und ausdruckslos waren.
»Dr. Fentiman.« Ich sprach leise; jetzt, wo der Lärm des Kampfes verstummt war, war jene absolute Stille über den Speicher hereingebrochen, die dem Tod so oft auf dem Fuße folgt, und es schien mir ein Sakrileg zu sein, sie zu stören.
Er blinzelte, und sein Mund arbeitete zaghaft, doch er schien keine Ahnung zu haben, was er antworten sollte. Er regte sich nicht, obwohl die wachsende Blutpfütze ihm die Knie seiner Hose durchtränkte. Ich legte ihm eine Hand auf die Schulter; sie war zart gebaut, war jedoch stocksteif vor Unglauben. Ich kannte das Gefühl; einen Patienten zu verlieren, um den man gekämpft hat, ist etwas Furchtbares - und doch ist es etwas, das jeder Arzt kennt.
»Ihr habt getan, was Ihr konntet«, sagte ich leise und verstärkte meinen Griff. »Es ist nicht Eure Schuld.« Was tags zuvor geschehen war, war jetzt
nicht wichtig. Er war ein Kollege, und ich schuldete ihm jede Absolution, die zu erteilen in meiner Macht stand.
Er leckte sich die trockenen Lippen und nickte, dann beugte er sich nieder, um Bettys Körper sanft abzulegen. Ein Lichtstrahl, der seinen Scheitel streifte, durchleuchtete sein schütteres, graues Stoppelhaar und ließ seine Schädelknochen dünn und zerbrechlich erscheinen.
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