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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Er schien plötzlich sehr verletzlich zu sein und duldete ohne Widerrede, dass ich ihm aufhalf.
    Auf ein leises Stöhnen hin drehte ich mich um, ohne seinen Arm loszulassen. Eine kleine Traube weiblicher Sklaven kauerte in der dunklen Ecke des Zimmers, die Gesichter starr, während ihre dunklen Hände verstört über den bleichen Musselinstoff ihrer Hemden huschten. Draußen auf der Treppe erklangen Männerstimmen, gedämpft und nervös. Ich konnte hören, wie Ja─ mie leise und ruhig erklärte, was geschehen war.
    »Gussie?«, wandte ich mich mit dem ersten Namen, der mir einfiel, an die Frauen in der Ecke.
    Die Traube der Sklavinnen blieb noch einen Moment aneinander gedrängt, dann löste sie sich zögernd auf, und Gussie, ein hellbraunes, zartes Mädchen aus Jamaika mit einem blauen Kalikoturban, trat vor.
    »Madame?« Sie hielt die Augen auf die meinen gerichtet und vermied es standhaft, die reglose Gestalt auf dem Boden anzusehen.
    »Ich bringe Dr. Fentiman nach unten. Ich werde ein paar Männer kommen lassen, damit sie sich um... um Betty kümmern. Das hier...« Ich wies mit einer kleinen Geste auf das Durcheinander auf dem Boden, und sie nickte, immer noch schockiert, aber offensichtlich froh, etwas zu tun zu bekommen.
    »Ja, Madame. Das machen wir schon.« Sie zögerte, und ihr Blick huschte durch das Zimmer, dann sah sie wieder zu mir. »Madame?«
    »Ja?«
    »Jemand muss Phaedre sagen, was mit Betty passiert ist. Sagt Ihr es ihr, bitte?«
    Verblüfft sah ich genauer hin und erkannte, dass Phaedre nicht unter den Sklavinnen in der Ecke war. Natürlich, als Jocastas Leibdienerin würde sie unten in der Nähe ihrer Herrin schlafen, selbst in deren Hochzeitsnacht.
    »Ja«, sagte ich unsicher. »Natürlich. Aber─«
    »Betty hier ist ihre Mama«, sagte Gussie, als sie mein verständnisloses Gesicht sah. Sie schluckte, und in ihren sanften, braunen Augen schwammen Tränen. »Jemand ─ kann ich gehen, Madame? Kann ich zu ihr gehen und es ihr sagen?«
    »Bitte«, sagte ich, trat zurück und bedeutete ihr mit einer Geste zu gehen. Sie ging auf Zehenspitzen an der Leiche vorbei, dann hastete sie zur Tür, und ihre schwieligen, nackten Füße tappten leise über die Dielen.
    Doktor Fentiman tauchte allmählich aus seinem Schockzustand auf. Er löste sich von mir und bückte sich unter vagen Handbewegungen. Ich sah,
dass sein Arztkoffer im Lauf von Bettys Todeskampf umgestürzt worden war; Flaschen und Instrumente lagen in einem Durcheinander aus Metall und Scherben auf dem Boden verstreut.
    Doch bevor er seine Ausrüstung wieder an sich bringen konnte, gab es einen kurzen Aufruhr auf der Treppe, und Duncan betrat das Zimmer, gefolgt von Jamie. Ich stellte mit Interesse fest, dass Duncan immer noch seine Hochzeitskleider trug, wenn auch ohne Rock und Weste. War er überhaupt im Bett gewesen?, fragte ich mich.
    Er nickte mir zu, richtete den Blick jedoch sofort auf Betty, die jetzt ausgestreckt auf dem Boden lag, das blutige Hemd um die kräftigen, gespreizten Oberschenkel gewickelt. Eine Brust lugte aus dem zerrissenen Stoff hervor, schwer und schlaff wie ein halb gefüllter Mehlsack. Duncan kniff mehrmals die Augen zu. Dann wischte er sich mit dem Handrücken über den Schnurrbart und holte deutlich sichtbar Atem. Er bückte sich, um eine Bettdecke aus den Überresten der Verwüstung zu zupfen und legte sie sanft über die Tote.
    »Hilf mir mit ihr, Mac Dubh«, sagte er.
    Jamie, der begriff, was er vorhatte, kniete sich hin und nahm die Tote in seine Arme. Duncan richtete sich auf und wandte sich den Sklavinnen in der Ecke zu.
    »Macht euch keine Sorgen«, sagte er leise. »Ich sorge dafür, dass man sich um sie kümmert.« In seiner Stimme lag ein ungewöhnlicher Tonfall der Autorität, und ich begriff, dass er trotz seiner angeborenen Schüchternheit die Tatsache akzeptiert hatte, dass er jetzt hier der Herr war.
    Die Männer entfernten sich mit ihrer Bürde, und ich hörte Doktor Fentiman tief aufseufzen. Es fühlte sich an, als seufzte der ganze Speicher mit ihm; Gestank und Trauer lagen immer noch dick in der Luft, doch der Schock des gewaltsamen Todes begann zu verfliegen.
    »Lasst es liegen«, sagte ich zu Fentiman, als ich sah, dass er sich erneut anschickte, eine Flasche vom Boden aufzuheben. »Die Frauen kümmern sich schon darum.« Ohne auf seine Erwiderung zu warten, ergriff ich ihn fest am Ellbogen und schob ihn zur Tür hinaus und die Treppe hinunter.
    Die Leute waren erwacht; ich hörte

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