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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Ihr alles Menschenmögliche getan habt«, sagte ich. »Sie hat doch nicht aus dem Mund geblutet, als Ihr sie gestern Abend behandelt habt, oder?«
    Er schüttelte den Kopf und vergrub sich tiefer in seinem Umhang.
    »Nein. Aber ich mache mir trotzdem Vorwürfe, wirklich.«
    »So ist das nun einmal«, sagte ich reumütig. »Man hat immer das Gefühl, dass man noch irgendetwas hätte tun sollen.«
    Er hörte den tiefen Ernst in meiner Stimme und wandte sich mir mit überraschter Miene zu. Seine Anspannung ließ ein wenig nach, und die rote Farbe auf seinen Wangen begann zu verblassen.
    »Euer... Mitgefühl und Verständnis ist wirklich bemerkenswert, Mrs. Fräser.«
    Ich lächelte ihm zu, ohne etwas zu sagen. Er mochte ja ein Quacksalber sein, er mochte ignorant, arrogant und unbeherrscht sein - doch er war sofort gekommen, als man ihn rief, und er hatte um seine Patientin gekämpft, so gut er konnte. Damit war er für mich ein Arzt und verdiente mein Mitgefühl.
    Einen Augenblick später legte er seine Hand über die meine. Wir saßen schweigend da und sahen den Fluss vorüber ziehen, dunkelbraun und voller Winterschlamm. Die Steinbank unter mir war kalt, und der Morgenwind steckte seine eisigen Finger unter mein Hemd, doch ich war zu beschäftigt, um Notiz von solchen kleinen Unannehmlichkeiten zu nehmen. Ich konnte das trocknende Blut an seinen Kleidern riechen und sah erneut die Szene auf dem Speicher vor mir. Woran in aller Welt war die Frau gestorben?
    Ich hakte sanft nach, stellte ihm taktvolle Fragen und entlockte ihm sämtliche Details, die er gesammelt hatte, doch sie halfen mir nicht weiter. Er war sowieso kein guter Beobachter, und es war sehr früh gewesen, das Speicherzimmer dunkel. Doch im Laufe des Gesprächs wurde ihm leichter ums Herz,
und er entledigte sich allmählich jenes Gefühls persönlichen Versagens, das so oft der Preis für die Anteilnahme eines Arztes ist.
    »Ich hoffe, Mrs. Cameron - Mrs. Innes meine ich - wird nicht das Gefühl haben, dass ich ihre Gastfreundschaft verletzt habe«, sagte er beklommen.
    Das schien mir eine sehr seltsame Art der Formulierung zu sein. Andererseits... Betty war Jocastas Eigentum gewesen. Möglicherweise erwägte Doktor Fentiman ja über das Gefühl persönlichen Versagens hinaus die Möglichkeit, dass Jocasta ihm Vorwürfe machte, weil er Bettys Tod nicht verhindert hatte, und dass sie Rekompensation verlangen könnte.
    »Sie wird sicherlich begreifen, dass Ihr getan habt, was Ihr konntet«, sagte ich tröstend. »Wenn Ihr möchtet, rede ich mit ihr.«
    »Meine werte Dame.« Doktor Fentiman drückte mir dankbar die Hand. »Ihr seid so gütig, wie Ihr hübsch seid.«
    »Findet Ihr, Doktor?«
    Eine kalte Männerstimme ertönte in meinem Rücken, und ich fuhr auf und ließ Fentimans Hand fahren, als sei sie eine Hochspannungsleitung. Ich wirbelte auf der Bank herum und sah, dass Philip Wylie mit ausgesprochen sardonischer Miene am Stamm der Trauerweide lehnte.
    »>Gütig< ist nicht das Wort, das mir spontan in den Sinn kommt, muss ich sagen. >Sündig< vielleicht. >Lasterhaft< mit Sicherheit. Aber hübsch, ja - da habt Ihr Recht.«
    Seine Augen fuhren derart unverschämt von Kopf bis Fuß über meinen Körper, dass ich es absolut abstoßend gefunden hätte ─hätte mir nicht plötzlich gedämmert, dass Doktor Fentiman und ich Hand in Hand im Nachthemd dagesessen hatten. Ein Zustand, den man nur kompromittierend nennen konnte.
    Ich stand auf und zog mir mit großer Würde den Umhang um die Schultern. Seine Augen hingen an meinen Brüsten - mit einem wissenden Ausdruck?, fragte ich mich. Ich verschränkte die Arme unter meinen Brüsten und hob trotzig meinen Busen an.
    »Ihr vergesst Euch, Mr. Wylie«, sagte ich so kalt wie möglich.
    Er lachte, jedoch nicht so, als fände er irgendetwas komisch.
    »Ich vergesse mich? Habt Ihr nicht etwas vergessen, Mrs. Fraser? Euer Kleid zum Beispiel? Findet Ihr es so nicht ein wenig kalt? Oder wärmen Euch die Umarmungen des guten Doktors zur Genüge?«
    Doktor Fentiman, der über Wylies Auftauchen genauso erschrocken gewesen war wie ich, war aufgestanden und schob sich jetzt vor mich, die schmalen Wangen fleckig vor Wut.
    »Wie könnt Ihr es wagen, Sir! Wie könnt Ihr Euch anmaßen, so mit einer Dame zu reden? Wäre ich bewaffnet, Sir, ich würde Euch auf der Stelle dafür zur Rechenschaft ziehen!«
    Wylie hatte mich unverblümt angestarrt. Bei diesen Worten wanderte sein
Blick zu Fentiman, und er sah die Blutflecken an den

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