Das Flammende Kreuz
Dämonen, Leichenschändern und Wesen zu beschützen, die des Nachts herumrumpeln. Sehr nützlich.
»Ist das etwa Weihwasser?«, fragte ich ungläubig.
»Aye, natürlich. Vater LeClerc hat es mir vor seiner Abreise gegeben.« Er machte ein Kreuzzeichen über der Leiche und legte kurz die Hand auf die verhüllte Rundung des Schädels, bevor er mir kopfnickend seine widerstrebende Zustimmung erteilte fortzufahren.
Ich zog ein Skalpell aus meiner Tasche und durchtrennte vorsichtig die Naht des Leichentuches. Ich hatte eine stabile Nadel und gewachsten Faden zum Zunähen der Körperhöhle dabei; mit etwas Glück konnte ich ja auch das Leichentuch wieder so flicken, dass niemandem auffiel, was ich getan hatte.
Ihr Gesicht war so gut wie nicht mehr zu erkennen; die runden Wangen waren erschlafft und eingesunken, und die sanfte Röte ihrer schwarzen Haut war zu einem aschenen Grau verblasst, Lippen und Ohren ein bleiernes Violett. Das machte es mir leichter; es war deutlich, dass dies wirklich nur eine Hülle war, nicht die Frau, die ich gekannt hatte. Diese Frau würde - falls sie noch in der Nähe war - keine Einwände haben, dachte ich.
Jamie machte erneut ein Kreuzzeichen und sagte leise etwas auf Gälisch, dann stand er reglos da und hielt die Laterne hoch, so dass ich bei ihrem Licht arbeiten konnte. Das Licht warf seinen Schatten an die Schuppenwand,
gigantisch und unheimlich im Flackern der Flamme. Ich wandte den Blick ab und schaute auf meine Arbeit.
Auch die offiziellste, hygienischste, modernste Autopsie ist schlichtes Metzgerhandwerk; dies hier war nicht besser - und auch nur deshalb schlimmer, weil es mir an Licht und Spezialwerkzeugen fehlte.
»Du brauchst nicht zuzusehen, Jamie«, sagte ich und trat zurück, um mir mit dem Handgelenk über die Stirn zu wischen. Trotz der Kühle im Inneren des Schuppens hatte mich das anstrengende Sprengen des Brustbeins zum Schwitzen gebracht, und die überreifen Gerüche des geöffneten Körpers hingen schwer in der Luft. »An der Wand ist ein Nagel; du könntest die Laterne aufhängen, wenn du ein wenig nach draußen gehen möchtest.«
»Alles bestens, Sassenach. Was ist denn das?« Er beugte sich vor und zeigte mir vorsichtig mit dem Finger, was er meinte. Seine beunruhigte Miene war einem interessierten Ausdruck gewichen.
»Die Luftröhre und die Bronchien«, erwiderte ich und fuhr mit dem Skalpell über die wohlgeformten Knorpelringe, »und ein Stück der einen Lunge. Wenn es dir nichts ausmacht, könntest du dann bitte das Licht etwas näher nach hier halten?«
Da ich keine Spreizer hatte, konnte ich den Brustkorb nicht weit genug aufstemmen, um eine vollständige Lunge bloßzulegen, aber ich glaubte, dass ich genug sehen konnte, um eine Reihe von Möglichkeiten auszuschließen. Die Oberflächen beider Lungen waren schwarz und körnig; Betty war Mitte vierzig gewesen und hatte ihr ganzes Leben in der Nähe offener Holzfeuer verbracht.
»Jede Verschmutzung, die man einatmet und nicht wieder aushustet - Tabakrauch, Ruß, Smog, was auch immer -, wird allmählich zwischen dem Lungengewebe und dem Rippenfell hinaus geschoben«, erklärte ich ihm und hob mit der Skalpellspitze ein Stück der dünnen, halb durchsichtigen Rippenfellmembran an. »Aber der Körper kann den Schmutz nicht ganz abstoßen, also bleibt er einfach dort. Die Lunge eines Kindes wäre sauber und rosa.«
»Sehen meine Lungen auch so aus?« Jamie hustete automatisch auf, unterdrückte den Reflex dann aber. »Und was ist Smog?«
»Die Luft in Städten wie Edinburgh, wo sich der Rauch mit dem Nebel vermischt, der vom Wasser aufsteigt«, sagte ich geistesabwesend und räusperte mich leise, als ich die Rippen zurückzog, um in die dunkle Brusthöhle zu spähen. »Deine Lungen sehen wahrscheinlich nicht so schlimm aus, weil du viel Zeit im Freien oder in ungeheizten Räumen verbracht hast. Saubere Lungen gehören zu den Vorteilen eines Lebens ohne Feuer.«
»Das ist gut zu wissen, wenn man sowieso keine Wahl hat«, sagte er trocken. »Ich nehme an, die meisten Leute würden es lieber warm haben und husten, wenn sie es sich aussuchen könnten.«
Ich lächelte, ohne aufzublicken, während ich den oberen Lappen der rechten Lunge durchtrennte.
»Das würden sie, und sie tun es ja auch.« Kein Anzeichen einer Blutung in beiden Lungen; kein Blut in der Luftröhre, nichts, was auf eine Lungenembolie hingedeutet hätte. Keine Blutansammlungen in Brust oder Bauchhöhle, obwohl hier etwas durchsickerte.
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