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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Ruhe und Beklommenheit. Woher die Ruhe kam, verstand ich sogleich; der Geruch nach Blut und Blumen war den Düften von Rasierseife und körperwarmem Leinen gewichen, und das blassgoldene Licht, das zum Fenster hereinfiel, beleuchtete das Kissen neben mir, wo ein langes, rotgoldenes Haar in der Mulde glänzte, die jemand mit seinem Kopf erzeugt hatte. Jamie war da gewesen und hatte neben mir geschlafen.
    Als hätten meine Gedanken ihn herbeigerufen, öffnete sich die Tür, und er lächelte mich an. Er war rasiert, gekämmt und trug frische Kleider, seine Augen waren klar, und er schien alle Spuren der vergangenen Nacht verwischt zu haben - abgesehen von dem Ausdruck, mit dem er mich ansah. Zerzaust und ungekämmt, wie ich im Gegensatz zu seiner ordentlichen Erscheinung war, ließ ich mich trotz der Kühle des Zimmers von der Zärtlichkeit in seinen Augen wärmen.
    »Endlich erwacht. Hast du gut geschlafen, Sassenach?«
    »Wie eine Tote«, erwiderte ich automatisch und spürte einen kleinen Stich, als ich das sagte.
    Er sah es meinem Gesicht an und kam schnell herbei, um sich neben mir auf das Bett zu setzen.
    »Was ist denn? Hattest du einen bösen Traum, Sassenach?«
    »Nicht ganz«, sagte ich langsam. Ich konnte mich gar nicht erinnern, überhaupt geträumt zu haben. Und doch schien mein Verstand in den Schatten des Unterbewusstseins vor sich hin getickt zu haben, sich Notizen gemacht
und seine Schlüsse gezogen zu haben. Auf das Stichwort »tot« hatte er mir diese Schlussfolgerungen jetzt präsentiert - sie waren es, die an meinem Gefühl der Beklommenheit beim Erwachen schuld waren.
    »Diese Frau - Betty. Hat man sie schon beerdigt?«
    »Nein. Sie haben die Leiche gewaschen und sie in einen Schuppen gelegt, aber Jocasta wollte mit der Beerdigung bis morgen warten, um ihre Gäste nicht damit zu belasten. Ein paar von ihnen bleiben noch eine Nacht.« Er runzelte leicht die Stirn und beobachtete mich. »Wieso?«
    Ich rieb mir mit der Hand durch das Gesicht, weniger, um mich wach zu rütteln als vielmehr, um mir meine Worte zurechtzulegen.
    »Es ist etwas faul. An ihrem Tod, meine ich.«
    »Faul... inwiefern?« Er zog eine Augenbraue hoch. »Es war natürlich ein grauenhafter Tod - aber das ist es nicht, was du meinst, oder?«
    »Nein.« Meine Hände waren kalt; ich griff automatisch nach den seinen, und er ergriff sie und umfing meine Finger mit Wärme. »Ich meine, ich glaube nicht, dass es ein natürlicher Tod war. Ich glaube, jemand hat sie umgebracht.«
    Nun war es heraus, und die Worte hingen kalt und nackt zwischen uns in der Luft.
    Er zog die Augenbrauen zusammen und spitzte nachdenklich die Lippen. Doch ich nahm zur Kenntnis, dass er den Gedanken nicht gerade heraus zurückwies, und das bestärkte mich in meiner Überzeugung.
    »Wer?«, fragte er schließlich. »Und bist du dir sicher, Sassenach?«
    »Ich habe keine Ahnung. Und es ist unmöglich, es mit Bestimmtheit zu sagen«, räumte ich ein. »Es ist nur -« Ich zögerte, doch er drückte mir zur Ermunterung leicht die Hand. Ich schüttelte den Kopf. »Ich bin schon sehr lange Krankenschwester, Ärztin - Heilerin -, Jamie. Ich habe schon furchtbar viele Menschen sterben sehen, durch alle möglichen Ursachen. Ich kann nicht konkret in Worte fassen, was mich hier stört - aber jetzt, nachdem ich darüber geschlafen habe, weiß ich einfach - glaube ich -, es stimmt etwas nicht«, schloss ich schwach.
    Das Licht ließ nach; die Schatten senkten sich aus den Ecken des Zimmers herab, und ich erschauerte plötzlich und klammerte mich an seine Hände.
    »Ich verstehe«, sagte er leise. »Aber es gibt keine Möglichkeit, es zu beweisen, oder?«
    Das Fenster war immer noch halb geöffnet; ein Windstoß blies plötzlich die Vorhänge ins Zimmer, und ich spürte, wie ich vor Kälte auf den Armen eine Gänsehaut bekam.
    »Vielleicht doch«, sagte ich.

52
    A Hard Day’s Night
    Das Nebengebäude, in das man die Leiche gebracht hatte, stand ein gutes Stück vom Haus entfernt; es war ein kleiner Werkzeugschuppen am Rand des Gemüsegartens. Der abnehmende Mond stand tief am Himmel, warf aber noch so viel Licht, dass man den gepflasterten Weg sehen konnte, der durch den Gemüsegarten führte. Die Spalierobstbäume breiteten ihre Zweige schwarz wie Spinnweben vor den Mauern aus. Irgendjemand hatte hier gegraben; ich konnte die feuchte Kühle frisch gewendeter Erde riechen und erschauerte unwillkürlich bei dem Gedanken an Würmer und Schimmel.
    Jamie spürte es und legte

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