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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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waren, liefen aufgeregt durch den Gemüsegarten. Sie bewegten sich planlos und verständigten sich laut rufend, doch da der sinkende Mond die einzige Lichtquelle war, fiel es mir nicht schwer, mich im Schatten zu halten und an ihnen vorbeizuschlüpfen.
    Es war noch niemand aus dem Haus gekommen, doch es konnte nicht
mehr lange dauern, bis die Rufe und die Flammen Aufmerksamkeit erregten. Ich kauerte im Schatten eines großen Himbeerstrauches, als das Tor aufflog und zwei weitere Sklaven vom Stall herbeigeeilt kamen. Sie waren halb bekleidet und kaum zu verstehen und riefen irgendetwas, das mit Pferden zu tun hatte. Kräftiger Brandgeruch hing in der Luft; zweifellos dachten sie, der Stall stünde in Flammen oder sei kurz davor.
    Mein Herz schlug so fest gegen die Innenseite meines Brustkorbes, dass ich es spüren konnte wie eine Faust. Das schlaffe Herz, das ich gerade noch in der Hand gehalten hatte, stand mir plötzlich unangenehm vor Augen, und ich dachte daran, wie meines wohl jetzt aussehen musste - ein dunkelroter Knoten aus glattem Muskelgewebe, der in seiner Höhle zwischen den Lungen blind vor sich hinhämmerte.
    Meine Lungen funktionierten nicht annähernd so gut wie mein Herz; ich atmete kurz und heftig in keuchenden Zügen, die ich zu unterdrücken versuchte, weil ich Angst hatte, entdeckt zu werden. Was, wenn sie Bettys entweihten Körper aus dem Schuppen zerrten? Sie würden zwar nicht wissen, wer für die Verstümmelung verantwortlich war, doch ihre Entdeckung würde für einen schrecklichen Aufruhr sorgen und zu wilden Gerüchten und allgemeiner Hysterie führen.
    Über der rückwärtigen Mauer des Gemüsegartens leuchtete es jetzt rotglühend; das Dach des Schuppens begann zu brennen, und das Leuchten des Feuers zeigte sich in gleißenden, dünnen Linien, als die Kiefernholzschindeln zu qualmen begannen und sich einrollten.
    Der Schweiß kitzelte mich hinter den Ohren, doch das Atmen fiel mir ein wenig leichter, als ich die Sklaven zu einer eingeschüchterten Silhouette zusammengedrängt am hinteren Tor stehen sah. Natürlich - da der Schuppen schon so gründlich Feuer gefangen hatte, würden sie nicht versuchen, ihn zu löschen. Das nächste Wasser befand sich in den Pferdetrögen; bis sie die Eimer geholt hatten, würde der Schuppen schon fast in Schutt und Asche liegen. Es befand sich ja nichts Brennbares in seiner Nähe. Am besten ließ man ihn brennen.
    Über dem Schuppen erhob sich der Rauch in wirbelnden Wolken hoch in die Luft. Wenn man wusste, was sich im Inneren befand, war es nur zu leicht, sich spektrale Schatten in den durchsichtigen Wogen vorzustellen. Dann durchbrach das Feuer das Dach, und züngelnde Flammen ließen den Rauch von unten aufglühen - ein ebenso gespenstischer wie wunderschöner Anblick.
    Hinter mir brach jemand in schrilles Gejammer aus, und ich fuhr zurück und stieß mir den Ellbogen an der Mauer. Phaedre war durch das Tor gekommen, gefolgt von Gussie und einer anderen Sklavin. Sie rannte durch den Garten und schrie: »Mama!« In ihrem weißen Hemd fing sich das Licht der Flammen, die jetzt Funken sprühend durch die Löcher im Dach des Schuppens brachen.

    Die Männer am Tor fingen sie ab; die Frauen eilten ihr nach und streckten aufgeregt rufend die Arme nach ihr aus. Ich hatte plötzlich einen Blutgeschmack im Mund und merkte, dass ich mir auf die Unterlippe gebissen hatte. Ich schloss krampfhaft die Augen und versuchte, nicht auf Phaedres panische Schreie und den abwechselnden, tröstenden Singsang ihrer Begleiterinnen zu hören.
    Mich überkam ein fürchterliches Schuldgefühl. Ihre Stimme war Briannas Stimme so ähnlich, und ich konnte mir nur zu deutlich vorstellen, was Brianna wohl empfunden hätte, wenn es mein Körper gewesen wäre, der in dem Schuppen verbrannte. Doch Phaedre hätte noch Schlimmeres empfunden, wenn ich das Feuer nicht entfesselt hätte. Meine Hände zitterten vor Kälte und Anspannung, doch ich tastete nach meiner Tasche, die zu meinen Füßen auf den Boden gefallen war.
    Meine Hände fühlten sich steif und unangenehm an, weil trocknendes Blut und Lymphe an ihnen klebte. Ich durfte auf keinen Fall zulassen, dass man mich so sah. Ich wühlte mit der freien Hand in dem Sack herum und ertastete schließlich ein Glas mit Deckel, in dem ich normalerweise Blutegel aufbewahrte, sowie die kleine Flasche mit dem Gemisch aus Wasser und Alkohol zum Waschen.
    Ich konnte nichts sehen, aber ich spürte, wie das Blut wie Schuppen abplatzte, als ich meine

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