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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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über den Schädel gezogen und deine Tante gefesselt.«
    »Aye? Wer?« Er blickte zu Jocasta auf und legte Duncan eine Hand auf die Brust, als wollte er sich versichern, dass Duncan wirklich noch atmete.
    »Ich habe nicht die geringste Ahnung«, erwiderte sie unwirsch. »Wenn ich es wüsste, hätte ich längst Männer ausgesandt, um die Schufte zu jagen.« Ihre Lippen pressten sich zu einem dünnen Lächeln zusammen, und bei dem Gedanken an die Angreifer lief ihr Gesicht erneut rot an. »Hat denn niemand die Kerle gesehen?«

    »Ich glaube nicht, Tante Jocasta«, erwiderte Jamie ruhig. »Bei diesem Gewimmel im Haus weiß doch niemand, worauf er achten soll, aye?«
    Ich zuckte mit einer Augenbraue, und sah ihn wortlos fragend an. Was meinte er damit? War Bonnet entwischt? Denn es musste doch Bonnet gewesen sein, der in Jocastas Gemächer eingedrungen war; auch wenn es noch so sehr von Menschen wimmelte, konnten wohl kaum mehrere gewalttätige Kriminelle in ein und derselben Nacht auf River Run unterwegs sein.
    Jamie schüttelte kurz den Kopf. Er blickte auf meine Hände, sah das Blut unter meinen Nägeln und zog ebenfalls eine Augenbraue hoch. Hatte ich etwas entdeckt? Hatte ich genug Zeit gehabt, um Gewissheit zu erlangen? Ich nickte, und ein leiser Schauer durchfuhr mich; ja, ich wusste jetzt Bescheid.
    Mord, signalisierte ich ihm stumm mit den Lippen.
    Er drückte mir rasch zur Bestätigung den Arm und wandte sich um. Es war dem Major endlich gelungen, den Großteil der Menge in den Flur hinauszuschieben und die Hausdiener loszuschicken, damit sie etwas zur Wiederbelebung und Erfrischung besorgten, einen Stallknecht, damit er den Sheriff aus Cross Creek holte, die Männer, damit sie das Gelände nach den möglichen Übeltätern absuchten. Die aufgeregt tuschelnden Damen schickte er in den Salon hinunter. Der Major schloss die Tür fest hinter ihnen, dann kam er energisch zu uns herüber.
    »Sollen wir ihn auf das Bett legen?«
    Duncan begann, sich zu regen und zu stöhnen. Er hustete ein wenig und machte Würgegeräusche, doch glücklicherweise übergab er sich nicht. Jamie und Major MacDonald richteten ihn auf, indem sie seinen schlaffen Arm über Jamies Schultern legten, der Major ihn unter seinem Armstumpf ergriff und sie ihn so zu dem großen Himmelbett hinüberbugsierten, wo sie ihn ohne Rücksicht auf die seidene Quiltdecke ablegten.
    In einem atavistischen Anfall von Hausfrauentugend zog ich ihm die Schuhe aus und legte ihm ein weiches Kissen aus grünem Samt unter den Kopf. Es war mit Kleie gefüllt, knisterte aber leise unter meiner Hand und sonderte einen kräftigen Lavendelduft ab. Nun ja, Lavendel war gut gegen Kopfschmerzen, doch ich war mir nicht sicher, ob er für Beschwerden dieses Kalibers geeignet war.
    »Wo ist Phaedre?«
    Ulysses hatte Jocasta zu ihrem Sessel geleitet, und sie ließ sich tief in das Leder sinken und sah plötzlich erschöpft und alt aus. Gemeinsam mit der Wut war ihr auch die Farbe aus dem Gesicht gewichen, und ihre Frisur löste sich zunehmend in weiße Haarsträhnen auf, die ihr über die Schultern hingen.
    »Ich habe Phaedre zu Bett geschickt, Tante Jocasta.« Brianna war ins Zimmer gekommen, ohne dass wir es in dem Aufruhr bemerkt hatten, und hatte sich einer Entfernung durch den Major erfolgreich widersetzt. Sie beugte sich über Jocasta und berührte voll mitfühlender Sorge ihre Hand. »Keine Sorge, ich werde mich um dich kümmern.«

    Jocasta legte dankbar ihre Hand auf Briannas Hand, setzte sich jedoch aufrechter hin und machte ein verwirrtes Gesicht.
    »Sie zu Bett geschickt? Warum? Und was in Gottes Namen brennt denn hier?«
    Alarmiert fuhr sie kerzengerade auf. »Stehen etwa die Stallungen in Brand?« Der Wind hatte sich gedreht, und die Nachtluft, die durch eine zerbrochene Scheibe hereinströmte, roch stark nach Rauch und trug den schwachen, grauenvollen Geruch verbrannten Fleisches mit sich.
    »Nein, nein! Phaedre war sehr erschüttert«, erklärte Brianna vorsichtig. »Der Schuppen neben dem Gemüsegarten scheint abgebrannt zu sein; die Leiche ihrer Mutter...«
    Jocastas Gesicht verlor für ein paar Sekunden jeden Ausdruck. Dann richtete sie sich auf, und ihr Gesicht nahm eine ganz außergewöhnliche Miene an, etwas, das an Genugtuung zu grenzen schien, wenn es auch mit einer Spur von Verwirrung versetzt war.
    Jamie stand hinter mir. Offensichtlich sah er es ebenfalls, denn ich hörte ihn leise brummen.
    »Geht es dir besser, Tante Jocasta?«, fragte er

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