Das Flammende Kreuz
trocken.
Sie wandte ihm das Gesicht zu und zog eine Augenbraue hoch, als sie sardonisch antwortete.
»Sobald ich etwas getrunken habe«, sagte sie und nahm den Whisky entgegen, den Ulysses ihr zielsicher in die Hand drückte. »Doch, aye, Neffe, es geht mir gut. Aber was ist mit Duncan?«
Ich saß bei Duncan auf dem Bett, sein Handgelenk in meiner Hand, und konnte spüren, wie er langsam an die Oberfläche des Bewusstseins zurückkehrte, denn seine Augenlider begannen zu flattern, und seine Finger zuckten sacht unter meiner Handfläche.
»Er kommt gerade zu sich«, beruhigte ich sie.
»Gib ihm Brandy, Ulysses«, ordnete Jocasta an, doch ich gebot ihm kopfschüttelnd Einhalt.
»Noch nicht. Er könnte ersticken.«
»Bist du in der Lage, uns zu erzählen, was geschehen ist, Tante Jocasta?«, fragte Jamie mit hörbar gereizter Stimme. »Oder müssen wir warten, bis Duncan zu sich kommt?«
Jocasta seufzte und schloss kurz die Augen. Sie konnte genauso gut wie die anderen MacKenzies verbergen, was sie dachte, doch in diesem Fall war immerhin klar ersichtlich, dass sie nachdachte, und zwar heftig. Ihre Zungenspitze kam zum Vorschein und berührte eine wunde Stelle an ihrem Mundwinkel, und ich begriff, dass sie nicht nur gefesselt, sondern auch geknebelt gewesen sein musste.
Ich konnte spüren, dass Jamie hinter mir seine Gefühle kaum noch bezähmen konnte. Aus der Nähe konnte ich das Klopfen seiner Fingerspitzen hören, denn er trommelte leise mit seinen steifen Fingern auf den Bettpfosten.
So sehr ich darauf brannte, Jocastas Geschichte zu hören, ich brannte noch mehr darauf, mit Jamie allein zu sein, ihm zu erzählen, was ich entdeckt hatte und herauszufinden, was sich in der Dunkelheit des Gemüsegartens abgespielt hatte.
Draußen im Flur erklangen murmelnde Stimmen; nicht alle Gäste hatten sich zerstreut. Ich fing gedämpfte Satzfetzen auf - »... völlig verbrannt, nur die Knochen sind übrig«, »... gestohlen? Ich weiß es nicht...«, »...im Stall nachsehen«, »...ja, vollständig verbrannt...«. Mich durchfuhr ein heftiger Schauer, und ich klammerte mich fest an Duncans Hand, während ich gegen ein Panikgefühl ankämpfte, das ich nicht verstand. Ich muss ein merkwürdiges Gesicht gemacht haben, denn Brianna sagte leise: »Mama? Sie sah mich mit vor Sorge zerfurchter Stirn an. Ich versuchte, sie anzulächeln, doch meine Lippen fühlten sich steif an.
Jamies große, warme Hände senkten sich auf meine Schultern. Ohne es zu merken, hatte ich den Atem angehalten; bei seiner Berührung atmete ich leise keuchend aus und atmete dann normal weiter. Major MacDonald sah mich neugierig an, doch seine Aufmerksamkeit wurde durch Jocasta abgelenkt, die jetzt die Augen öffnete und ihr Gesicht in seine Richtung drehte.
»Ihr seid Major MacDonald, nicht wahr?«
»Stets zu Diensten, Ma’am.« Der Major verbeugte sich automatisch vor ihr, denn er vergaß - wie die meisten Leute -, dass sie ihn nicht sehen konnte.
»Ich danke Euch für Euren ritterlichen Einsatz, Major. Mein Gatte und ich stehen tief in Eurer Schuld.«
Der Major winkte mit einem höflichen Geräusch ab.
»Nein, nein«, beharrte sie. Sie richtete sich auf und strich sich mit einer Hand das Haar aus dem Gesicht. »Ihr habt unseretwegen große Mühe auf Euch genommen, und wir dürfen Eure Güte nicht weiter ausnutzen. Ulysses - bring den Major nach unten in den Salon und sorge dafür, dass er sich angemessen erfrischen kann.«
Der Butler verbeugte sich unterwürfig - erst jetzt bemerkte ich, dass er ein Nachthemd über einer Kniehose trug, deren Schnallen nicht geschlossen waren, sich jedoch die Perücke aufgesetzt hatte - und schob den Major bestimmt zur Tür. MacDonald sah geradezu lächerlich überrascht und nicht wenig verärgert darüber aus, dass man ihn auf diese zivilisierte Weise abservierte, denn er hatte offensichtlich vorgehabt, zu bleiben und die Details zu hören. Doch es war ihm unmöglich, sich Jocasta zu widersetzen, ohne dabei das Gesicht zu verlieren, also machte er gute Miene zum bösen Spiel und verabschiedete sich mit einer würdevollen Verbeugung.
Meine Panik ließ allmählich genauso verblüffend nach, wie sie gekommen war. Jamies Hände strahlten eine Wärme aus, die sich in meinem ganzen Körper auszubreiten schien, und das Atmen fiel mir nicht länger schwer. Ich konnte mich wieder auf meinen Patienten konzentrieren, der jetzt die Augen geöffnet hatte, wenn er es auch zu bedauern schien.
»Och, mo cheann !« Duncan
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