Das Flammende Kreuz
im Nebenzimmer geflüstert hatten - Fremde, die gekommen waren, um zu sagen, dass ihre Mutter nicht zurückkommen würde, dass sie gestorben war. Ein Unfall, ein Zusammenstoß, ein Brand. Bis auf die Knochen verbrannt, hatte die Stimme beeindruckt gesagt. Bis auf die Knochen verbrannt, und die Verzweiflung einer Tochter, die für immer allein zurückblieb. Meine Hand zitterte, und die schlierige Flüssigkeit rann Duncan über das Kinn.
Aber das ist lange her, und es war in einem anderen Land , dachte ich und stählte mich gegen die Flutwelle der Erinnerung. Und außerdem ...
Jocasta leerte ihren Becher, stellte ihn mit einem leisen Pochen hin und öffnete die Schatulle auf ihrem Schoß. In ihrem Inneren glimmerten Gold und Diamanten auf, und sie hob einen schmalen Holzstab heraus, auf dem drei Ringe steckten.
»Ich hatte einmal drei Töchter«, sagte sie. »Drei Mädchen. Clementina,
Seonag und Morna.« Sie berührte einen der Ringe, einen breiten Reif, der mit drei großen Diamanten besetzt war.
»Der war für meine Mädchen; Hector hat ihn mir geschenkt, als Morna geboren wurde - das heißt ›geliebt‹, wusstest du das?« Ihre freie Hand löste sich von der Schatulle und tastete sich suchend vor. Sie berührte Briannas Wange, und Brianna ergriff die Hand und nahm sie zwischen ihre eigenen.
»Ich hatte ein lebendes Kind aus jeder Ehe.« Jocastas lange Finger tasteten sich vorsichtig weiter und berührten nacheinander jeden einzelnen Ring. »Clementina war John Camerons Tochter. Als ich ihn geheiratet habe, war ich selbst kaum mehr als ein Kind; ich habe sie mit sechzehn bekommen. Seonag war die Tochter des Schwarzen Hugh - sie war dunkelhaarig wie ihr Vater, aber sie hatte die Augen meines Bruders Colum.« Sie richtete ihre eigenen, blinden Augen kurz auf Jamie, dann senkte sie den Kopf und berührte noch einmal den Ring mit den drei Diamanten.
»Und dann Morna, mein letztes Kind. Sie war erst sechzehn, als sie starb.«
Das Gesicht der alten Frau war finster, doch ihr Mund wurde weicher, als er die Namen der verlorenen Mädchen aussprach.
»Es tut mir so Leid, Tante Jocasta.« Brianna sprach sehr leise. Sie senkte den Kopf, um die vom Alter verknöcherte Hand zu küssen, die sie in der ihren hielt. Jocasta drückte ihr kurz und dankbar die Hand, ließ sich aber nicht von ihrer Geschichte ablenken.
»Hector Cameron hat mir diesen Ring geschenkt«, sagte Jocasta und berührte den Ring. »Und er hat sie alle umgebracht. Meine Kinder, meine Töchter. Um des Franzosengoldes willen hat er sie umgebracht.«
Der Schreck verschlug mir den Atem, und mein Magen fühlte sich hohl an. Ich spürte, wie Jamie hinter mir erstarrte und sah, wie Duncan seine rot unterlaufenen Augen weit aufriss. Briannas Miene veränderte sich nicht. Sie schloss kurz die Augen, ließ Jocastas lange, knochige Hand jedoch nicht los.
»Was ist mit ihnen geschehen, Tante Jocasta?«, sagte sie leise. »Erzähl es mir.«
Jocasta schwieg einen Moment. Im ganzen Zimmer war es still; es war nichts zu hören außer dem Zischen brennenden Bienenwachses und dem schwachen, asthmatischen Keuchen ihres Atems. Als sie weitersprach, richtete sie ihre Worte zu meiner Überraschung nicht an Brianna. Stattdessen hob sie den Kopf und wandte sich erneut an Jamie.
»Dann weißt du also von dem Gold, a mhic mo pheathar ?«, sagte sie. Wenn ihm diese Frage seltsam vorkam, ließ er es sich nicht anmerken, sondern er antwortete ganz ruhig.
»Ich habe davon gehört«, sagte er. Er trat um das Bett herum, um sich neben mich zu setzen und seiner Tante näher zu sein. »Es geistert seit Culloden als Gerücht durch die Highlands. Louis würde Gold schicken, hieß es, um seinem Vetter in seinem heiligen Kampf beizustehen. Und dann hieß es, das Gold sei gekommen, aber niemand hat es je zu Gesicht bekommen.«
»Ich habe es gesehen.« Jocastas breiter Mund, der dem ihres Neffen so sehr ähnelte, verzog sich plötzlich zu einer Grimasse und entspannte sich dann. »Ich habe es gesehen«, wiederholte sie.
»Dreißigtausend Pfund in Goldbarren. Ich war in der Nacht dabei, als es von dem französischen Schiff an Land gerudert wurde. Es waren sechs kleine Truhen, die so schwer waren, dass immer nur zwei auf einmal transportiert werden konnten, da sonst die kleinen Boote gesunken wären. In den Deckel jeder Truhe war eine Lilie geschnitzt, und sie waren mit Eisenbändern und Schlössern verschlossen, die Schlösser mit rotem Wachs versiegelt, und das Wachs trug den Abdruck
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