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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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das Lächeln, so gut ich konnte, obwohl der Strom mich zischend durchlief und meine Gesichtsmuskeln erstarren ließ.
    »Ich konnte dich nicht gehen lassen, ohne... wenigstens etwas zu sagen. ›Viel Glück‹ ist wahrscheinlich nicht schlecht.« Ich zögerte, denn weil ich plötzlich am liebsten viel mehr gesagt hätte, als die Zeit zuließ, blieben mir die Worte in der Kehle stecken. Schließlich sagte ich nur die wichtigen Dinge. »Jamie - ich liebe dich. Sei vorsichtig!«
    Er konnte sich nicht an Culloden erinnern, sagte er. Ich fragte mich plötzlich, ob sich dieser Gedächtnisverlust auch auf die Stunden vor der Schlacht erstreckte, in denen er und ich Abschied genommen hatten. Dann sah ich ihm in die Augen und wusste, dass es nicht so war.
    »›Viel Glück‹ ist nicht schlecht«, sagte er, und seine Hand verstärkte ihren Druck auf die meine, denn er war ebenso durch den Strom gefesselt, der zwischen uns dahin raste. »›Ich liebe dich‹ ist viel besser.«
    Er berührte meine Hand, hob die seine, berührte mein Haar und mein Gesicht und sah mir in die Augen, als wollte er sich einprägen, wie ich in diesem Moment aussah - für den Fall, dass es das letzte Mal war, dass er mich zu Gesicht bekam.
    »Mag sein, dass einmal ein Tag kommt, an dem wir beide uns wieder trennen müssen«, sagte er schließlich leise, und seine Finger strichen leicht wie die Berührung eines fallenden Blattes über meine Lippen. Er lächelte schwach. »Aber es wird nicht heute sein.«
    Die Töne eines Signalhorns drangen durch die Bäume, von weit her, aber durchdringend wie der Ruf eines Spechtes. Ich drehte mich um. Brianna saß reglos wie eine Statue auf ihrem Felsblock und blickte zum Wald.

64
    Signal zum Angriff
    Zur Beachtung: Auf dem Marsch wird das Abfeuern von drei Kanonenschüssen das Signal zur Bildung der Kampflinien und von fünf das Signal zum Angriff sein.
     
    - Schlachtordnung, Wm. Tryon
     
    Roger entfernte sich gemessenen Schrittes vom Lager der Regulatoren und zwang sich, weder zu laufen noch sich umzusehen. Es wurden zwar ein paar lautstarke Beleidigungen und halbherzige Drohungen in seine Richtung geschleudert, doch als er den Wald betrat, hatte die Menge das Interesse an ihm verloren und sich wieder ihrer lebhaften Kontroverse zugewandt. Es war zwar schon nach zwölf Uhr mittags, und für Mai war es ein heißer Tag, doch sein Hemd war durchgeschwitzt und klebte ihm auf eine Weise am Körper, die besser in den Juli gepasst hätte.
    Sobald er außer Sichtweite war, blieb er stehen. Er atmete schnell und fühlte sich ein wenig benommen, und ihm wurde übel von den Nachwirkungen des Adrenalins. Inmitten dieses Kreises feindseliger Gesichter hatte er nicht das Geringste empfunden - nichts. Doch jetzt, wo er heil davon gekommen war, zitterten seine Beinmuskeln, und seine Hände waren schon so lange zu Fäusten geballt, dass sie schmerzten. Er öffnete sie, streckte seine steifen Finger und versuchte, seine Atmung zu verlangsamen.
    Vielleicht war es dem nächtlichen Ärmelkanal und den Flugabwehrkanonen ja doch ähnlicher gewesen als er dachte.
    Doch er war davongekommen; er würde zu seiner Frau und seinem Sohn heimkehren. Dieser Gedanke versetzte ihm einen seltsamen Stich; tiefe Erleichterung, in die sich - ganz unerwartet - ein noch tieferer Schmerz um seinen Vater mischte, der weniger Glück gehabt hatte.
    Ein leichter Luftzug umwehte ihn, und sein willkommener, kühler Atemhauch spielte mit den feuchten Haaren an Rogers Hals. Er hatte Hemd und Rock durchgeschwitzt, und seine feuchte Halsbinde fühlte sich auf einmal so an, als würde sie ihn erwürgen. Er zog seinen Rock aus und zerrte an dem Halsband, das er schließlich mit bebenden Fingern abriss. Dann stand er mit geschlossenen Augen da, ließ das Stück Stoff an seiner Hand baumeln und atmete in tiefen Zügen, bis das Übelkeitsgefühl verging.
    Er rief sich sein letztes Bild von Brianna ins Gedächtnis. Sie hatte im Türrahmen gestanden und Jemmy auf dem Arm gehabt. Er sah ihre tränennassen Wimpern und die runden, ernsten Augen des Babys und spürte ein starkes Echo des Gefühls, das er mit Husband in der Blockhütte erlebt hatte; eine
Vision der Schönheit, ein unerschütterlicher Glaube an die Freude, der seinen Verstand und seine Seele in Geborgenheit wiegte. Er würde zu ihnen zurückkehren; das war alles, was zählte.
    Nach einer Weile öffnete er die Augen, hob seinen Rock auf und setzte sich in Bewegung. Allmählich wurde er körperlich - wenn auch

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