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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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sie und nickte. Sein Verstand arbeitete auf Hochtouren, und er überlegte, was er tun sollte. Er musste sie warnen, doch wie? Nicht vor all den anderen Frauen.
    Ein paar Sekunden stand er hilflos und befangen da, ohne zu wissen, was er tun sollte, dann kam ihm eine Idee. Er bückte sich und ergriff eine Ladung der triefenden Wäsche, die im Wasser ihre Beine umwirbelte. Damit drehte er sich um und kletterte die Böschung hinauf. Morag folgte ihm in plötzlicher Hast.
    »Was macht Ihr da?«, wollte sie wissen. »Halt, kommt mit meinen Kleidern zurück!«
    Er trug den feuchten Kleiderballen ein kleines Stück in den Wald, dann ließ er ihn lässig auf einen Busch fallen. Da er wusste, wie mühsam das Waschen war, achtete er darauf, die Kleidungsstücke nicht durch den Schmutz zu schleifen. Morag folgte ihm auf dem Fuße, das Gesicht rot vor Entrüstung.
    »Was glaubt Ihr denn, was Ihr da macht, Ihr gemeiner Dieb?«, fragte sie hitzig. »Gebt das zurück!«
    »Ich wollte sie nicht stehlen«, versicherte ihr Roger. »Ich wollte nur kurz allein mit Euch sprechen.«
    »Oh, aye?« Sie warf ihm einen argwöhnischen Blick zu. »Worüber denn?«
    Er lächelte sie an; er sah, dass sie nach wie vor dünn war, doch ihre Arme waren braun, und ihr schmales Gesicht hatte eine gesunde Farbe - sie war sauber und hatte das blasse, kränkliche Aussehen verloren, das sie an Bord der Gloriana gehabt hatte.
    »Ich wollte Euch fragen, ob es Euch gut geht«, sagte er leise. »Und Eurem Kind - Jemmy?« Es versetzte ihm einen seltsamen Schauder, diesen Namen laut auszusprechen, und für den Bruchteil einer Sekunde sah er das Bild Briannas in der Tür vor sich, ihren Sohn im Arm; es überlagerte seine Erinnerung an Morag, die im Zwielicht des Frachtraums ihr Baby im Arm hielt, bereit zu töten oder zu sterben, um es zu behalten.
    »Oh«, sagte sie, und ihr Argwohn ließ ein wenig nach und wich dem widerstrebenden Eingeständnis, dass er das Recht hatte, diese Frage zu stellen. »Es geht uns gut... beiden. Und meinem Mann auch«, fügte sie viel sagend hinzu.

    »Es freut mich, das zu hören«, versicherte er ihr. »Es freut mich sehr.« Er suchte befangen nach Worten. »Ich - habe dann und wann an Euch gedacht... mich gefragt, ob - ob alles in Ordnung ist. Als ich Euch jetzt gesehen habe... nun, ich dachte, ich erkundige mich, das ist alles.«
    »Oh, aye. Aye, ich verstehe. Nun, ich danke Euch wirklich, Mr. MacKenzie.« Bei diesen Worten blickte sie zu ihm auf und sah ihn mit ihren ernsten, braunen Augen direkt an. »Ich weiß, was Ihr für uns getan habt. Ich werde es nicht vergessen; ich schließe Euch jeden Abend in meine Gebete ein.«
    »Oh.« Roger fühlte sich, als hätte ihn ein weiches Gewicht vor die Brust getroffen. »Äh... danke.« Er hatte sich dann und wann gefragt, ob sie wohl je an ihn dachte. Erinnerte sie sich an den Kuss, den er ihr gegeben hatte, als er in dem Funken ihrer Wärme nach einem Schild gegen die Einsamkeit suchte? Er räusperte sich, und bei der Erinnerung daran wurde er rot.
    »Ihr - lebt in der Nähe?«
    Sie schüttelte den Kopf, und irgendein Gedanke, eine Erinnerung verhärtete ihren Mund.
    »Wir haben hier gelebt, aber jetzt - nun, das spielt keine Rolle.« Plötzlich sehr sachlich, wandte sie sich ab und begann, ihre nassen Kleider von dem Busch einzusammeln. Sie schüttelte jedes Stück aus, bevor sie es zusammenfaltete. »Ich danke Euch für Euer Interesse, Mr. MacKenzie.«
    Damit war er eindeutig entlassen. Er wischte sich die Hände an seiner Hose ab und trat von einem Fuß auf den anderen, denn er wollte nicht gehen. Er musste es ihr sagen - doch jetzt, da er sie wiedergefunden hatte, widerstrebte es ihm seltsam, sie einfach nur zu warnen und zu gehen; er war voller Neugier - voll Neugier und einem seltsamen Gefühl der Verbundenheit.
    Vielleicht war es ja auch gar nicht so seltsam; diese kleine, braunhaarige Frau war seine Verwandte, gehörte zu seiner Familie - die einzige Blutsverwandte, der er nach dem Tod seiner Eltern je begegnet war. Zugleich jedoch war ihm klar, dass es ausgesprochen seltsam war, doch da streckte sich seine Hand schon aus und legte sich um ihren Arm. Sie war schließlich seine Ur-Urgroßmutter.
    Sie erstarrte und versuchte, sich ihm zu entwinden, doch er hielt sie am Unterarm fest. Ihre Haut war kalt vom Wasser, doch unter seinen Fingern spürte er ihren Puls.
    »Wartet«, sagte er. »Bitte. Nur einen Moment. Ich - ich muss Euch... etwas sagen.«
    »Nein, das müsst Ihr nicht.

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