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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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wühlte nach dem abgenutzten, tragbaren Schreibtisch, den er unterwegs dabei hatte.
    »Liebesbriefe?«, schlug Jamie vor und grinste mich an. »Oder vielleicht Sonette?« Er warf Roger die Schreibunterlage zu, und dieser fing sie zielsicher auf, während ich protestierend aufschrie. »Aber bevor du ein Epos zu William Tryons Ehren verfasst, Roger Mac, kannst du mir vielleicht mit einem Bericht aushelfen, wie es dazu gekommen ist, dass unser gemeinsamer Verwandter versucht hat, dich zu ermorden?«
    Roger stand ein paar Sekunden stocksteif da und hielt die Schreibunterlage umklammert, doch dann lächelte er Jamie schief an und nickte langsam.
    Er hatte angefangen, während die anderen das Lager aufschlugen, eine Pause eingelegt, um zu Abend zu essen, und sich dann wieder an seine Aufgabe gemacht. Es war eine ermüdende Arbeit, die nur schleichend voranging; die Brüche waren zwar weitgehend verheilt, doch seine Hände waren ziemlich steif, wund und unbeweglich. Der Federkiel war ihm ein Dutzend Mal hingefallen. Meine Fingergelenke begannen schon vom bloßen Hinsehen zu schmerzen.
    »Au! Wirst du wohl damit aufhören? « Ich reinigte gerade einen Topf mit Binsen und Sand, und als ich aufblickte, sah ich Brianna mit ihrem Sohn ringen, der sich rückwärts über ihren Arm gebogen hatte, mit allen Vieren um sich trat und jene Art von nervenaufreibendem Theater machte, das selbst die hingebungsvollsten Eltern manchmal an Kindesmord denken ließ. Ich sah, wie Roger angesichts des Lärms die Schultern hochzog, doch er fuhr hartnäckig fort zu schreiben.
    »Was ist denn mit dir los? «, fragte Brianna unwirsch. Sie kniete sich hin und rang Jemmy in eine halb sitzende Position nieder. Offenbar versuchte sie, ihn hinzulegen, um ihn für die Nacht frisch zu wickeln.

    Seine Windel hatte es in der Tat nötig, denn sie war nass, schmutzig und hing dem Kleinen fast auf den Knien. Jemmy hatte den Großteil des Nachmittags schlafend im Wagen verbracht, beim Erwachen empfindlich auf die Sonne reagiert und eine äußerst gereizte Laune an den Tag gelegt. Auch jetzt war er nicht in der Stimmung, mit sich reden zu lassen, geschweige denn, sich wickeln und ins Bett stecken zu lassen.
    »Vielleicht ist er ja noch nicht müde«, meinte ich. »Aber gegessen hat er doch, oder?« Dies war eine rhetorische Frage; Jemmys Gesicht war mit Pudding beschmiert, und er hatte Toast- und Eierkrümel in den Haaren.
    »Ja.« Brianna raufte sich die Haare, die zwar sauberer, aber auch nicht weniger zerzaust waren. Jemmy war nicht das einzige Mitglied der Familie MacKenzie, das gereizt war. »Mag ja sein, dass er nicht müde ist, aber ich bin es.« Das stimmte; sie war fast den ganzen Tag neben dem Wagen hergelaufen, um auf den Steigungen die Kräfte der Pferde zu schonen. Genau wie ich.
    »Lass ihn doch hier und geh dich waschen, ja?«, sagte ich und unterdrückte dabei edelmütig ein Gähnen. Ich ergriff einen großen Holzlöffel und winkte Jemmy, der auf Händen und Knien hin und her wackelte und grauenvolle Heullaute von sich gab, verlockend damit. Als er den Löffel erspähte, stellte er den Lärm ein, blieb aber mit argwöhnischer Miene auf der Stelle hocken.
    Ich ergänzte den Köder durch einen leeren Becher, den ich neben ihm auf den Boden stellte. Das reichte; er ließ sich mit einem Glitschgeräusch auf seinem Hintern nieder, packte den Löffel mit beiden Händen und machte sich daran, den Becher damit in den Staub zu hämmern.
    Brianna warf mir einen Blick zu, der tiefe Dankbarkeit ausdrückte, und verschwand im Wald, die Böschung zum Bach hinunter. Eine schnelle Katzenwäsche mit kaltem Wasser inmitten eines dunklen Waldes bot zwar nicht ganz dieselbe, idyllische Ablenkung wie ein duftendes Schaumbad bei Kerzenschein - aber das Wort, das hier zählte, war »Ablenkung«. Wie ich aus Erfahrung wusste, wirkt ein wenig Abgeschiedenheit Wunder für eine Mutter. Und wenn Sauberkeit auch nicht unbedingt der Göttlichkeit gleichkam, betrachtete man das Universum doch gleich optimistischer, wenn man nach einem Tag voller Schweiß, Schmutz und Dreckswindeln endlich wieder saubere Füße, Hände und ein gewaschenes Gesicht hatte.
    Ich musterte meine eigenen Hände kritisch; ich hatte Pferde geführt, Feuer gemacht, gekocht und Töpfe geschrubbt, und auch meine Einstellung zum Universum ließ zu wünschen übrig.
    Doch Wasser war nicht die einzige Flüssigkeit, mit der man seine Laune verbessern konnte. Jamie reichte mir von hinten einen vollen Becher und

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