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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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haben.« Brianna musterte ihre Mutter aus dem Augenwinkel heraus. Sie konnte sich nur zu gut daran erinnern, wie es war, keine Mutter mehr zu haben - und an die schiere Glückseligkeit, wieder bemuttert zu werden. Sie warf automatisch einen Blick auf Jemmy, der in eine lebhafte, wenn auch größtenteils unverständliche Unterhaltung mit Adso, dem Kater, vertieft war.

    Claire nickte und rieb die gehackte Rinde zwischen ihren Händen in ein kleines, rundes Glas mit Alkohol.
    »Ja. Aber ich bin trotzdem froh, dass sie noch etwas warten - Lizzie und Manfred, meine ich - und sich erst aneinander gewöhnen.« Man war überein gekommen, dass die Hochzeit im nächsten Sommer stattfinden würde, wenn Manfred sein Geschäft in Woolam’s Creek fertig eingerichtet hatte. »Ich hoffe, das wirkt.«
    »Was?«
    »Die Hartriegelrinde.« Claire verkorkte das Gefäß und stellte es in den Schrank. »In Dr. Rawlings’ Notizbuch steht, dass man sie als Ersatz für Chinarinde benutzen kann - Chinin, du weißt schon. Und sie ist eindeutig leichter zu beschaffen, ganz zu schweigen davon, dass sie billiger ist.«
    »Toll - ich hoffe sehr, dass sie wirkt.« Lizzies Malaria hatte sich seit mehreren Monaten nicht mehr gemeldet - doch die Gefahr eines Rückfalls bestand immer, und Chinarinde war furchtbar teuer.
    Ihr vorheriges Gesprächthema ging Brianna nicht aus dem Sinn, und sie nahm es wieder auf, während sie jetzt ihren Mörser mit einer frischen Hand voll Salbeiblätter füllte, deren Poren sie sorgfältig öffnete, bevor sie sie ziehen ließ.
    »Du hast gesagt, als du klein warst, hattest du nicht vor, Ärztin zu werden. Aber später scheinst du es doch sehr zielstrebig angegangen zu sein.« Sie konnte sich bruchstückhaft, aber lebhaft an Claires medizinische Ausbildung erinnern; sie konnte immer noch die Krankenhausgerüche riechen, die sich in den Kleidern und Haaren ihrer Mutter verfangen hatten, und die sanfte, kühle Berührung der grünen Kittel spüren, die ihre Mutter manchmal trug, wenn sie spät von der Arbeit heim kam und ihr einen Gutenachtkuss gab.
    Claire antwortete nicht sofort, sondern konzentrierte sich auf die getrockneten Maisfäden, die sie reinigte, indem sie verrottete Stellen herausriss und sie aus dem offenen Fenster warf.
    »Nun«, sagte sie schließlich, ohne die Augen von ihrer Arbeit abzuwenden. »Menschen - und das gilt ganz und gar nicht nur für Frauen - Menschen, die wissen , wer sie sind und wozu sie da sind... sie finden einen Weg. Dein Vater - Frank, meine ich -« Sie hob die gereinigten Seidenfäden auf und legte sie in einen kleinen, geflochtenen Korb. Dabei verstreute sie winzige Fragmente auf der ganzen Arbeitsfläche. »Er war ein sehr guter Historiker. Er hatte Spaß an dem Thema, und er besaß die Gaben der Disziplin und der Konzentration, die ihm zum Erfolg verholfen haben, aber es war keine echte - keine Berufung für ihn. Er hat es mir selbst gesagt - er hätte genauso gut einen anderen Beruf ausüben können, und es hätte ihm nicht viel ausgemacht. Doch manchen Menschen bedeutet eine Sache alles. Und wenn das so ist... nun, die Medizin hat mir viel bedeutet. Anfangs wusste ich das nicht, aber dann ist mir klar geworden, dass es einfach meine Bestimmung war.
Und als ich das einmal wusste...« Sie zuckte mit den Achseln, schüttelte ihre Hände aus und bedeckte den Korb mit einem Stück Leinen, das sie mit Zwirn festband.
    »Ja, aber... man kann nicht immer das tun, wozu man bestimmt ist, oder?«, sagte sie und dachte an die schartige Narbe an Rogers Hals.
    »Nun ja, manchmal zwingt einem das Leben natürlich gewisse Dinge auf«, murmelte ihre Mutter. Sie blickte auf und sah Brianna in die Augen, und ihr Mund verzog sich zu einem kleinen, ironischen Lächeln. »Und was den Durchschnittsmenschen angeht - er führt so oft einfach das Leben, das er vorfindet. Marsali zum Beispiel. Ich glaube nicht, dass es ihr je in den Sinn gekommen ist, etwas anderes zu tun als das, was sie tut. Ihre Mutter hat einen Haushalt geführt und Kinder aufgezogen; sie sieht keinen Grund, es anders zu machen. Und doch -« Claire zuckte mit einer Schulter und streckte die Hand nach dem anderen Mörser aus. »Sie hatte eine große Leidenschaft-für Fergus. Und das hat ausgereicht, um sie aus dem Sumpf zu reißen, der ihr Leben gewesen wäre -«
    »Und in ein anderes hinein, das genauso ist?«
    Claire senkte den Kopf zu einem halben Nicken, ohne aufzublicken.
    »Das genauso ist - nur, dass sie in Amerika ist, nicht

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