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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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geschehen.
    »Ich habe Euch etwas mitgebracht«, sagte er. »Aus Salem.« Das Lächeln lag ihm nach wie vor auf den Lippen, doch es schien vollkommen vom Ausdruck seiner Augen abgekoppelt zu sein.
    »Ich möchte es nicht«, sagte sie. »Ich meine - danke. Aber nein. Es ist nicht recht - und mein Mann würde es nicht wollen.«
    »Er braucht es ja nicht zu wissen.« Er trat einen Schritt auf sie zu; sie trat einen zurück, und sein Lächeln wurde breiter.
    »Ich habe gehört, Euer Mann ist in diesen Tagen nicht oft zu Hause«, sagte er leise. »Das hört sich einsam an.«
    Er streckte seine große Hand aus, um ihr Gesicht zu berühren. Dann erklang
ein seltsames, leises Geräusch, eine Art fleischiges Tnk!, und sein Gesicht verlor jeden Ausdruck, während sich seine Augen vor Schreck weiteten.
    Sie starrte ihn an, denn sie begriff ganz und gar nicht, was geschehen war. Dann richtete er seinen stieren Blick auf seine ausgestreckte Hand, und sie sah, dass ein kleines Messer in der Haut seines Unterarms steckte und sich ringsum ein roter Fleck auf seinem Hemd ausbreitete.
    »Verlasst dieses Grundstück.« Jamies Stimme war leise, aber deutlich. Er trat zwischen den Bäumen hervor und hielt den Blick feindselig auf Henderson gerichtet. Er war mit drei Schritten bei ihnen, streckte die Hand aus und zog Henderson das Messer aus dem Arm. Obadiah stieß einen leisen, tiefen Kehllaut aus, wie ihn vielleicht ein verwundetes Tier gemacht hätte, verblüfft und Mitleid erregend.
    »Fort«, sagte Jamie. »Und kommt nie wieder hier her.«
    Das Blut lief an Obadiahs Arm hinunter und tropfte von seinen Fingern. Ein paar Tropfen fielen in die Buttermilch und schwammen hellrot auf der sattgelben Oberfläche. Benommen registrierte sie die entsetzliche Schönheit dieses Bildes - wie in Gold gefasste Rubine.
    Dann setzte sich der Junge in Bewegung, er presste die freie Hand auf seinen verletzten Arm und hielt erst schlurfend, dann im Laufschritt auf den Pfad zu. Er verschwand zwischen den Bäumen, und auf dem Hof war es still.
    »Musstest du das tun?«, war das Erste, was sie herausbrachte. Sie war so verdattert, als sei sie selbst von etwas getroffen worden. Die Blutstropfen verschwammen langsam; ihre Ränder lösten sich in der Buttermilch auf, und sie hatte das Gefühl, sie müsste sich übergeben.
    »Hätte ich warten sollen?« Ihr Vater fasste sie am Arm und zog sie zum Sitzen auf die Veranda hinunter.
    »Nein. Aber du - hättest du nicht... etwas zu ihm sagen können?« Ihre Lippen fühlten sich taub an, und am Rand ihres Blickfeldes leuchteten kleine Blitze auf. Geistesabwesend realisierte sie, dass sie im Begriff war, ohnmächtig zu werden, und beugte sich vor, den Kopf zwischen den Knien, das Gesicht in der Zuflucht ihrer Schürze vergraben.
    »Das habe ich doch. Ich habe ihm gesagt, er soll gehen.« Die Veranda knarrte, als Jamie sich neben sie setzte.
    »Du weißt genau, was ich meine.« Ihre durch den Stoff gedämpfte Stimme klang merkwürdig in ihren eigenen Ohren. Sie setzte sich langsam auf; die Rotfichte neben dem großen Haus schwankte leicht in ihrem Blickfeld, kam dann aber zur Ruhe. »Was hast du nur getan ? Wolltest du angeben? Wie konntest du dich darauf verlassen, aus dieser Entfernung jemanden mit einem Messer zu treffen? Und was war das überhaupt - ein Taschenmesser ?«
    »Aye. Es war alles, was ich dabei hatte. Und eigentlich wollte ich ihn gar nicht treffen«, gab Jamie zu. »Ich wollte es in die Wand der Hütte werfen
und ihm in dem Moment, in dem er sich nach dem Geräusch umsah, von hinten einen Boxhieb versetzen. Aber er hat sich bewegt.«
    Sie schloss die Augen und atmete heftig durch die Nase, um ihren Magen zur Ruhe zu bringen.
    »Geht es, a muirninn ?« , fragte er leise. Er legte ihr sacht die Hand auf den Rücken - etwas höher als Obadiah. Sie fühlte sich gut an; groß, warm und tröstend.
    »Ja«, sagte sie und öffnete die Augen. Er machte ein besorgtes Gesicht, und sie riss sich zusammen und lächelte ihn an. »Gut.«
    Jetzt entspannte er sich ein wenig, und sein Blick verlor etwas von seinem beunruhigten Ausdruck, wenn er auch weiter gebannt an ihr hing.
    »Nun denn«, sagte er. »Es war doch nicht das erste Mal, aye? Wie lange hat der kleine Schuft sein Spielchen schon mit dir getrieben?«
    Sie holte erneut Luft und zwang ihre Fäuste, sich zu lösen. Sie hätte die Situation gern verharmlost, weil sie ein schlechtes Gewissen hatte - denn sie hätte Obadiah doch sicher irgendwie Einhalt gebieten

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