Das Flammende Kreuz
blickte hinter mich zum Dorf und sah die Leute zwischen den Häusern hervorströmen und auf die Richtung zuhalten, in die der Alte gedeutet hatte. Niemand rannte, obwohl sie alle sehr zügig vorwärts gingen.
Sobald sie realisierte, dass das Dorf in Gefahr war, würde Brianna kommen, um nach Jemmy zu sehen. Ich wusste, dass sie sich darauf verließ, dass ich ihn in Sicherheit bringen würde, doch keine Mutter würde unter solchen Umständen ruhen, bis sie wieder mit ihrem Kind vereint war. Wir waren nicht unmittelbar in Gefahr, also hielt ich Judas zurück, um zu warten, obwohl er immer nervöser wurde.
Der Wind peitschte jetzt durch die Bäume und löste ganze Wolken grüner und gelber Blätter ab, die an uns vorüberklatschten und meinen Rock und Judas’ Fell mit einem herbstlichen Patchworkmuster beklebten. Der Himmel hatte sich schwärzlich-violett verfärbt, und unter dem Pfeifen des Windes und dem Knistern des Feuers konnte ich beginnendes Donnergrollen hören. Trotz des Rauches konnte ich den kommenden Regen riechen und fasste plötzlich Hoffnung. Ein schöner, kräftiger Schauer war genau das, was die Situation erforderte - je eher, desto besser.
Jemmy fand die ganze Atmosphäre sehr aufregend. Er trommelte mit seinen
fetten Händchen auf den Sattelknauf und brüllte seinen persönlichen Kriegsgesang gen Himmel, der sich wie »Uggie-uggie-uggie« anhörte.
Das gefiel Judas überhaupt nicht. Es fiel mir zunehmend schwer, ihn unter Kontrolle zu behalten; er riss ständig am Halfter und drehte sich gleichzeitig wie ein Korkenzieher um sich selbst. Der Halfterstrick, den ich mir um die Hand geschlungen hatte, schnitt mir in die Haut, und Jemmy vollführte mit seinen blanken Fersen einen Trommelwirbel auf meinem Oberschenkel.
Gerade hatte ich beschlossen, aufzugeben und dem Pferd seinen Willen zu lassen, als es plötzlich herumfuhr, den Kopf hob und laut in Richtung des Dorfes wieherte.
Es kamen tatsächlich Reiter auf uns zu; an der Rückseite des Dorfes sah ich mehrere Pferde aus dem Wald traben. Überglücklich über den Anblick anderer Pferde, war Judas mehr als willig, in das Dorf zurückzukehren, obwohl es näher am Feuer lag.
Ich traf in der Dorfmitte mit Brianna und Jamie zusammen, die beide unter angstvollen Blicken die Straße entlangritten. Beim Anblick seiner Mutter kreischte Jemmy vor Entzücken und warf sich in ihre Arme, wobei er fast unter die Hufe der nervösen Pferde gefallen wäre.
»Habt ihr den Bären erwischt?«, rief ich Jamie zu.
»Nein!«, brüllte er zurück, um den zunehmenden Wind zu übertönen. »Komm hier weg, Sassenach!«
Brianna war schon unterwegs und hielt auf den Wald zu, wo die letzten Dorfbewohner gerade zwischen den Bäumen verschwanden. Doch jetzt, da ich keine Verantwortung für Jemmy mehr zu tragen brauchte, war mir etwas anderes eingefallen.
»Nur eine Sekunde!«, rief ich. Ich hielt Judas an, glitt von seinem Rücken und warf Jamie den Strick zu. Er reckte sich, um ihn zu fangen, und schrie mir etwas hinterher, doch ich verstand es nicht.
Wir standen vor Sungis Haus, und mir waren die Lederschläuche mit dem Sonnenblumenöl ins Auge gefallen, die unter dem Dachvorsprung aufgestapelt waren. Ich riskierte einen Blick in Richtung des Röhrichts. Das Feuer näherte sich definitiv; kleine Rauchwölkchen wirbelten an mir vorbei, und ich meinte, zwischen den wogenden Bäumen das Glimmern ferner Flammen sehen zu können. Dennoch war ich mir hinreichend sicher, dass wir zu Pferd schneller waren als das Feuer - und was da auf dem Boden lag, war meine Honigernte eines ganzen Jahres. Ich würde sie nicht dem Feuer überlassen.
Ich schoss in das Haus, ohne Jamies aufgebrachtes Gebrüll zu beachten, und wühlte mich wie verrückt durch die verstreuten Körbe, weil ich verzweifelt hoffte, Sungi hätte... sie hatte sie nicht mitgenommen. Ich ergriff eine Handvoll Rohlederriemen und rannte wieder ins Freie.
Ich kniete mich inmitten der wirbelnden Staub- und Rauchwolken hin und umwickelte die Verschlüsse zweier Lederschläuche mit Lederriemen. Dann
knotete ich die langen Enden der Riemen zusammen und zog, so fest ich konnte. Ich hob das sperrige Beutelpaar hoch und stolperte zu den Pferden zurück.
Als Jamie sah, was ich vorhatte, nahm er die Zügel beider Pferde in eine Hand, beugte sich vor und fasste den improvisierten Griff zwischen den beiden Schläuchen. Er hob die Konstruktion über Gideons Widerrist, so dass die Schläuche zu beiden Seiten herabhingen.
»Komm
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