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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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der Bakterien in seinem Blut nichts anhaben.
    Ich warf einen Blick auf die braune Glasflasche; sie war nur noch etwa zu einem Drittel gefüllt. Vielleicht half ihm der Inhalt ja, ein wenig länger die Stellung zu halten, doch es war nicht genug davon da - und oral verabreicht war die Wirkung wahrscheinlich nicht ausreichend -, um das tödliche Bakterium auszulöschen, das sich in seinem Blut vermehrte.
    »Zehntausend bis zehn Millionen Milligramm«, murmelte ich vor mich hin. Die im klinischen Handbuch empfohlene Penizillindosis bei Bakterienbefall oder Blutvergiftung. Ich warf einen Blick auf Daniel Rawlings’ Notizbuch, dann wieder auf die Flasche. Ich hatte zwar keine Möglichkeit, die Konzentration meines Penizillins genau zu bestimmen, doch wahrscheinlich war es dennoch wirksamer als die von Rawlings empfohlene Verwendung von Schlangenwurz und Knoblauch ─ wenn ich auch befürchtete, dass es nicht wirksam genug war.
    Die Amputationssäge lag noch auf der Arbeitsfläche, wo ich sie tags zuvor liegen gelassen hatte. Ich hatte ihm mein Wort gegeben - und er hatte es mir zurückgegeben.
    Ich ballte die Hände zu Fäusten, und das Gefühl unaussprechlicher Frustration, das mich überkam, war so stark, dass es selbst meine Verzweiflung beinahe auslöschte. Warum, warum, warum hatte ich nicht sofort damit begonnen, neues Penizillin anzusetzen? Wie hatte ich nur so leichtsinnig, so sorglos - so gottverdammt dumm sein können?
    Warum hatte ich nicht darauf bestanden, nach Charleston oder zumindest nach Wilmington zu reiten, um dort vielleicht einen Glasbläser zu finden, der mir den Zylinder und den Kolben für eine Injektionsspritze herstellen konnte. Die Kanüle hätte ich doch bestimmt irgendwie improvisieren können. All diese Schwierigkeiten, all diese Experimente, um überhaupt an die kostbare Substanz zu gelangen - und jetzt, da ich sie dringend brauchte...

    Eine zögerliche Bewegung an der Tür ließ mich herumfahren, während ich mich noch bemühte, mein Gesicht unter Kontrolle zu bekommen. Ich würde den Mitgliedern des Haushaltes sagen müssen, wie die Dinge standen, und zwar bald. Doch es war besser, wenn ich mir den Zeitpunkt selbst aussuchte und es ihnen allen auf einmal sagte.
    Es war einer der Beardsleys. Jetzt, wo die verfilzten Stellen aus ihrem Haar herausgewachsen waren und Lizzie ihnen beiden die Haare ordentlich und gleich lang geschnitten hatte, wurde es immer schwieriger, sie auseinander zu halten.
    »Ma’am?« Es war Kezzie.
    »Ja?« Ich klang mit Sicherheit etwas abrupt, doch das spielte keine Rolle; Kezzie konnte keine Nuancen im Tonfall seines Gegenübers heraushören.
    Er trug einen Stoffbeutel in der Hand. Als er ins Zimmer kam, sah ich, wie der Beutel zuckte und seine Form veränderte, und ein leiser Schauer des Abscheus durchfuhr mich. Er sah das und lächelte schwach.
    »Ist für Ehrwürden«, sagte er mit seiner lauten, etwas flachen Stimme und hielt den Beutel hoch. »Er - der alte Aaron - hat gesagt, es wirkt. Wenn man von einer großen Schlange gebissen wird, holt man sich eine kleine, haut ihr den Kopf ab und trinkt ihr Blut.« Er hielt mir den Beutel entgegen, den ich mit spitzen Fingern entgegennahm und so weit wie möglich von mir fort hielt. Ich bekam eine Gänsehaut, als sich der Inhalt des Säckchens erneut verschob und ein leises Summgeräusch durch den Stoff drang.
    »Danke«, sagte ich schwach. »Ich... äh... werde schon etwas damit anfangen. Danke.«
    Keziah strahlte und ging unter Verbeugungen aus dem Zimmer. In meiner persönlichen Obhut ließ er einen Beutel zurück, der allem Anschein nach eine kleine, aber ausgesprochen aufgebrachte Klapperschlange enthielt. Ich sah mich hektisch nach einem Behälter dafür um. Ich traute mich nicht, sie aus dem Fenster zu werfen; Jemmy spielte oft am Haus im Freien.
    Schließlich zog ich das große Glasgefäß mit dem Salz an den Rand der Arbeitsfläche, wobei ich den Beutel weiter auf Armeslänge von mir weg hielt, und schüttete mit der anderen Hand das Salz aus. Ich ließ den Beutel in das Glas fallen und knallte den Deckel darauf, dann hastete ich zum anderen Ende des Zimmers und ließ mich auf einen Hocker sinken. Der Angstschweiß stand mir in den Kniekehlen.
    Theoretisch hatte ich ja gar nichts gegen Schlangen - aber praktisch...
    Brianna steckte den Kopf zur Tür herein.
    »Mama? Wie geht es Pa heute Morgen?«
    »Nicht besonders.« Offensichtlich verriet ihr mein Gesicht, wie ernst die Lage wirklich war, denn sie kam ins

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