Das Flammende Kreuz
fing.
»Nein.« Rogers Gesicht war gerötet, von der Sonne, vor Aufregung, vielleicht auch von beidem, und unter seiner sonnengebräunten Haut breitete sich ein warmer Ton aus. »Ich bin ihm nachgerannt«, sagte er stolz. »Habe ihn mit einem Stein am Flügel getroffen und bin ihm dann hinterher gerannt und habe ihm das Genick gebrochen.«
»Fabelhaft«, sagte ich, und diesmal war meine Begeisterung schon aufrichtiger. Dann würden wir beim Säubern keine Schrotkugeln aus dem Fleisch picken müssen und beim Essen keine abgebrochenen Zähne riskieren.
»Es ist ein schöner Vogel, Mr. Mac.« Lizzie war von ihrem Hocker geglitten und zu uns getreten, um den Vogel ebenfalls zu bewundern. »Und so schön fett! Soll ich ihn mitnehmen und für Euch säubern?«
»Was? Oh, danke, Lizzie, nein - ich, äh, kümmere mich schon darum.« Die Farbe stieg ihm noch ein wenig höher ins Gesicht, und ich verkniff mir ein Lächeln. Was er damit meinte, war, dass er Brianna seinen Fang in all seiner Glorie vorführen wollte. Er nahm den Vogel in die linke Hand und hielt mir die rechte hin, die in ein blutbeflecktes Tuch gewickelt war.
»Ich hatte einen kleinen Unfall beim Handgemenge mit dem Vogel. Meinst du, du könntest vielleicht...?«
Ich wickelte das Tuch ab und spitzte die Lippen, als ich sah, was sich darunter befand. Der Truthahn hatte Roger im Todeskampf mit den Klauen drei gezackte Wunden in den Handrücken gerissen. Das Blut war zum Großteil verkrustet, doch aus der tiefsten Wunde quollen frische Tropfen auf, die ihm über den Finger liefen und auf den Boden tropften.
»Oh, einen kleinen Unfall«, sagte ich und sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Ja, ich glaube, ich könnte vielleicht. Ich mache es sauber und - Lizzie! Warte einen Moment!«
Lizzie nutzte die Ablenkung als Gelegenheit zur Flucht und war unauffällig zur Tür unterwegs. Sie blieb stehen, als hätte man sie in den Rücken geschossen.
»Wirklich, Ma’am, mir geht es wunderbar«, sagte sie flehend. »Mir fehlt nichts, wirklich gar nichts.«
Eigentlich hatte ich sie nur angehalten, um sie daran zu erinnern, die Butter und den Rahm aus dem Schrank mitzunehmen. Zu spät für die Milch; Adso hatte sich auf die Hinterbeine gestellt; Kopf und Schultern verschwanden komplett in der Öffnung des Kruges, aus dem leise Schleckgeräusche kamen. Diese klangen jedoch wie ein Echo des leisen Platschens, mit dem Rogers Blut auf den Boden tropfte, und das brachte mich plötzlich auf eine Idee.
»Mir ist gerade ein Gedanke gekommen«, sagte ich. »Setz dich wieder, Lizzie - ich möchte dir nur ein wenig Blut abnehmen.«
Lizzie sah aus wie eine Feldmaus, die plötzlich von ihrem Krümel aufblickt und feststellt, dass sie sich inmitten einer Eulenversammlung befindet, doch es wäre ihr nie in den Sinn gekommen, sich einer Anordnung zu widersetzen. Äußerst widerstrebend kletterte sie wieder auf den Hocker neben Roger, der seinen Truthahn auf den Boden gelegt hatte.
»Was willst du denn mit dem Blut?«, fragte er interessiert. »Du kannst von mir so viel haben, wie du willst, ganz umsonst.« Grinsend hob er die verletzte Hand.
»Ein großzügiges Angebot«, sagte ich, während ich mir ein Tuch und eine Hand voll sauberer Glasscheiben zurechtlegte. »Aber du hattest doch noch nie Malaria, oder?« Ich packte Adso am Nacken, zog ihn aus dem Milchkrug und setzte ihn auf den Boden, bevor ich über ihm in den Schrank langte.
»Nicht, dass ich wüsste.« Roger beobachtete meine Vorbereitungen mit großem Interesse.
Lizzie gab einen leisen, verlorenen Spottlaut von sich.
»Wenn es so wäre, dann wüsstet Ihr das genau, Sir.«
»Wahrscheinlich.« Er sah sie mitfühlend an. »Nach allem, was ist höre, ist es eine gemeine Sache.«
»So ist es. Eure Knochen schmerzen so sehr, dass Ihr glaubt, sie sind alle in Eurem Inneren gebrochen, und Eure Augen brennen wie die eines Dämons. Dann läuft Euch der Schweiß in Bächen über den Körper, und Euch wird so kalt, dass Euch vor lauter Klappern fast die Zähne abbrechen...« Sie
zog die Schultern hoch und erschauerte bei der Erinnerung daran. »Aber ich dachte, es ist fort«, sagte sie und warf einen beklommenen Blick auf meine Lanzette, die ich in der Flamme meiner Alkohollampe sterilisierte.
»Das hoffe ich auch«, sagte ich und betrachtete die winzige Klinge stirnrunzelnd. Ich griff nach einem Läppchen und der blauen Glasflasche mit destilliertem Alkohol und reinigte sorgfältig die Spitze ihres Mittelfingers.
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