Das Flammende Kreuz
Liedern gehört, am Rande der Wettkämpfe im Steinweitwurf, unter den Männern, die tags zuvor in kleinen Gruppen zusammen getrunken hatten. Bei einem der Wettkämpfe war es zu einem Handgemenge gekommen - das rasch beendet wurde, ohne dass jemand zu Schaden kam, doch über dem gathering hing die Aggression in der Luft wie ein unangenehmer Geruch.
Jamie rieb sich mit der Hand über sein Gesicht und durch sein Haar und zuckte seufzend mit den Achseln.
»Ein Glück, dass mir heute der alte Arch Bug und seine Frau über den Weg gelaufen sind. Wenn es zu Auseinandersetzungen kommt - und das wird es wohl, wenn nicht jetzt, dann später -, dann wird Claire mit uns reiten. Ich hätte nicht gern, dass Brianna allein zurechtkommen muss, wenn es sich verhindern lässt.«
Roger spürte, wie das kleine, nagende Bleigewicht des Zweifels von ihm abfiel, als er plötzlich begriff.
»Allein? Du meinst - du willst, dass ich auch mitkomme? Um die Männer für die Miliz zu werben?«
Jamie sah ihn erstaunt an.
»Aye, wer denn sonst?«
Er zog sich die Enden seines Plaids enger um die Schultern und zog zum Schutz vor dem zunehmenden Wind den Kopf ein. »Na, dann komm mit, Hauptmann MacKenzie«, sagte er mit einem ironischen Unterton. »Wir haben noch zu tun, bevor du heiratest.«
9
Der Keim der Zwietracht
Ich spähte einem von Farquard Campbells Sklaven in die Nase, in Gedanken halb bei dem Polypen, der ihm das Nasenloch verstopfte, halb bei Gouverneur Tryon. Der Polyp war mir eindeutig der Sympathischere von beiden, und selbst ihn würde ich mit einem heißen Eisen ins Jenseits kauterisieren.
Es kam mir so furchtbar ungerecht vor, dachte ich, während ich stirnrunzelnd mein Skalpell sterilisierte und das kleinste Kautereisen in ein Becken mit heißen Kohlen legte.
War das der Anfang? Oder einer der Anfänge? Es war Ende 1770; in fünf Jahren würden sich alle dreizehn Kolonien im Krieg befinden. Doch jede Kolonie würde durch einen anderen Prozess an diesen Punkt gelangen. Da ich so lange in Boston gelebt hatte, wusste ich aus Briannas Geschichtshausaufgaben, wie dieser Prozess in Massachusetts ausgesehen hatte - oder aussehen würde. Steuern, das Massaker von Boston, der Hafen, Hancock, Adams,
die Tea Party, all diese Dinge. Aber North Carolina? Wie war es hier dazu gekommen - wie würde es hier dazu kommen?
Möglich, dass es schon im Gange war. Schon seit mehreren Jahren glomm die Zwietracht zwischen den Pflanzern der Ostküste und den geplagten Siedlern des Hinterlandes im Westen. Die Regulatoren rekrutierten sich größtenteils aus der letzteren Klasse; Erstere stand mit ganzem Herzen auf Tryons Seite - und damit auf Seiten der Krone.
»Geht es jetzt?« Ich hatte dem Sklaven einen kräftigen Schluck Whisky als Medizin zur Stärkung verabreicht. Ich lächelte ermutigend, und er nickte mit unsicherer, aber ergebener Miene.
Ich hatte noch nie von Regulatoren gehört, doch hier waren sie nun - und ich hatte inzwischen genug gesehen, um zu wissen, wie viel die Geschichtsbücher ausließen. Wurde die Saat der Revolution direkt vor meiner Nase ausgestreut?
Ich murmelte dem Sklaven beruhigend zu, wickelte mir eine Leinenserviette um die linke Hand, ergriff das Kinn des Sklaven fest damit, schob ihm das Skalpell in die Nase und trennte den Polypen mit einer geschickten Bewegung der Klinge ab. Natürlich blutete es heftig, und warmes Blut strömte durch das um meine Hand gewickelte Tuch, doch es war offensichtlich nicht sehr schmerzhaft. Der Sklave sah überrascht, aber nicht gequält aus.
Das Kautereisen hatte die Form eines winzigen Spatens, ein quadratisches, flaches Metallstück am Ende eines schmalen Stiels, der einen Holzgriff hatte. Das flache Ende qualmte im Feuer, seine Kanten glühten rot. Ich presste dem Mann das Tuch fest gegen die Nase, um den Blutfluss zu stoppen, entfernte es wieder, und in dem Bruchteil einer Sekunde, bevor das Blut wieder hervorschoss, schob ich ihm das heiße Eisen in die Nase und drückte es gegen die Nasenscheidewand. Jetzt konnte ich nur noch hoffen, dass ich die richtige Stelle getroffen hatte.
Der Sklave gab einen erstickten Kehllaut von sich, regte sich aber nicht, obwohl ihm die Tränen über die Wangen liefen und feucht und warm auf meinen Fingern landeten. Der Geruch nach versengtem Blut und Fleisch unterschied sich nicht von dem Geruch, der auch von den Grillfeuern herüber wehte. Mein Magen knurrte laut; der Sklave sah mich mit hervorquellenden, blutunterlaufenen Augen erstaunt
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