Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
Vom Netzwerk:
Soldat zu sagen hatte.«

    Sie tippte sich nachdenklich mit dem Griff ihres hölzernen Kochlöffels an die Lippe.
    »Ich habe eine Tante, die in Hillsborough lebt. Sie hat ein Zimmer im King’s House, gleich gegenüber von Edmund Fannings Haus - oder der Stelle, an der es gestanden hat.« Sie lachte kurz auf, wenn auch ohne wirklichen Humor.
    »Sie hat mir geschrieben. Der Pöbel kam die Straße entlang gekocht, hat sie gesagt, und hat Mistgabeln geschwungen wie eine Dämonenschar. Sie haben Fannings Haus vor ihren Augen von den Schwellenbalken abgesägt und es mit Seilen umgerissen. Und jetzt sollen wir also unsere Männer schicken, um für Fanning die Kastanien aus dem Feuer zu holen?«
    Roger war auf der Hut; er hatte schon viel von Edmund Fanning gehört, der alles andere als beliebt war.
    »Dazu kann ich nichts sagen, Mrs. Findlay«, sagte er. »Aber der Gouverneur -«
    Joan Findlay prustete heftig los.
    »Der Gouverneur«, sagte sie und spuckte ins Feuer. »Pah. Wohl eher die Freunde des Gouverneurs. Aber so ist es nun einmal - die Armen müssen für das Gold der Reichen bluten, und das bleibt immer so, was?«
    Sie wandte sich zwei kleinen Mädchen zu, die hinter ihr aufgetaucht waren, still wie kleine, in Tücher gehüllte Geister.
    »Annie, hol deine Brüder. Joanie, du rührst den Topf um. Gib Acht, dass du fest über den Boden kratzt, damit es nicht anbrennt.« Sie reichte dem kleinsten Mädchen den Löffel, dann wandte sie sich ab und winkte Roger, ihr zu folgen.
    Es war ein ärmliches Lager, nicht mehr als eine Wolldecke, die zwischen zwei Büschen aufgespannt war und eine Art Unterschlupf bildete. Joan Findlay kauerte sich vor den höhlenartigen Raum, und Roger, der ihr gefolgt war, bückte sich, um ihr über die Schulter zu blicken.
    » A brathair, hier ist Hauptmann MacKenzie«, sagte sie und streckte eine Hand nach dem Mann aus, der im Schutz der Decke auf einer Matratze aus trockenem Gras lag. Roger bekam einen Schrecken, als er den Mann sah, unterdrückte ihn aber.
    Einen Spastiker hätte man ihn in Rogers eigener Zeit in Schottland genannt; wie nannte man einen solchen Zustand jetzt? Vielleicht gab es keine spezielle Bezeichnung dafür; Fraser hatte nur gesagt, er könne nicht sprechen.
    Nein, und richtig bewegen konnte er sich auch nicht. Seine Gliedmaßen waren knochig und ausgemergelt, sein Körper in unmöglichen Winkeln verdreht. Man hatte eine zerlumpte Bettdecke über ihn gelegt, doch durch seine ruckartigen Bewegungen war sie verrutscht, so dass der Stoff zusammengeballt zwischen seinen Beinen klemmte und sein Oberkörper entblößt war. Sein abgetragenes Hemd war zerknittert und durch seine angestrengten Bewegungen
halb ausgezogen, so dass die bleiche Haut seiner Schultern und Rippen kalt und bläulich im Schatten glänzte.
    Joan Findlay legte dem Mann ihre Hand auf die Wange und drehte seinen Kopf, so dass er Roger ansehen konnte.
    »Das ist mein Bruder Iain, Mr. MacKenzie«, sagte sie mit fester Stimme, die ihn warnte, jetzt ja nicht falsch zu reagieren.
    Auch Iain Mhors Gesicht war verzerrt, der speicheltriefende Mund verzogen, doch aus dieser Verwüstung blickten Roger ein Paar bildschöne - und intelligente - haselnussbraune Augen entgegen. Er brachte seine eigenen Gefühle und Gesichtszüge fest unter Kontrolle und nahm die Klauenhand des Mannes in die seine. Sie fühlte sich schrecklich an, die Knochen scharf und zerbrechlich unter seiner Haut, die so kalt war, dass sie die Haut einer Leiche hätte sein können.
    »Iain Mhor«, sagte er leise. »Ich habe schon von Euch gehört. Jamie Fraser lässt Euch grüßen.«
    Die Augenlider senkten sich grazil als Antwort und hoben sich dann wieder. Der Mann betrachtete Roger mit ruhigem, klarem Blick.
    »Der Hauptmann ist hier, um Männer für die Miliz anzuwerben«, sagte Joan hinter Rogers Rücken. »Der Gouverneur hat die Order geschickt, aye? Anscheinend hat er genug von Aufruhr und Unruhe, so sagt er zumindest; er will jetzt mit Gewalt durchgreifen.« Ihre Stimme hatte einen kräftigen, ironischen Unterton.
    Iain Mhors Blick wanderte zum Gesicht seiner Schwester. Sein Mund bewegte sich, rang um Kontrolle, und seine schmale Brust bäumte sich vor Anstrengung auf. Ein paar gekrächzte Silben kamen mit reichlich Speichel heraus, dann fiel er schwer atmend zurück, den Blick gebannt auf Roger gerichtet.
    »Er fragt, ob dafür Handgeld gezahlt wird, Hauptmann«, übersetzte Joan.
    Roger zögerte. Jamie hatte diese Frage angesprochen, jedoch

Weitere Kostenlose Bücher