Das Fliederbett
Offizierswohnungen .
»Das war ein merkwürdiger Tag für eine Meldung«, meinte er mit einem Seufzer, als wir uns trennten.
»War interessant, Oberleutnant Lotta zu treffen«, sagte ich. »Sein Schicksal läßt mich über vieles nachdenken, dem ich früher nicht einen Gedanken gewidmet hätte.«
»Sicher, sicher«, sagte Hauptmann Persson leicht zerstreut. »Gute Nacht, Oberleutnant!«
»Gute Nacht, Hauptmann!«
Er verschwand im Dunkeln.
Ich ging langsam zu meinem Aufgang.
Wirklich, ein merkwürdiger Tag!
Ich hatte das Gefühl, als wenn ich so schnell wie nur möglich aus der Uniform kommen müßte, als wenn ich an einem Wendepunkt stand und ab morgen einen ganz neuen Lebensweg auf der Karte eintragen würde. Der Dienst erschien mir plötzlich sinnlos und eines normalen Menschen unwürdig.
Ich schaltete das Treppenlicht ein und öffnete die Hand, um zu sehen, was das Mädchen mir geschenkt hatte.
In meiner Hand lagen fünf Hosenknöpfe aus dunklem Metall.
Draußen hatte es aufgehört zu regnen.
RUNE OLAUSSON
Der Traum
T ante hatte ganz bestimmte Ansichten über Paris.
Sie fand, daß man durchaus eine Meinung über Paris haben konnte, ohne deshalb an europäischer Politik interessiert zu sein. Sie war der Ansicht, die internationale Politik wäre oft so traurig, daß man entweder fast über ihr einschlief oder aber fast wütend wurde, wenn jemand mit geschulter Kombinationsfähigkeit so einfach mir nichts, dir nichts von kommunalen Straßensteuerproblemen zu Prinzipien der Außenpolitik überging. Als hätte man nicht ohnehin schon Politik genug.
Und Paris als ein Zentrum der europäischen Bestrebungen um Vereinigung aller divergierenden Haltungen zur Welt überhaupt aufzufassen, das, fand Tante, hieße nach vielen Seiten Unrecht tun.
Aber trotz allem: Paris ist eben doch Paris; und die einzige Stadt, von der man das sagen kann.
Tante hatte vielleicht Angst vor Paris. Doch danach hatte sie nie jemand gefragt. Die meisten pfeifen auf Paris, obwohl sie hin und wieder gern mal über Politik sprechen. Aber das tun sie vor allem zu ihrem eigenen Vergnügen.
Viele sind mehrmals in Paris gewesen.
»Paris ist ein Symbol für...«, sagten viele versuchsweise, wenn sie Tante überreden wollten, von Paris zu sprechen.
Aber Tante unterbrach sie immer.
»Symbol? Quatsch!« sagte sie. »In einem Symbol sieht man nur das, was man selbst sehen will. Weiter nichts.«
Das sagte Tante ernst, aber ohne ärgerlich zu werden.
Tante war nur zwanzig Jahre alt, als sie ihr erstes großes Geschäft machte. Das war unmittelbar nach dem Krieg; dann rollte es von selbst. Aber einen Mann bekam sie nie. Sie verlobte sich nicht einmal. Obwohl sie reich war. Und ganz hübsch. Ihr Busen sah schwer aus, wenn auch nicht unnormal üppig, ihre Beine waren kräftig und die Füße groß; aber in Schuhen mit hohen Absätzen hatte sie trotzdem einen anmutigen und leichten Gang. Ihre Zähne wirkten gepflegt, und das Haar sah immer weich und sauber aus.
Tante reiste viel, aber nie nach Paris. Sie behauptete niemals, daß ihr Paris nicht gefiele, aber sie sah manchmal so merkwürdig verärgert aus, wenn jemand das Wort Paris in ihrer Gegenwart erwähnte.
»Sie hat vielleicht jemand in Paris gekannt, der ihr nahestand und der während des Krieges dort umgekommen ist!« sagte man etwa.
Aber niemand wußte Genaues.
Doch als Tante vierzig wurde, reiste sie zur Überraschung aller nach Paris.
Ihre Reise gab natürlich Anlaß zu etlichen Kommentaren in ihrem Bekanntenkreis.
»Dahinter steckt irgendein Mann!« sagte eine Frau.
»Ich glaube, sie ist noch immer Jungfrau!« sagte eine andere.
»Vielleicht versteckt sich dahinter etwas Großes und Geheimes«, sagte ein Einkaufsleiter.
»Da sieht man, was für eine Wirkung das politische Tauwetter auf den einzelnen Menschen hat!« sagte ein Kommunalpolitiker, der zwei Weltkriege erlebt hatte, ohne seine Arbeit zu verlieren.
Tante gab für ihre Reise keine Erklärung.
Sie flog einfach.
Die Luft war warm, als Tante während der letzten Frühlingstage, an denen der Wind nachts lau ist und der Sommer feucht und heiß draußen an den Küsten lauert, in Paris landete.
Tante sprach bereits beim Zoll Französisch.
Und der Hotelportier machte ihr Komplimente wegen ihrer guten Aussprache.
»Ich habe nichts Eiliges vor, und außerdem besitze ich einen Spiegel«, sagte Tante zu sich selbst und unterließ es, in einen Nachtklub zu gehen.
Als sie das erstemal an solchen Lokalen
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