Das Flüstern der Albträume
von Josiah schwanger war.«
»Schwanger? Sind Sie sicher?«
»Absolut. Ich hatte nicht viel getrunken. Mir war von dem Wein schlecht geworden, also hielt ich das Glas den Großteil des Abends nur in der Hand. Zwischendurch habe ich den Wein immer wieder in die Spüle gekippt, wenn keiner hinsah. Kristen schenkte mir ständig nach, aber ich war nüchtern, und ich weiß, was ich gehört habe.«
»Okay.«
»Kristen hatte mit Josiah Schluss gemacht. Wir waren froh darüber, weil wir wussten, dass er sie schlecht behandelte. Wir hatten schließlich die blauen Flecken gesehen. Ich sah ihn in jener Nacht draußen vor ihrem Fenster stehen. Der Kerl war gefährlich. Jedenfalls schworen wir alle, dass wir das Geheimnis nicht verraten würden. Und dann gab es keinen Wein mehr, und Kristen beschloss, es sei Zeit, neuen zu holen. Die anderen sagten, sie würden schnell zum Laden laufen, und ich sollte dableiben. Ich war immer noch die Jüngste in der Studentinnenverbindung, also musste ich tun, was man mir sagte.« Sie schüttelte den Kopf. »Die Regeln einer Studentinnenverbindung scheinen jetzt so belanglos.«
»Sie haben versucht, dazuzugehören und die Spielregeln zu befolgen. Entschuldigen Sie sich nicht dafür.«
»Ich habe mich bei den dreien so bemüht, aber ich war immer die Außenseiterin. Immer hatten sie Geheimnisse vor mir. Oft kam ich ins Zimmer, und sie hörten auf zu reden. In jener letzten Woche geschah das häufiger. Nach einer dieser Zusammenkünfte wirkte Lisa richtig verstört. Ich habe sie gefragt, was los sei, aber sie wollte es nicht sagen. In jener letzten Nacht bezogen Sie mich ein, und ich hatte endlich das Gefühl, dazuzugehören.«
Garrison nickte. »Sind Sie wirklich sicher, dass Kristen schwanger war?«
»Ja.« Eva trommelte mit den Fingern auf ihren Oberschenkel. »Und ich glaube, Josiah wusste Bescheid. Als er vor der Tür stand, war er überfreundlich und hielt einen Blumenstrauß in der Hand. Ich sagte ihm, dass Kristen nicht da sei, und er fragte, ob er hereinkommen und warten könne.« Gott, wieso hatte sie nicht einfach getan, was ihr ihr Instinkt geraten hatte, und ihm die Tür vor der Nase zugeschlagen? »Ich habe ihn reingelassen.«
»Was ist dann passiert?«
»Er fragte mich die ganze Zeit über Kristen aus. Ich wich seinen Fragen aus, und er wurde sehr schnell wütend. Er sagte, Kristen sei ein Dummkopf, wenn sie glauben würde, sie könne Geheimnisse vor ihm haben.«
»Aber Sie haben ihm nichts von dem Baby erzählt?«
»Nein. Je grausamer er wurde, desto fester war ich entschlossen, das Geheimnis zu bewahren. Er war ein Ungeheuer. Und während des Prozesses habe ich es auch nicht gesagt.«
»Wieso nicht? Es hätte Ihnen helfen können.«
»Ich hatte am eigenen Leib erfahren, wie grausam Josiah sein konnte. Und sein Vater war nicht viel besser. Ich habe dauernd an dieses Kind gedacht und wie sie sein Leben verpfuschen würden. Eine lebenslängliche Verurteilung noch vor der Geburt.«
»Was ist Ihre nächste Erinnerung nach dem Angriff?«
»Wie mich ein Feuerwehrmann nach draußen gezogen hat.«
Sie schloss die Augen und massierte sich den Nasenrücken. Selbst jetzt noch roch sie den Rauch und spürte die Hitze der Flammen. »Als er mir den Stern in die Schulter gebrannt hat, hat der Schmerz in mir einen Schalter umgelegt. Plötzlich wurde alles um mich herum schwarz, und ich wurde ohnmächtig. Ich weiß nicht, wie viel Zeit verging und wie das Feuer ausbrach. Aber ich konnte mich zu keinem Zeitpunkt erinnern, ihn geschlagen zu haben. Ich habe versucht, mich daran zu erinnern, aber ich kann es nicht.«
Garrison stand auf und ging um seinen Schreibtisch herum, um eine Akte zu holen. Er schlug sie auf und suchte gewissenhaft nach den richtigen Fotos. Dann kam er zurück und setzte sich wieder. »Das hier sind Bilder von den Brandwunden der Opfer.«
Evas Blick hielt den seinen einen Augenblick fest. Sie wollte nicht hinschauen, sah aber schließlich doch nach unten. Auf dem obersten Bild war eine blutrote Narbe auf dem bleichen Bauch der Toten zu sehen. Im ersten Moment stockte Eva der Atem, dann schob sie ihre Ängste beiseite und betrachtete das Bild eingehend.
Sie zog die Jacke aus und entblößte ihre Schulter und die Narbe.
Beim Anblick der Narbe verfinsterte sich Garrisons Blick. »Denken Sie scharf nach, Eva«, sagte er sanft. »Wer würde Ihnen das antun wollen?«
»Ich weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht.«
»Wie steht es mit Micah Cross?«
»Das
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