Das Flüstern der Albträume
Kaffee trank, dachte er darüber nach, sich einen Agenten zu nehmen, um die Sache mit dem Buchvertrag zu beschleunigen. Die Leser wollten schon jetzt mehr über Eva erfahren, und falls Connor ihre Geschichte nicht brachte, würde ein anderer Reporter sie sich schnappen. Bisher allerdings war es ihm nicht gelungen, sie im King’s ans Telefon zu bekommen, und der Inhaber hatte gedroht, ihm die Kniescheiben zu zertrümmern, falls er sich je wieder im Pub blicken ließ. Es musste doch einen anderen Ort geben, wo er sie abfangen konnte. Er war ein Überredungskünstler und konnte charmant sein, er musste sie nur einmal allein erwischen, wenn ihre Abwehr gerade geschwächt war.
Sein Handy klingelte, und er ging beim zweiten Klingeln dran. »Donovan.«
»Hier ist Eva.« Ihre Stimme war leise, kaum mehr als ein heiseres Flüstern.
Er setzte sich abrupt auf, sein Herz klopfte wild.
»Sie haben versucht, mich anzurufen.«
»Allerdings. Ich würde wirklich gerne ein Interview mit Ihnen führen. Und das mit neulich abends tut mir leid. Ich hatte kein Recht, Sie so zu überfallen.«
»Ich bin jetzt bereit, zu reden.«
Er kramte in seinen Papieren nach einem Kugelschreiber. »Nennen Sie Ort und Zeit.«
»Ich kenne da ein Haus. In einer Stunde.«
Donovan kritzelte die Adresse auf den Rand der Morgenzeitung. »Ich werde dort sein.«
Er legte auf und stieß einen Freudenschrei aus.
Seit Garrison am Vormittag den Artikel gelesen hatte, musste er die ganze Zeit an Eva denken. Er hatte im Pub angerufen, aber die Leitung war besetzt gewesen. Dieser Mistkerl Donovan hatte allen Spinnern und Trittbrettfahrern das Signal gegeben, sich auf Eva zu stürzen. Garrison befürchtete, dass sie Alexandria bei so viel Medienhype bald verlassen würde.
Sein Telefon klingelte, und er ging sofort dran. »Garrison.«
»Hier ist eine Ms Rayburn, die Sie sprechen möchte«, sagte der Beamte am Eingang.
»Ich bin gleich unten.«
Er zog sein Jackett an, eilte die Treppe hinunter und traf Eva in der Eingangshalle. Sie stand stocksteif da und umklammerte ihren Rucksackgurt. »Ms Rayburn.«
»Detective Garrison.« In schnellen, entschlossenen Schritten kam sie auf ihn zu.
»Wie geht es Ihnen nach Donovans Artikel?«
»Wir haben heute um eins geschlossen. Ein Fernsehreporter hat uns den Tag verdorben.«
»Das tut mir leid.«
»Ich werde es überleben. Aber ich mache mir wegen Bobby und King Sorgen. Sie hätten nicht in meinen Schlamassel hineingezogen werden dürfen.«
Das alles würde irgendwann abebben, aber einstweilen konnte es hässlich werden. »Mir ist nichts eingefallen, was diesen anderen Mann auf der Zeichnung angeht. Aber ich will Ihnen helfen, ihn zu finden.«
»Kommen Sie mit hinauf in mein Büro. Ich möchte Ihnen etwas zeigen.«
»Gern.«
Er öffnete die Tür für sie und ging hinter ihr die Treppe hoch zu seinem Büro. »Vor sechs Wochen ist schon eine Frau ermordet worden. Sie hatte keine Brandmale, aber wegen ihrer Wunden vermute ich einen Zusammenhang mit den anderen Morden.« Er griff in eine Akte und zog ein Bild heraus. »Das ist ihr Führerscheinfoto.«
»Okay.« Eva schob ihre schlanken Finger in die Hosentaschen.
Garrison legte das Foto auf den Schreibtisch.
Eva betrachtete es kaum länger als eine Sekunde, dann sagte sie: »Eliza Martinez.«
Unerwartete Erregung erfasste Garrison. »Sie kannten Sie?«
»Sie hat im Verbindungshaus geputzt.« Eva nahm das Bild in die Hand. »Ihre Haare waren grauer, aber sonst sah sie genauso aus wie auf dem Foto. Wie ist sie gestorben?«
»Sie wurde erstochen. Mit vier Messerstichen.«
»Wieder die Zahl vier.« Eva fuhr mit der Spitze ihres Zeigefingers über Elizas Gesicht. »Wieso sollte sie jemand umbringen wollen?«
»Ich hoffe, das können Sie mir sagen.«
»Sie war eine nette Frau. Sie hat mir sogar ihr Empanadarezept verraten.«
»Wo war sie am Tag von Josiahs Tod?«
»Sie hatte den ganzen Tag im Haus sauber gemacht. Weil die meisten Mädchen den Sommer über weg waren, gab es viel zu tun. Ich weiß noch, dass sie früher ging, weil ihre Tochter krank war.«
»Keine Drohungen von irgendjemandem? Keine Zusammenstöße mit Josiah?«
»Ich habe nichts dergleichen mitbekommen. Aber ich war ja nicht immer im Haus. Ich erinnere mich allerdings, dass ihre Tochter am Anfang des Schuljahrs ein bisschen für Josiah geschwärmt hat.« In einem Winkel ihres Gedächtnisse regte sich eine Erinnerung. »Josiah mochte Eliza. Er nannte sie sein
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