Das Flüstern der Albträume
Pflegefamilie kam.«
»Seine Großmutter, Eliza Martinez, wurde vor drei Monaten ermordet.« Genau wie auf Lisa, Sara und Danvers hatte man mehrere Male auf sie eingestochen.
»Ja. Ich weiß. Und es ist oft schwer, einen Platz für ein zehnjähriges Kind zu finden, das ein Trauma durchlebt hat. Aber nicht in diesem Fall.«
»Warum nicht?«
»Nur einen Tag, nachdem die Großmutter des Jungen gestorben war, kam Toby King auf uns zu. Er hat Verbindungen zum Jugendamt und brachte den Antrag schnell durch. Die Überprüfung seiner Person war positiv, deshalb haben wir die Pflegeelternschaft zügig bewilligt.«
Und jetzt lebten Eva und Bobby, die beide eine Verbindung zur Familie Cross hatten, bei King. Garrison krampfte sich der Magen zusammen. »Danke, Madge.«
Er trennte die Verbindung und rief im Pub an. Die Leitung war besetzt.
Nachdem das mörderische Scheusal Kristen getötet hatte, hatte es ihre Leiche losgebunden und weggebracht. Donovan war allein zurückgeblieben und hatte zugesehen, wie die Flammen im Ofen züngelten und schwächer wurden.
Die Panik hatte ihn nicht losgelassen, und etliche Male hatte er geschrien. Doch als niemand kam und niemand seine Schreie hörte, war ihm klar geworden, dass es allein an ihm lag, ob er hier lebend herauskam.
Dieser Kerl muss doch irgendeine Schwäche haben, dachte Donovan und versuchte, die Furcht beiseitezuschieben. Jeder hat eine Schwäche.
Bei ihm waren es der Bourbon und die Frauen. Mit beiden Lastern hatte er sich schon reichlich Ärger eingehandelt, und beide hätten ihn fast um seinen Job gebracht. Es kam nun darauf an, den Schwachpunkt seines Kidnappers herauszufinden.
Ihm ging es um Buße. Und wenn Donovan dahinterkam, was diesen Kerl zum Äußersten trieb, dann konnte er vielleicht seine Schwachstelle finden.
Denk nach, Donovan. Du kannst das gut. Du kannst die Leute dazu bringen, sich zu öffnen. Er dachte an Angie. Sie war eine harte Nuss gewesen, doch er hatte herausgefunden, welche Knöpfe er drücken musste, und sie hatte sich ihm geöffnet wie eine Blume, die nach Sonnenlicht schmachtet.
Beobachte den Kerl. Du wirst seinen Schwachpunkt finden.
Oben ging die Tür auf, die in den Keller führte. Der Mörder schaltete das Licht ein und kam langsam und bedächtig die Treppe herunter.
Donovan verkrampfte sich. Was hatte dieser unheimliche Scheißkerl mit ihm vor?
Mühsam verbannte er die Furcht aus seiner Stimme. »Ich bin also hier, um zu büßen?«
Die vermummte Gestalt nickte. »Ganz genau, Mr Donovan.«
Donovan setzte sich auf und verfolgte jeden seiner Schritte zum Ofen. »Ich habe versucht, darauf zu kommen, was Sie so sauer gemacht hat. Mir fällt nur der Artikel über Eva Rayburn ein.«
Allein schon beim Klang ihres Namens schien sich der Vermummte zu verkrampfen.
»Ich muss schon sagen«, ließ Donovan nicht locker, »sie ist eine harte Nuss. Ganz ähnlich wie ihre Schwester Angie. Ich habe mich gefragt, woher Sie Eva wohl kennen? Sie ist doch erst seit sechs Monaten wieder in der Stadt.«
Das zerknüllte Zeitungspapier passte hervorragend zwischen die trockenen Zweige und Äste. Ein Klick mit dem Feuerzeug, und schon begann das Feuer zu prasseln.
»Sie müssen sie hassen.«
»Ich hasse nicht die Sünder, sondern die Sünde.«
»Was hat sie Ihnen denn getan? In welcher Weise hat sie Sie verletzt?«
»Sie sind schlau, Mr Donovan, aber wenn Sie glauben, dass es etwas ändert, wenn Sie mich zum Reden bringen, dann irren Sie sich.«
Donovan beugte sich vor. Er hatte hier die Story seines Lebens, aber um sie zu erzählen, musste er weiterleben. »Was hat Eva Ihnen getan? Hat sie Ihnen etwas angetan?«
»Sie hat mir das Wichtigste auf der Welt gestohlen!«
Donovan spürte, dass sich die Tür zur Seele seines Kidnappers einen Spaltbreit geöffnet hatte. »Was hat sie Ihnen gestohlen?«
Schweigen folgte, dann leises Lachen. »Sie sind doch so klug. Wieso finden Sie es nicht selbst heraus?«
»Sie ist vor zehn Jahren ins Gefängnis gekommen. Es muss also lange her sein.«
»Manche Verletzungen vergisst man nie.«
Donovan befeuchtete seine Lippen und versuchte sich an einem Lächeln, das unter anderen Umständen seine Verzweiflung besser verborgen hätte. »Die Wunden, von denen Sie sprechen … sie hat Ihnen keine Sache genommen, sondern einen Menschen?«
Spannung lag in der Luft, und plötzlich schürte der Kidnapper das Feuer mit abrupten, ärgerlichen Bewegungen.
»Wen hat sie Ihnen genommen?«
»Das spielt jetzt keine Rolle.
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