Das Flüstern der Albträume
Bewährung ist. Von der Hand in den Mund. Ich dachte mir, wenn du hierher zurückkommst, könnte ich dir helfen, wieder auf die Beine zu kommen.«
Eva betrachtete King und wusste nicht, was sie sagen sollte. Schließlich flüsterte sie: »Warum hast du mir das nicht von Anfang an gesagt?«
»Ich dachte, dann würdest du mein Jobangebot ausschlagen. Außerdem habe ich dir das Angebot nicht nur aus Herzensgüte gemacht. Es hatte zum Großteil mit Rache zu tun.«
Eva starrte ihn an, als hätte sie ihn noch nie zuvor gesehen. »Ich verstehe nicht.«
»Mein Sohn hieß Kyle. Er war ein ganz wunderbarer Junge.« Kings Stimme wurde weicher. »Kyle starb bei einem Autounfall, als er zwölf war. Seine Mutter saß am Steuer. Eine betrunkene Autofahrerin rammte sie seitlich. Kyle war sofort tot. Irene überlebte den Zusammenstoß, aber sie kam nie darüber hinweg. Ein Jahr nach Kyles Tod hat sie sich das Leben genommen.«
»King.« Evas Herz krampfte sich zusammen, und für einen Moment konnte sie weder atmen noch sprechen. »Das tut mir so leid.«
King schniefte und wischte sich die Augen. »Der Unfall ist lange her. Neunzehn Jahre.«
»Eine solche Wunde heilt auch die Zeit nicht.«
»Das stimmt. Du weißt genau wie ich, was Verlust bedeutet.«
»Aber er beherrscht mein Leben nicht mehr so wie früher.«
King nickte. »Ich kann an Kyle denken und mich an die guten Zeiten erinnern.« Er begegnete ihrem Blick. »Da ist noch etwas, was ich dir sagen muss.«
»Was denn?«
»Die betrunkene Fahrerin, die Kyle und meine Frau getötet hat. Es war Louise Cross.«
»Josiahs Mutter? Sie ist selbst vor neunzehn Jahren bei einem Autounfall gestorben. Ich habe ihr Grab gesehen.«
»Sie ist nicht tot.«
Eva stockte der Atem. »Was?«
»Dieses Miststück ist am Leben und erfreut sich bester Gesundheit.«
»Wo?«
»Ich weiß es nicht. Ihr Mann schwor damals, sie würde nie wieder frei herumlaufen, falls man keine Anklage gegen sie erhob. Ich habe gekämpft, aber am Ende haben Geld und Macht gesiegt. Darius versprach, er würde der Kerkermeister seiner Frau sein, und sie würde nie wieder freikommen.«
»Darius ist tot. Wer ist jetzt ihr Kerkermeister?«
Garrison nahm beim dritten Läuten ab. »Ja.«
»Hier ist Eva.«
Als er die Anspannung in ihrer Stimme hörte, beugte er sich vor. »Alles in Ordnung?«
»Ja. Hey, wusstest du, dass die Mutter von Josiah und Micah noch am Leben ist?«
»Das kann nicht sein. Micah hat gesagt, sie ist tot. Du hast doch ihr Grab gesehen.«
Eva erzählte ihm Kings Geschichte. Mit jeder Sekunde krampfte seine Hand sich fester um den Hörer. »Bist du sicher?«
»Ja.«
Garrison atmete gepresst aus. »Wir haben die ganze Zeit nach einem Mann gesucht.«
»Könnte Louise Cross hinter alldem stecken?«
»Alles ist möglich. Eva, sieh dich vor. Wer auch immer dahinter steckt, ist gefährlich. Seit sechsunddreißig Stunden hat niemand mehr Kristen Hall gesehen. Ich glaube langsam, sie steckt in ernsthaften Schwierigkeiten, und du bist die Nächste.«
»Ich bin im King’s Pub . Ich gehe nirgends hin. Inmitten der Leute fühle ich mich sicherer.«
»Schwör, dass du das King’s nicht verlässt.« Garrisons Besorgnis war unüberhörbar.
»Versprochen.«
Wenn sie in Sicherheit war, konnte er klarer denken. »Ich rufe dich bald an. Sei vorsichtig.«
»Mache ich.«
Garrison legte auf, wählte die Nummer der Zentrale und ordnete an, dass ein Streifenwagen vor dem King’s Stellung bezog. Nachdem er aufgelegt hatte, ging er zu Malcolm. »Wo ist die Zeichnerin?«
»Irgendwo im Haus. Wieso?«
»Ich möchte, dass sie das Phantombild noch einmal ohne den Bart zeichnet. Und mit den langen Haaren einer Frau.«
»Wird erledigt.«
Garrisons Telefon klingelte, und er riss den Hörer hoch. Seine Stimme klang gereizt. »Garrison.«
»Madge Olsen vom Jugendamt. Sie haben sich nach einem meiner Zöglinge erkundigt.«
»Das ist richtig.« Er hatte gestern angerufen und nach Bobby gefragt, weil Eva sich Sorgen gemacht hatte. »Bobby Torres. Pflegesohn von Toby King.«
»Genau. Sein vollständiger Name ist Robert Martinez Torres.«
»Haben Sie Martinez gesagt?« Garrison wühlte in seinen Unterlagen nach der Akte von Eliza Martinez.
»Ja. Der mittlere Name war der Mädchenname seiner Mutter. Sie ist letztes Jahr an Krebs gestorben, und danach hat er eine Weile bei seiner Großmutter gelebt. Sie kam mit der täglichen Verantwortung für ein Kind nicht zurecht, also stimmte sie zu, dass Bobby in eine
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