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Das Flüstern der Albträume

Das Flüstern der Albträume

Titel: Das Flüstern der Albträume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Burton
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verlassen zu können, bevor die Cops auftauchten.
    Er drückte den Keil kräftig nach unten und brach das Fenster auf. Adrenalin durchströmte ihn, während er den Blick durch den Garten schweifen ließ und auf den schrillen Ton der Alarmanlage wartete. Er hörte nichts, wartete aber weiter, bereit zur Flucht, falls jemand zu Hause sein sollte. Doch eine Minute verstrich, dann zwei, dann fünf.
    Als er sicher sein konnte, dass niemand zu Hause war, schob er das Fenster weiter auf. Dabei machte sich seine lädierte Schulter bemerkbar, und er massierte sie, um den Schmerz zu lindern. Dann atmete er tief ein und quetschte seinen dünnen Körper ins Innere. Er brach in Häuser ein, seit Joey Welch ihn in der achten Klasse dazu gebracht hatte, in Mr Mullins’ Haus einzusteigen und Milch zu klauen. Jetzt, mit Mitte zwanzig, war er ein ausgebuffter Veteran, der bereits Hunderte von Einbrüchen hinter sich hatte.
    Er schlich durch das Wohnzimmer, vorbei an Chippendale-Sofas und Tischen mit Kristalllampen und Porzellanschälchen. Der größte Teil der Beute befand sich für gewöhnlich im Schlafzimmer oder im Arbeitszimmer, wo Schmuck und Geld aufbewahrt wurden. Leute, die die Alarmanlage nicht einschalteten, versteckten ihren Schmuck oft noch nicht einmal.
    Das alles war so einfach, so vorhersehbar. Nur ruhig, Baby, das läuft schon.
    Die Stille im Haus, die ihn vorher so sicher gemacht hatte, beunruhigte ihn jetzt. Auf einmal brachte er es nicht fertig, auch nur noch einen Schritt zu tun. Seine Füße waren steif und fühlten sich an, als wären sie in Zement gegossen.
    Mit zitternder Hand fuhr Lenny sich durchs Haar. Als er neulich nachts in ein Haus im Südwesten der Stadt eingebrochen war, war alles ganz leicht gewesen, Routine. Und dann hatte er aus dem Keller die gedämpften Schreie einer Frau vernommen.
    Er hatte gerade Hals über Kopf aus dem Haus flüchten wollen, als dieser verrückte Scheißkerl wie aus dem Nichts aufgetaucht war und ihm mit einem Schläger eins übergezogen hatte. Er war vornüber auf die Knie gefallen. Der zweite Schlag hatte ihn am Hinterkopf getroffen, und er hatte das Bewusstsein verloren.
    Warum der Mistkerl ihn nicht umgebracht hatte, wusste er nicht. Es wäre ein Leichtes gewesen, ihn zu erledigen. Doch aus irgendeinem Grund hatte der Kerl ihm nur Hände und Füße zusammengebunden und ihn liegen gelassen.
    Als Lenny aufgewacht war, hatte er wieder die Schreie gehört. Der Geruch nach verbranntem Fleisch war durchs Haus gezogen, und er hätte sich beinahe übergeben. Er hatte so furchtbare Angst gehabt, dass er sich eingenässt hatte. Durch endloses Scheuern hatte er sich von den Fesseln befreien können und sich Hals über Kopf aus dem Staub gemacht.
    Scheiße. Knapp davonzukommen, gehörte eben dazu.
    Doch obwohl er das wusste, bekam er die Schreie der Frau nicht mehr aus dem Kopf. Gott allein wusste, was dieser Scheißkerl mit ihr angestellt hatte.
    Er hatte erwogen, die Polizei zu rufen, schließlich aber darauf verzichtet. Er war bereits zwei Mal erwischt worden, und bei einer weiteren Verurteilung würde er für sehr lange Zeit ins Gefängnis gehen.
    Doch was ihm jetzt noch mehr zu schaffen machte, war die Tatsache, dass er bei der hastigen Flucht aus dem Fenster seine Brieftasche hatte fallen lassen. Es war dumm von ihm gewesen, sie überhaupt mitzunehmen. Eigentlich hätte er zurückkehren müssen, um sie zu holen, aber die Vorstellung, noch einmal auf diesen kranken Irren zu treffen, hielt ihn davon ab. Seit Samstag war er immer in Bewegung geblieben und hatte nur Nickerchen im Auto gehalten.
    »Schluss damit.« Er bewegte sich auf die mit Teppich ausgelegte Treppe zu, doch bevor er die erste Stufe hinaufgehen konnte, hallten erneut die Schreie der Frau in seinem Kopf wider. Er fuhr herum und erwartete, den verrückten Typen vor sich zu sehen. Aber das Zimmer war leer. »Scheiße.«
    Lenny hob die Hand vom Geländer und merkte, dass er vergessen hatte, seine Handschuhe anzuziehen. Mist. Er hatte überall Fingerabdrücke hinterlassen. Was zum Teufel hatte er sich bloß dabei gedacht? Er griff mit zitternden Händen in die Tasche, zog seine schwarzen Handschuhe heraus und streifte sie über. Dann wischte er das Geländer mit seinem Hemdsaum ab und ging noch einmal zurück zum Fenster.
    Während er wie wild Sims und Fensterrahmen sauber wischte, verstärkte sich in ihm das Gefühl, beobachtet zu werden. Er sah diesen verrückten Scheißkerl in jeder dunklen Ecke. Beim Knacken eines

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