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Das Flüstern der Albträume

Das Flüstern der Albträume

Titel: Das Flüstern der Albträume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Burton
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herauskam.
    Schließlich stieg sie die Treppe zu ihrem Zimmer hoch. Sie ging hinein, verriegelte die Tür hinter sich und prüfte zweimal, ob sie auch wirklich abgeschlossen war. Jahrelang hatte sie sich danach gesehnt, hinter einer unverschlossenen Tür zu schlafen, und jetzt konnte sie nicht einschlafen, solange die Tür nicht fest verriegelt war.
    Ihr Zimmer war klein, aber perfekt aufgeräumt, als wäre sie immer noch den Beschränkungen einer fünf Quadratmeter großen Zelle unterworfen. Zwei Einzelbetten, das eine mit einer blauen und das andere mit einer pinkfarbenen Decke, standen darin. Die Decken hatte sie bei Goodwill gekauft und dabei mehr auf Wärme als auf Design geachtet. Sie brauchte keine zwei Tagesdecken oder zwei bezogene Betten, aber vielleicht, möglicherweise, würde irgendwann ihre Schwester bei ihr übernachten. Eva hätte ihre Schwester vor sechs Monaten anrufen sollen, aber wenn sie es tat, wollte sie jemand sein, der eine Zukunft hatte und nicht eine ehemalige Gefängnisinsassin, auf der die Vergangenheit schwer lastete.
    Zwischen den Betten standen ein Schreibtisch und ein Stuhl, den sie von einer Straßenecke gerettet hatte. Auf dem Tisch lagen Bücher, gebraucht gekauft in der örtlichen Collegebuchhandlung. Einführung in die Literatur. Trigonometrie. Das Internet. Die meisten Frauen hatten mit Ende zwanzig ihre Ausbildung längst abgeschlossen und waren mit Weiterbildung oder ihrer Karriere beschäftigt. Sie dagegen fing gerade erst an.
    Fast zehn verlorene Jahre.
    Altbekannte Bitterkeit stieg in ihr auf, doch sie verjagte sie rasch. Nach vorne schauen – das war ihr Motto.
    Eva knipste das Licht im angrenzenden Badezimmer an. Sie zog die von Hand gewaschenen BH s und Slips von der Stange und warf sie auf das unbenutzte Bett.
    Dann schlug sie die Decke von ihrem Bett zurück, ging wieder ins Bad und stellte die Dusche an. Dankbar zog sie ihre schmutzigen Kleider aus, die leicht nach Rauch rochen. Sie trat unter den heißen Strahl und genoss das Wasser, das ihr über Gesicht und Haare floss.
    Die Gefühle, die der Brand in ihr ausgelöst hatte, überfielen sie und lockerten die eiserne Kontrolle, mit der sie sonst ihre Emotionen in Schach hielt. Erinnerungen an ein anderes Feuer stiegen in ihr auf. Auch noch nach zehn Jahren war ihr der Augenblick präsent, als das heiße Metall ihre Haut verbrannte und beißender Gestank aufstieg, der Augenblick, bevor sie bewusstlos wurde. Bis heute schreckte sie vor jeglicher Art von Feuer zurück.
    Zum ersten Mal seit langer Zeit ließ sie ihren Gefühlen freien Lauf. Tränen stiegen ihr in die Augen, rannen ihr über die Wangen und vermischten sich mit dem Duschstrahl.
    So sehr sie auch glauben wollte, dass ein Unfall den Brand im Wohnheim verursacht hatte, angesichts des wiedergekehrten Albtraums und des in weniger als einer Woche bevorstehenden Jahrestags gelang es ihr nicht.
    Wie eine Faust ballte sich ihr Überlebensinstinkt in ihrer Brust zusammen und flüsterte warnend:
    Verlass Alexandria!
    Irgendetwas stimmt da nicht!
    Es war dumm, zurückzukommen!
    Doch so sehr die Furcht sie auch drängte, wegzulaufen, sie widerstand ihr. Inzwischen glaubte sie, dass King oder das Schicksal sie aus einem bestimmten Grund nach Alexandria zurückgeführt hatte, der nicht nur in einem Kellnerinnenjob bestand.
    Der Gerichtsreporter Connor Donovan griff nach der Bierflasche auf seinem Schreibtisch und las noch einmal den Brief seines Herausgebers. Wegen des Rückgangs der Werbeeinahmen …
    Dem weiteren Text war zu entnehmen, dass Berichterstattung über Kriminalität den Verkauf nicht mehr wie früher beflügelte. Angesichts von rund um die Uhr verfügbarem Kabelfernsehen und Internet holten sich die Leute ihre Informationen nicht mehr aus den Lokalzeitungen.
    »Verdammt, ich bin doch kein Rotzlöffel, der für irgendein Käseblatt schreibt.« Er warf einen Blick auf die Urkunden an der Wand und trank noch einen Schluck von dem Bier, das inzwischen warm geworden war und bitter schmeckte. Er durchquerte sein großzügiges Apartment mit Blick auf den Potomac River und öffnete den Kühlschrank, der drei Sixpacks Bier, zwei Schachteln mit Essen vom Chinesen und ein paar Packungen Eier enthielt.
    Connor machte sich ein neues Bier auf. Vielleicht sollte er einen Gang zurückschalten. Er hatte am Morgen noch einen Termin bei seinem Herausgeber und musste ausgeschlafen sein.
    Das Telefon klingelte, Connor ließ die langen Finger durch sein schulterlanges Haar

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