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Das Flüstern der Albträume

Das Flüstern der Albträume

Titel: Das Flüstern der Albträume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Burton
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klar geworden, wie sehr sie sich hatte gehen lassen. »Entschuldige. Ich weiß auch nicht, was gerade über mich gekommen ist.« Röte stieg ihr in die Wangen, und sie erhob sich. »Ich halte dich auf dem Laufenden, falls ich noch etwas über das Feuer herausfinde.«
    Er stand auf. »Prima. Danke.«
    Nachdem Macy das Büro verlassen hatte, zählte Garrison in Gedanken all die Eigenschaften auf, die sie für ihn zur perfekten Partnerin machten. Klug, rational, unabhängig. Er respektierte und bewunderte sie, doch er hatte sie nie geliebt. Vielleicht hatte Susans Tod ihn so sehr beschädigt, dass er für niemanden mehr taugte.
    Unvermittelt musste er an Eva Rayburns durchdringende Augen und ihre dunkle Stimme denken, die ihn den ganzen Tag begleitet hatte. Sie war wie ein kühler, ruhiger Weiher, doch er hatte den Verdacht, dass das Wasser unterhalb der Oberfläche tief, trüb und vielleicht sogar voller Strömungen war. Aber war sie eine Brandstifterin oder eine Mörderin? Das vermochte er nicht zu sagen.
    Ein Rätsel.
    In einem Punkt hatte Macy recht.
    Er mochte Rätsel.
    Eva war flau im Magen, als sie vor der Tür von Mark Givens, dem Leiter der Stipendienabteilung des St. Margaret’s College, stand und klopfte. Sie hatte ein paar Vorlesungen besucht und gemerkt, wie sehr sie das College und das Lernen vermisst hatte. Im Gefängnis hatte sie ein wenig online studiert, doch es war nicht dasselbe wie in einem Raum voller Studenten zu sitzen oder persönlich mit einem Professor zu sprechen. Daher hatte sie sich vor sechs Wochen aus einer Laune heraus wenige Tage vor dem Ende der Einschreibefrist um einen Studienplatz und ein Stipendium beworben, denn sie wusste, ohne fremde Hilfe würde sie sich ein Vollzeitstudium nicht leisten können.
    Vor zwei Wochen war sie im St. Margaret’s angenommen worden, doch das Gespräch über die finanzielle Unterstützung stand noch aus. Seit Tagen fürchtete sie sich vor diesem Besuch.
    Eva schob die Tür auf. »Dr. Givens.«
    Dr. Givens hob die dunklen Augen von einem Papierstoß auf seinem Schreibtisch und spähte über eine Hornbrille, die seine Augen bis ins Eulenhafte vergrößerte. Sein dunkles, dünner werdendes Haar war extrem kurz geschnitten, und sein eng anliegendes weißes Hemd und die schwarze Hose betonten seinen schlanken Körper. Er betrachtete Eva forschend, als versuchte er, in ihr Innerstes zu schauen.
    »Eva Rayburn«, half sie ihm. »Sie sagten, heute könnten Sie mir vielleicht mitteilen, wie über meinen Stipendiumsantrag entschieden wurde.«
    »Rayburn. Ja, ich habe Ihre Akte.« Er tat so, als sei ihm ihr Name nicht direkt eingefallen, aber sie merkte, dass er die ehemalige Gefängnisinsassin nicht vergessen hatte. Die wenigsten taten das. Er wandte sich dem Durcheinander aus Papieren auf seinem Schreibtisch zu und wühlte darin herum. Mehrere Sekunden vergingen, bevor er ihre Unterlagen fand. »Setzen Sie sich.«
    Eva umklammerte den Gurt ihres Rucksacks so fest, dass ihr die Knöchel wehtaten. So viele Jahre lang hatte sie sich eingeredet, dass es gefährlich war, zu viel zu wollen. Ganz so, als würde man sich von der sicheren Veranda hinunterwagen und zum Auto rennen, bevor der Kampfhund des Nachbarn angriff.
    Doch im letzten halben Jahr war es ihr immer schwerer gefallen, nicht mehr zu wollen. Sie wollte studieren, sie wollte eine richtige Collegeausbildung, ein normales Leben. Doch die Erinnerung an ihr Jahr in Price verfolgte sie. Sie hatte nach den Sternen gegriffen und war dafür bestraft worden. Zehn Jahre lang hatte sie ihre Wunden geleckt, gegen Zorn und Erbitterung angekämpft und in ihren dunkelsten Stunden von dem geträumt, was möglich wäre. Mit jedem Jahr waren diese Träume drängender geworden, und jetzt schien es, als verlangten sie nach Erfüllung.
    Jetzt griff sie wieder nach den Sternen. Nie war ihre Angst größer gewesen.
    »Hat das Komitee über mein Stipendium entschieden?«
    Dr. Givens nickte. »Bei den Aufnahmeprüfungen hatten Sie sehr gute Noten. Ausgezeichnete Noten sogar. Ich dachte zuerst, die Ergebnisse wären falsch, aber Sie haben die Prüfungen ja zweimal abgelegt. Beide Male haben Sie mit der Höchstpunktzahl abgeschnitten. Das kommt nicht oft vor.«
    »In Prüfungen bin ich gut.«
    »Außerdem haben wir Ihr Studienbuch erhalten. In Ihrem ersten und einzigen Collegejahr hatten Sie nur Einsen. Eine hervorragende Bewerbung.«
    »Ja.«
    »Das Einzige, was gegen Sie spricht, ist natürlich Ihre Vorstrafe.« Er lugte über

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