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Das Flüstern der Albträume

Das Flüstern der Albträume

Titel: Das Flüstern der Albträume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Burton
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sie stehen, die Hand auf der Klinke der Eingangstür. Man hatte sie als Mörderin abgestempelt, und sie hatte ihre Strafe verbüßt. Doch in einsamen Momenten wurde sie von Zweifeln gequält. Bist du dir sicher, dass du ihn getötet hast? Bist du dir ganz sicher?
    So lange hatte sie es einfach akzeptiert. Doch das Geständnis hatte sie nicht nur zehn Jahre gekostet, es beeinträchtigte auch ihre Zukunft. Es wurde Zeit, sich ins Dunkel vorzuwagen und den Zweifeln nachzugehen. Ob gut oder schlecht, sie musste wissen, was in den Augenblicken kurz vor Josiahs Tod geschehen war.
    Eva riss die Tür auf und zuckte zusammen, als der helle Sonnenschein sie traf. Sie wartete einen Moment, bis ihre Augen sich an das grelle Licht gewöhnt hatten. Dann ging sie mit schnellen, entschlossenen Schritten zu Kings Transporter.
    Als sie zwanzig Minuten später die Treppe zum Computerraum im zweiten Stock hinaufging, hatte das flaue Gefühl grimmiger Entschlossenheit Platz gemacht. Eine Tüte mit frischen Donuts in der Hand, näherte sie sich dem Büro des Lehrstuhlassistenten und klopfte.
    »Herein.« Beim Klang der tiefen Baritonstimme richtete sie das Rückgrat auf.
    Sie bemühte sich um ein Lächeln. »Jeremy, ich habe Donuts mitgebracht.«
    Jeremys Stuhl quietschte, als er von dem Tisch abrückte, der mit Computerbauteilen übersät war. Sein langes, schwarzes Haar fiel ihm bis auf die schmächtigen Schultern und umrahmte sein schmales Gesicht. Wenn er lachte, traten seine großen, grünen Augen, die von der dunklen Farbe seines T-Shirts noch betont wurden, ein wenig hervor. Er erinnerte Eva an einen Hobbit. »Wieder mal hier?«
    »Unkraut vergeht nicht.«
    Er lachte. »Du willst doch bestimmt, dass ich dir einen Gefallen tue. Brauchst du eine Computerlektion?«
    Ihr Lächeln wurde breiter, und sie reichte ihm die Donuts. »Diesmal nicht. Ich möchte nur ein bisschen Zeit am Computer.«
    Er holte einen Donut mit Schokoladenglasur aus der Tüte und schnüffelte daran. »Du kennst den Weg zu meinem Herzen.«
    Eva gab sich entspannt. »Heißt das ja?«
    Jeremy biss in den Donut und schloss genießerisch die Augen. »Klar. Wonach suchst du?«
    »Ich will mich nur mal ein bisschen umsehen.«
    »Kein Chatroom diesmal?«
    »Dafür habe ich jetzt keine Zeit.« Chatrooms waren eine faszinierende Welt, in der niemand sie zu verurteilen schien und in der man sie so nahm, wie sie war. Dort fühlte sie sich frei. »Nur ein bisschen Internetrecherche.«
    »Schwör’s.«
    »Hoch und heilig.«
    »Okay«, murmelte er und deutete auf einen Laptop, der in der Ecke stand.
    Eva hatte Jeremy vor einigen Monaten kennengelernt, als sie an seinem Unterricht teilgenommen hatte. Während ihrer Zeit im Gefängnis hatte sie kaum Zugang zu Computern gehabt, und so hatte sie alles aufgesogen, was er über die Arbeit mit Computern zu erzählen hatte. Sie fand schnell heraus, dass er eine Schwäche für glasierte Donuts hatte, und kam gleich mit einem ganzen Dutzend davon an, wenn sie ihn mit Fragen löchern wollte. Bald schon führte sie eigenständig komplexere Suchanfragen durch und half Jeremy sogar manchmal.
    Sie setzte sich an den Computer und tippte: »Mord in der Studentinnenverbindung«. Sekunden später erhielt sie eine Trefferliste.
    »Hast du schon mal daran gedacht, aufs College zu gehen?«, fragte Jeremy.
    »Klar. Aber es hapert am Geld.«
    »Du bist begabt. Ich wette, du würdest ein Stipendium bekommen.«
    »Kann sein.« Sie hatte ihm nichts von dem Antrag erzählt, und jetzt war sie froh darüber. Zu erklären, weshalb man sie abgelehnt hatte, hätte bedeutet, ihre Vergangenheit vor ihm auszubreiten.
    Sie klickte einen Artikel an und wartete, bis er angezeigt wurde. Er war vor über zehn Jahren geschrieben worden und zeigte ein Foto der Verbindungsmitglieder, die gegen sie ausgesagt hatten. Sara. Lisa. Kristen.
    Die drei waren der Schlüssel zu den Minuten, die ihr fehlten, denn sie waren dabei gewesen. Sie hatten ausgesagt, Eva habe mit dem Schürhaken zugeschlagen und Josiah so schwer verletzt, dass er gestorben war. Sie waren in ihrer Darstellung so sicher, so einheitlich gewesen. Sie konnten einfach nicht gelogen haben. Das hätten sie niemals getan. Oder doch? Sie waren ihre engsten Freundinnen gewesen.
    »Wer sind denn die Mädels?«, fragte Jeremy.
    Eva betätigte die Drucken-Taste und sah sich zu ihm um. Seine Lippen glänzten vom Zuckerguss. »Schnee von gestern.«
    »Deine Miene hat etwas ganz anderes ausgedrückt.«
    »Was soll das

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